Ach, was hätte nicht alles aus ihm werden können? Hätte er mal auf seine Eltern gehört. Oder hätte er sich nicht die Tuberkulose gefangen. So aber ist bloß ein Literat aus Hermann Harry Schmitz geworden, ein merkwürdiger dazu. Und kaum ein Neu-Düsseldorfer ahnt, in welch hohem Maße dieser Mann, den sie gern „Dandy“ nennen, typisch düsseldorferisch war. Schmitz zeigte sich gern ein bisschen snobby, war kreativ und bekloppt sowie ein Melancholiker mit tragischem Ende. Das alles ist weit entfernt von dem, was Auswärtige für rheinische Fröhlichkeit halten, aber nah dran an Kunstakademie und Mode und der typisch bergischen Grantelei, denn die schönste Stadt am Rhein ist eben nicht nur rheinisch, sondern enthält eine große Portion Bergisches und den Niederrhein und die Eifel als Spurenelemente.

Wegen diesem Foto nennen sie ihn "Dandy"

Wegen diesem Foto nennen sie ihn „Dandy“ (Klick aufs Bild für volle Größe)

Lediglich sieben Jahre dauerte die schriftstellerische Tätigkeit des Hermann Harry Schmitz, deren Ergebnisse sich zwischen 1906 und seinem frühen Freitod im Jahr 1913 vorwiegend im Düsseldorfer General-Anzeiger fanden, der Tageszeitung für die Bessergestellten der Stadt. Zu denen zählte der Herr Schmitz kraft seiner Geburt, denn der Vater war Fabrikdirektor der Piedboeuf’schen Röhrenwerke in Eller, das zum Unternehmensverbund des Belgischen Großindustriellen in Düsseldorf zählte. Auf seine skurrile Art hat er selbst geschildert, in welchem Maße er die großen Erwartungen des Vaters enttäuschte.

Die Schule verließ der Hermann mit sechzehn. Man schickte ihn nach Korsika, wo er seine Lungenkrankheit auskurieren sollte – erfolglos. Zurückgekehrt machte er gerade so das Einjährige und wurde aufgrund seiner Malessen für wehruntauglich erklärt. Weil mit diesem Abschluss und der Untauglichkeit nichts Großbürgerliches aus dem Burschen werden konnte, musste er Bürokaufmann werden, einen Beruf, den er immerhin bis 1911 auch ausübte.

Die Hermann-Harry-Schmitz-Broschüre

Die Hermann-Harry-Schmitz-Broschüre

Wann er mit dem Schreiben anfing, ist nicht überliefert. Wenig bekannt ist auch darüber, in welchem Maße seine meist recht kurzen Texte autobiografisch sind. Sicher ist, dass er sich das Gros seiner Figuren und der geschilderten Situationen nicht einfach ausgedacht hat. Denn hinter dem Skurrilen und Grotesken seiner Skizzen steckt der alltägliche Wahnsinn des verstörten Kleinbürgertums in den Zeiten der galoppierenden Industrialisierung. Kaum ein anderer deutscher Schriftsteller hat dieses Millieu und seine Kalamitäten so genau seziert wie Hermann Harry Schmitz.

Hermann Harry Schmitz - der kranke Dandy

Hermann Harry Schmitz – der kranke Dandy

1907 lernten ihn die Düsseldorfer Literaten Herbert Eulenberg und Hanns Heinz Ewers kennen und ermutigten ihn zu weiteren schriftstellerischen Arbeiten. Weil sein erster Geschichtenband recht erfolgreich war und ihn seine Tuberkulose immer mehr quälte, warf er die Brocken als Kaufmann hin und wurde 1911 freier Schriftsteller, der von seinen nicht sehr üppigen Einnahmen so eben als möblierter Herr überleben konnte. Im August 1913 erschoss er sich während eines Kuraufenthalts.
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Google-Map: Das Hermann-Harry-Schmitz-Museum im Uhrenturm an der Grafenberger Allee

Google-Map: Das Hermann-Harry-Schmitz-Museum im Uhrenturm an der Grafenberger Allee

Es ist ein großes Glück, dass ein Häuflein aufrechter Fans des Hermann Harry Schmitz vor gut 30 Jahren ihn und sein Werk aus dem Nebel des Vergessens gerissen und die Hermann-Harry-Schmitz-Societät gegründet hat. Die betreibt ein kleines Museum im Uhrenturm neben der Arbeitsagentur an der Grafenberger Allee und erinnert durch regelmäßige Veranstaltungen an den tragischen Sohn der Stadt sowie seine Nachfolger im Geiste. Wer lesen möchte, was der Herr Schmitz so zwischen 1907 und 1913 im Generalanzeiger und anderswo veröffentlicht hat, findet online eine recht reiche Auswahl im Projekt Gutenberg.

Seine Hauptwerke, das „Buch der Katastrophen“ (ISBN-13: 9783743702141) sowie „Der Säugling und andere Tragigkomödien“ (ISBN-13: 9783743702189), wurden als Books-on-demand und eBooks wiederveröffentlicht und können im Buchhandel bestellt werden.

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