Zum letzten Mal die temporäre Fotokunstausstellung im Stilwerk – ab 14. Mai
Bericht · Das Ursprungskonzept war eine temporäre Kunst-Galerie auf 2.000 Quadratmetern bröseligen, später geweißelten Baustellen-Charmes in der versteckten dritten Etage des Düsseldorfer Stilwerks an der Grünstraße. Auch als großzügige Kommunikationsfläche gedacht. Zum Leben erweckte sie 2015 Wolfgang Sohn, Gründer und Creative Director der Photo Pop Up Fair – nicht nur als Plattform für zeitgenössische Fotografie. Fair steht schließlich für Messe, es soll auch gekauft werden, Fotokunst. Jetzt erst recht nach vielen der Pandemie geschuldeten Verschiebungen. Die 8. Ausgabe läuft vom Samstag, 14. Mai bis zum 22. Mai. [Lesezeit ca. 3 min]
Na, schon gespannt auf den Beitrag? Nach einer kurzen Werbeunterbrechung geht’s weiter. Denn The Düsseldorfer versteckt sich nicht hinter einer Paywall. Alles, was du hier findest, ist gratis, also frei wie Freibier. Wenn dir aber gefällt, was du liest, dann kannst du uns finanziell unterstützen. Durch ein Abo oder den Kauf einer einmaligen Lesebeteiligung. Wir würden uns sehr freuen.
Das Niveau hat sich mit den Jahren enorm gesteigert. Ja, auch die Themen sind spannender geworden. Auch aktueller. Noch spät, zu spät für den Katalogeintrag, kam die ukrainische Künstlerin Anna Kalinichenko dazu, die in Kiew studiert hat und seit kurzem in Düsseldorf lebt. Wolfang Sohn: „Wir haben ihr gerne noch eine Fläche zur Verfügung gestellt.“ „Wenn Fremde kommen“ heißt ihr Projekt, und es zeigt verlassene Orte, von denen Menschen fliehen mussten. Schmerzhafte Bilder.
„Fuck it! – I’m alive“ signalisiert das schwarz-weiße T-Shirt der freien Fotografin Iris Edinger. Die Brustkrebs-Diagnose einer guten Freundin war der Auslöser ihres Projekts, ein Tabu-Thema aufzugreifen und abzubilden, und das im Spannungsfeld der Ausstellung in direkter Nachbarschaft zu großformatigen Aktaufnahmen natürlich unversehrter weiblicher Körper. Edinger will dagegen von Brustkrebs betroffene Frauen ans Licht zu holen, schöne Frauen – und ja, auch einen an Brustkrebs erkrankten Mann. Die engagierte Fotografin: „Ich liebe es, Grenzen zu verschieben und eine Harmonie in der Diskrepanz zu schaffen.“
PHOTO POPUP FAIR No 8, Stilwerk Düsseldorf, Grünstraße 15, 14. – 22. Mai 2022, täglich 12 bis 19 Uhr, Hygienepauschale 5€
Auffallend in dem breiten Spektrum ist, dass viele Arbeiten irgendwie „leiser“ sind als in den Vorjahren, nachdenklicher, weniger plakativ. Dazu passt die Aussage des Düsseldorfer Fotografen Rüdiger Schrader: „Ich höre und fühle mit den Augen.“ Schrader zeigt diesmal seine Impressionen des im vergangenen verkleideten Arc de Triomphe. Bernd Lievens Bilder von eigentlich brutal verfallenen Industrieanlagen wirken durch spezielle Entwicklungstechniken auf einer mit Fotoemulsion beschichteten Leinwand beinahe poetisch, wie antike Stätten, die es zu erhalten gibt – zumindest als Wandschmuck.
Die Filmemacherin, Drehbuchautorin und Fotografin Franziska Stünkel, deren Namen vor allem durch ihren Film „Nahschuss“ mit Lars Eidinger bekannt wurde, nennt ihre bewusst nicht digital nachbearbeiteten Bilder „Coexist“. Durch natürliche Spiegelungen in Fensterglas entstehen vielschichtige, meist pastellige Stimmungen, ein Kaleidoskop individueller Weltsichten.
Die Ausstellung ergänzt durch Live-Talks mit Künstlern. Es wird auch die Frage diskutiert, ob Krypto-Währungen vielleicht eine neue Einnahmequelle für Fotografen sein könnte. Dies ist übrigens die letzte Photo-Messe im stilwerk. Die Etage soll zu Working Places ausgebaut werden. Sicher auch mit Toiletten, die es bisher erst wieder in Basement gibt.