Es ist ein Stück Düsseldorfer Stadtgeschichte, das in der offiziellen Chronik nur geringen Raum einnimmt und bis heute historisch nicht immer korrekt dargestellt wird. In der Folge der Novemberrevolution von 1918 kam es von Berlin ausgehend ab Januar 1919 zum sogenannten „Spartakusaufstand„. In einigen Industriestädten, unter anderem auch in Düsseldorf, bildeten sich mit Unterstützung der USPD Arbeiter- und Soldatenräte, die durch Streiks und Besetzungen die jeweiligen Stadtverwaltungen übernahmen. In Düsseldorf wurden außerdem kaisertreue Beamte und Großbürger verhaftet. Die Spartakisten kontrollierten im Januar und Februar nicht nur das Telefon- und Telegraphenamt, sondern auch die gesamte Strom- und Gasversorgung sowie den Eisenbahnverkehr.

Die Marodeure des Freikorps Lichtschlag in Bottrop

Die Marodeure des Freikorps Lichtschlag in Bottrop

Allerdings hatten die aufständischen Arbeiter beileibe keinen großen Rückhalt in der Bevölkerung. Düsseldorf war im Zuge der Industrialisierung zu einer gespaltenen Stadt geworden. Während rund um die großen Fabriken in Rath, Flingern und Oberbilk durchgehend Arbeiterfamilien in prekären Verhältnissen und durch den Krieg dramatisch verschlechterter Versorgungslage mehr vegetierten als lebten, hausten das Großbürgertum, die Inhaber der Werke zumal, in prächtigen Villen und Bürgerhäusern in den besseren Vierteln. Die Schere zwischen arm und reich klaffte weit auseinander. Bei den letzten Vorkriegswahlen zum Reichstag im Jahr 1912 kamen die republikanisch orientierten Sozialdemokraten einerseits und das kaisertreue Zentrum andererseits auf 34,5 bzw. 35,8 Prozent der Stimmen. Bei den Wahlen im Januar 1919 wir die Spaltung besonders deutlich. Im bürgerlichen Westen der Stadt erreicht das konservativ-katholische Zentrum fast die absolute Mehrheit, während im proletarischen Osten USPD und SPD zusammen auf deutlich über 44 Prozent kommen.

Die New York Times berichtet über die Niederschlagung des Aufstands

Die New York Times berichtet über die Niederschlagung des Aufstands

Also waren es diese Viertel, in denen sich bewaffnete Arbeiter sammelten, nachdem Ende Februar das Freikorps Lichtschlag die Stadt besetzt hatte. Am Oberbilker Markt hatten Arbeiter Barrikaden errichtet, um sich vor möglichen Angriffen zu schützen. In der Geschichtsschreibung ist meist von „Regierungstruppen“ die Rede, die dann am 13. April die Spartakisten dort angriffen. In Wirklichkeit handelte es sich aber um das Freikorps Lichtschlag, das Oberbilk mit Artillerie und Minen beschoss. Nach der Kapitulation des Kaiserreichs und der Ausrufung der Republik durch den Sozialdemokraten Scheidemann hatten besonders deutschnationale Offiziere solche wilden Milizen gegründet, in denen sich Soldaten sammelten, die das Ende des Krieges nicht wahrhaben wollten. Ausgerüstet mit den Waffen der kaiserlichen Truppen zogen diese skrupellosen und mordlustigen Abenteuer überall in Deutschland umher – immer bemüht, sozialistische Aufstände mit brutaler Gewalt zu bekämpfen.

Die Schäden am Oberbilker Markt durch das Freikorps Lichtschlag

Die Schäden am Oberbilker Markt durch das Freikorps Lichtschlag

Es waren die herrschenden Sozialdemokraten, die sich dieser nationalistischen, menschenfeindlichen Marodeure bedienten, um mit aller Macht gegen die gleichzeitig durch Karl Liebknecht ausgerufene sozialistische Republik zu bekämpfen. Besonders Gustav Noske tat sich in diesem Kampf gegen die Arbeiter hervor und ermächtigte als Kriegsminister auch das Freikorps Lichtschlag, das von Hagen aus mordend durch das Ruhrgebiet zog und eine Blutspur hinterließ. Natürlich war das Freikorps wesentlich besser ausgerüstet und ausgebildet als die nur geringfügig bewaffneten Arbeiter in Düsseldorf. In wenigen Stunden war der Aufstand niedergeschlagen und viele Arbeiterführer flüchteten oder wurden verhaftet. Sogar die New York Times berichtete über die Ereignisse.

Der Versuch von Scheidemann, Ebert, Noske & Konsorten, durch das Niederschlagen der sozialistischen Aufstände für Ruhe und Ordnung in der jungen Republik zu sorgen, scheiterte auf breiter Front. Stattdessen nahm die Radikalisierung zu. Selbst der vergebliche Kapp-Putsch hielt die Bewegung der rechtsnationalen Kräfte nicht auf, und die Freikorps waren Nährboden für die Kampftruppen der NSDAP; viele ehemalige Mitglieder solcher Freikorps wurden zu Mitbegründern der SA und betrieben ab Mitte der Zwanzigerjahre den offenen Straßenkampf gegen die Kräfte der Arbeiterbewegung. Während der Anführer des Freikorps Lichtschlag, Otto Lichtschlag, ab 1921 einen Posten in der Industrie fand, wurde sein jüngerer Bruder Walter zum bedeutenden SS-Führer. Weder Otto, noch Walter Lichtschlag wurden nach dem zweiten Weltkrieg je für ihr Tun belangt.

Ob der rechtsradikale Verleger André F. Lichtschlag aus demselben Clan stammt, wissen wir nicht. Passen würde es, denn dieser Promi unter den rechten Vordenkern betreibt nicht nur einen Buchverlag mit Sitz in Grevenbroich und gibt das rechtsextreme Magazin „eigentümlich frei“ heraus, sondern versucht auch sich mit dem Online-Radiosender Lightbeat, der von Düsseldorf-Heerdt ausstrahlt, über ein buntes Musikprogramm an jugendliche Zielgruppen heranzuwanzen. Zu seinen dicksten Freundinnen zählt übrigens Frau von Storch von der AfD.

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