Enthüllung durch Verhüllung lautet die Philosophie von Christo und Jeanne Claude. Versinnbildlicht wird sie jetzt im (wegen Bauarbeiten) verhüllten Kunstpalast. 70 Werke enthüllen die künstlerische Entwicklung des berühmten Künstler-Paares seit den 1950-er Jahren bis zu Christos Tod 2020.
Bericht · Die Präsentation umfasst zehn Themenräume – vom „Eisernen Vorhang“ 1962 in Paris bis zur noch nicht verwirklichten „Mastaba“ in Abu Dhabi: die verhüllte Küste von Australien, umsäumte Inseln in Miami, verpackter Pont Neuf in Paris, „The Gates“ im New Yorker Central Park. Flankiert werden Christos Werke von Weggefährten wie Arman, Niki de Saint Phalle, Jean Dubuffet, Lucio Fontana, Yves Klein. Als Plakat dient das letzte große Werk: Der im vergangenen Jahr verhüllte Pariser Triumphbogen. [Lesezeit ca. 3 min]
Na, schon gespannt auf den Beitrag? Nach einer kurzen Werbeunterbrechung geht’s weiter. Denn The Düsseldorfer versteckt sich nicht hinter einer Paywall. Alles, was du hier findest, ist gratis, also frei wie Freibier. Wenn dir aber gefällt, was du liest, dann kannst du uns finanziell unterstützen. Mit dem Kauf einer einmaligen Lesebeteiligung. Wir würden uns sehr freuen.
„Ich gehörte auch zu der Pilgerschar“, erklärt Felix Krämer, Generaldirektor des Kunstpalastes und fügt hinzu: „Die Faszination können wir nicht ersetzen. Aber eine Ahnung davon vermitteln“. Die Düsseldorfer Werkschau ist die letzte Ausstellung, der Christo kurz vor seinem Tod im Mai 2020 noch zugestimmt hat. Krämer: „Ich freue mich, dass wir diese Präsentation 60 Jahre nach Christos und Jeanne-Claudes ersten Aufenthalten in Düsseldorf und im Rheinland hier realisieren können.“
Seit Ende der Fünfzigerjahre pflegte Christo Kontakte zu Galerien und Sammlern im Rheinland, wo er Joseph Beuys, Nam June Paik, die ZERO-Künstler Heinz Mack, Otto Piene und Günter Uecker traf. Seine erste Einzelausstellung hatte er 1961 in Köln. Zwei Jahre später stand in Düsseldorf, in der Galerie Schmela, der ockergelb verhüllte VW-Käfer. „In der Ausstellung ist aber nicht der von 1963 zu sehen“, erklärt Co-Kuratorin Sophie-Marie Sümmermann: „Unserer wurde 2014 von Christo gekauft und verhüllt.“
Freiheit und Unabhängigkeit waren das Credo von Christo und Jeanne Claude, die Zeit ihres Künstlerlebens ohne Unterstützung auskamen. Ihre Großprojekte finanzierten sie mit dem Verkauf von Zeichnungen und Collagen. Für Krämer „eine clevere Art des Crowdfundings“. Nicht nur sein Museum ist dagegen heute angewiesen auf Sponsoren: „Unser Etat würde eine solche Ausstellung nicht hergeben.“ Möglich wird sie durch Förderer wie Credit Suisse oder Katjes, Deutschlands drittgrößter Kaubonbon-Hersteller hinter Haribo und Storck, der bereits vor der Ausstellung mit großformatiger, pinkfarbener Anzeige kunstfertig in der Tageszeitung damit warb.
Doch letztendlich war es Krämers Begegnung mit dem Sammler-Ehepaar Ingrid und Thomas Jochheim, die ihn zu dieser Ausstellung inspirierte. Danach stand für ihn fest: „Man muss zeigen, wie Christo und Jean Claude in der Kunstgeschichte verortet waren.“
Christo und Jeanne Claude. Paris. New York. Grenzenlos. Bis 22. Januar 2023, in modifizierter Form vom 10. März bis 3. September 2023 in Schloß Gottorf in Schleswig. Es gibt ein umfangreiches Rahmenprogramm, Workshops für Kinder, auch in den Herbstferien. Katalog, Verlag Kettler, 192 Seiten, im Museumsshop 38 Euro, im Buchhandel 45 Euro.
www.kunstpalast.de
Neben den weltbekannten Projekten der Verhüllung des Reichstages (geplant und realisiert von 1971 bis 1995) und dem Triumphbogen (1961 bis 2021) zählt das seit 1979 geplante, jedoch bisher noch nicht verwirklichte Mastaba-Projekt für Abu Dhabi, mystisch präsentiert in einem abgedunkelten Raum, zu den Höhepunkten der Ausstellung. Bereits im Vorfeld der Planungen wurde es als „Achtes Weltwunder“ gefeiert. Im Falle seiner Realisierung – 400.000 in den Sand gesetzte bemalte Ölfässer – würde es nicht nur die Dimensionen der Pyramide von Gizeh übersteigen, sondern auch jede Vision eines Christo-Denkmals.