Es ist ja alles nicht so einfach mit dem Rheinland. Denn der uns heute geläufige Begriff für ein Gebiet links und rechts des Rheins zwischen (etwa) Koblenz und Kleve ist noch gar nicht so alt. Entstanden ist er mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts im Zuge der napoleonischen Kriege, der französischen Besetzung der Region und der Gründung der preußischen Rheinprovinz Mitte des Jahrhunderts. Aber bis heute sind die Grenzen des Rheinlandes unscharf, und man muss sehr weit in die Geschichte zurückgehen, um Gemeinsamkeiten zu finden, die diese Region ausmachen. Da bleibt nur, sich auf die Besiedlung der genannten Gegenden durch die Franken zu Römerzeiten.
Tatsächlich war es entlang des Rheins zuvor ausgesprochen ungemütlich. Der Strom mäanderte wild und war beidseitig von nahezu undurchdringlichen Sumpfgebieten und Wäldern umgeben. Da wollte niemand wohnen. Die Römer aber hatten ihr Weltreich bis nahe an den Fluss ausgedehnt, während sich gleichzeitig diverse Stämme zu den Franken zusammenschlossen und von Osten er zum Rhein vorstießen. Was das mit der gesprochenen Sprache im Rheinland zu tun hat? Nun, fast alle noch existierenden Mundarten, die man für „Rheinisch“ hält, sind Varianten der fränkischen Sprachen, die man nach ihrem jeweiligen Schwerpunkt von Nord nach Süd einteilt.
Die rheinischen Sprachlinien
Wie diese Dialekte verteilt waren bzw. noch sind, erklärt der sogenannte „Rheinische Fächer„, der übrigens auch das Westfälische vom Rheinischen abgrenzt – durch die Rhein-Issel-Linie. Südlich davon wird rheinisch parliert, und eigentlich zählt man auch nur die Gegenden südlich dieser Linie zum Rheinland. Zwei weitere Linie teilen unseren Sprachraum auf: Nördlich der Uerdinger Linie sagen die Leute „ik“, südlich davon „ich“ (oder „ech“ bzw. „isch“ , jedenfalls mit „ch“ oder „sch“). Berühmt ist auch die Benrather Linie, die das Niederfränkische vom Ripuarischen trennt. Nördlich davon sagt man „maken“, südlich aber „machen“.Womit wir bei der ripuarische Sprachinsel sind, die sich von Bonn über Köln bis nach Aachen und nach Osten über Düren bis nach Jülich hinzieht. Hier stechen vor allem das Bönnsch und die kölsche Mundart hervor, die erstens noch von vielen Eingeborenen alltäglich gesprochen werden und zweitens eine konzise Grammatik und ein vollständiges Vokabular besitzen. Das ist beim Düsseldorfer Platt nicht mehr ganz so. Auch wenn sich in der Landeshauptstadt einige Menschen um den Erhalt der Mundart bemühen und es auch Sprachkurse darin gibt, sind es nur noch wenige Leute, die sich in der Düsseldorfer Mundart fließend unterhalten können.
Das Rheinländische – eine Besonderheit
Ohnehin halten sich Dialekte auf dem Land länger. Das kann man sehr schön im Aachener Land und in der Nordeifel feststellen, wo sich eine Sprache gehalten hat, die von den Menschen dort „Rheinländisch“ genannt wird. Sie klingt wie ein Variante des Niederländischen und wird bis weit ins deutsch- und flämischsprachige Belgien sowie in der niederländischen Provinz Limburg gesprochen. Andersherum: Rundum Heinsberg, Nettetal und hoch bis nach Geldern können sich viele ältere Menschen noch auf Gelderländisch unterhalten, was tatsächlich ein niederländischer Dialekt ist und sich von allen rheinischen Mundarten deutlich unterscheidet.Auch wer in unserer Gegend keinen der Dialekte beherrscht, ist außerhalb des Rheinlands oft am speziellen Tonfall zu erkennen. Der ist besonders ausgeprägt am Niederrhein, also zwischen Emmerich und Düsseldorf bzw. vom Westrand des Bergischen Landes bis zur holländischen Grenze. Und auch wenn Duisburg oft zum Ruhrpott gezählt wird, gehört die Hafenstadt – genau wie Dinslaken und Wesel – eindeutig zum Niederrhein, weshalb in Duisburg geborene Leute einen deutlich rheinischen Zungenschlag besitzen.
Hanns Dieter Hüsch und Konrad Beikircher
Zwei Kabarettisten haben sich um all die rheinischen Dialekte und Mundarten besonders verdient gemacht. Es war der im niederrheinischen Moers geborene Hanns Dieter Hüsch, der die besonderen philosophischen Fähigkeiten des Niederrheiners anhand der seiner Mundart eigenen Grammatik deutschlandweit bekanntgemacht hat. Dem geborene Tiroler Konrad Beikircher verdanken wir Ähnliches in Bezug auf das Ripuarische, also auf Bönnsch und Kölsch. Denn natürlich prägt das Denken auch das Sprechen, ja, Beikircher zeigt deutlich, dass es einen besonderen Dialekt braucht, um das spezifisch rheinische Denken Zuhörern zu vermitteln.Übrigens sind alle rheinischen Mundarten im Vergleich zu sonstigen deutschen Dialekten immer schon enorm aufnahmefähig für Lehnwörter aus anderen Sprachen gewesen. Im Grund haben die Rheinländer sich bei allen durchziehenden oder sich breitmachenden Völkern jede Menge Wörter abgeguckt. So findet man eine Menge an Begriffen im Vokabular, die aus dem Lateinischen übernommen wurden, aber vor allem Dutzende Lehnwörter aus dem Französischen, die für Nicht-Rheinländer bisweilen kaum zu entschlüsseln sind.
[Bildnachweis – „Rheinischer Fächer“: Hans Erren via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0; Konrad Beikircher: Elke Wetzig (Elya) via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0; Hanns Dieter Hüsch: Wilfried Wittkowsky via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0]