Am 1. März 1982, also vor 40 Jahren, wurde der Rheinturm eingeweiht – wir erinnern uns…
Bericht · Um ganz ehrlich zu sein: Vom Bau dieses Wahrzeichens der Stadt ab 1979 habe ich so gut wie nichts mitbekommen. Das wird daran liegen, dass der Platz, an dem der Fernmeldeturm steht, damals eine öde Gegend war, in die man sich als Düsseldorfer nicht oft verirrte. Man hätte die Baustelle sehen können, wenn man mit dem Auto stadtauswärts über die Hochstraße der B1 am alten Volkshochschulhaus fuhr. Oder wenn man zu Fuß an der Mauer zum Unteren Rheinwerft entlang in den Hafen gegangen wäre. Aber, wer machte das schon? Dafür habe ich die Einweihung am 1. März 1982 umso lebendiger in Erinnerung – möglicherweise wegen des Feuerwerks, das dabei abgebrannt wurde. [Lesezeit ca. 6 min]
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Der Bau des von der Post offiziell „Funkübertragungsstelle 10“ (FuÜSt 10) genannten Bauwerks war eher zufällig der Ausgangspunkt für die vielen tiefgehenden Veränderungen, denen wir den Landtag, das Stadttor, den Medienhafen, den Rheinufertunnel und die wundervolle Rheinpromenade zu verdanken haben. Grundlage bildete der Beschluss des Stadtrates von 1976 zur Hafenentwicklung. Denn der Düsseldorfer Hafen zog sich von der Lausward am rechten Rheinufer bis zur Oberkasseler Brücke hin. Der wichtigste Punkt der Beschlüsse: Der Berger Hafen wurde zugeschüttet, die Gebäude bis auf eins abgerissen.
Hatte der Bau der Kniebrücke (Eröffnung 1969) bloß eine schlimme Schneise in ein gewachsenes Stadtviertel geschlagen, aber keine Verbesserungen des Quartiers Unterbilk mit sich gebracht, sollte es dieses Mal anders laufen. Ja, Unterbilk war bis Ende der Siebzigerjahre ein eher finsteres Viertel, das aufzusuchen man kaum je einen Grund hatte. Die heute so hippe Lorettostraße hatte sogar einen ziemlich schlechten Ruf, und rund ums Polizeipräsidium mochte kaum jemand wohnen. In den alten Häusern am Jürgensplatz wohnten damals vor allem arme Studenten für ganz kleines Geld.
Jetzt aber sollte die dramatische Veränderung des Hafens hin zu einem modernen Büroviertel für weitere Verschönerungen genutzt werden. Zumal der Beschluss des NRW-Landtags in einen auffälligen Neubau direkt am Rhein zu ziehen, der Stadt viele finanzielle Möglichkeiten eröffnet hatte. Hinzu kam der dringende Bedarf der Post nach einem neuen Gebäude für den Richtfunk, ohne den damals ein funktionierendes Telefonnetz nicht denkbar war. Bis 1982 lief in Düsseldorf alles über den Turm auf den Gerresheimer Höhen, dessen Antennenanlagen aber rein baulich nicht mehr zu erweitern waren.
Einen Turm von mehr als 240 Metern Höhe direkt an den Rhein zu setzen, war einerseits den technischen Anforderungen an eine Funkübertragungsstelle geschuldet, andererseits sahen die Stadtmütter und -väter die Chance, Düsseldorf neben dem Schlossturm und der Basilika St. Lambertus ein modernes Wahrzeichen zu geben. Tatsächlich ergab sich die exakte Höhe aus Faktoren wie der Reichweite des Richtfunks, der Entfernung zur nächsten Funkübertragungsstelle und der Erdkrümmung. Und weil man in Richtung Wahrzeichen dachte, hieß es in der Ausschreibung, der Turm solle anders aussehen als die anderen markanten Fernmeldetürme in Deutschland.
Aus heutiger Sicht kann man sagen: Absolut gelungen! Ja, nicht wenige Menschen halten unseren Rheinturm für den ästhetisch wertvollsten unter seinesgleichen. Eine weitere Vorgabe des Stadtrates war, dass der Turm öffentlich zugänglich sein und dass es im Turmkorb gastronomische Einrichtungen geben sollte. Das brachte den Bedarf nach einem publikumsfreundlichen Aufzug mit sich und führte zur Installation einer sich drehenden Restaurantebene.
Nun leide ich erheblich unter Höhenangst, und die erste Fahrt an die Spitze im Sommer 1982 war ein persönliches Abenteuer. Vorsichtig näherte ich mich den schräggestellten Fensterscheiben auf der Aussichtsebene. Aber unerklärlicherweise blieb das übliche Panikgefühl aus, und es machte mir nichts aus, mich mit den Händen an der Scheibe abzustützen, um so den Turmschaft entlang nach unten zu schauen. Die solitäre Lage des Rheinturm bringt es mit sich, dass er inner- und außerhalb der Stadt von weither gesehen werden kann – zum Beispiel auch von den Höhen des Grafenberg und des Aaper Waldes.
Nähert man sich der Stadt auf einer der Autobahnen im Westen, ist der Turm bei guter Sicht schon aus deutlich mehr als 20 Kilometern zu sehen. Umgekehrt: Bei gutem Wetter kann man in der Ferne den ziemlich genau 40 Kilometer entfernten Turm in Köln sehen, der ein halbes Jahr früher als unser Schmuckstück eingeweiht wurde, aber aus kölschen Gründen seit 1994 nicht mehr öffentlich zugänglich ist. Beide zählen zu den 27 von der Deutsche Funkturm GmbH, einer hundertprozentigen Tochter der Deutschen Telekom AG, betriebenen Sendeanlagen in NRW. Nachdem die rasche Ausbreitung der Glasfasernetze für das analoge Telefon die Bedeutung des Richtfunks in den Neunzigerjahren fast völlig beendet hatte, erlebte diese Technik durch das drahtlose Telefonieren ab etwa 2005 eine Renaissance, wobei inzwischen die Plätze an den Türmen vor allem für Antennen diverser Netzbetreiber vermietet werden.
Das heißt im Klartext: Unser Rheinturm sieht nicht nur schön aus, er hat auch eine wichtige technische Funktion. Eine wirklich einmalige Installation aber ist die Dezimaluhr, die von Norden aus zu sehen ist und durch die Beleuchtung von 39 der insgesamt 62 Luken dargestellt wird. Offiziell heißt die vom Künstler Horst H. Baumann geschaffene Skulptur „Lichzeitpegel„, und ächte Düsseldorfer:innen wissen natürlich, wie man daran die Uhrzeit abliest … und erklären es Gästen gern. Wenige wissen, dass der Lichtzeitpegel schon seit dem November 1981 die Zeit anzeigt, also einige Monate vor der Einweihung des Turms. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Es handelt sich natürlich nicht um die einzige Dezimaluhr der Welt, aber laut dem Guinness-Buch um die größte.
So liest man die Zeit an der Dezimaluhr ab: Die beiden obersten Luken zeigen die Zehnerstunden an (keins an = 0, eins an = 1, beide an = 2). Die folgenden 9 Luken zeigen die Einerstunden an. Beispiel: Oben leuchtet eine Luke, darunter acht = 18 Uhr. Es folgt der Bereich für die Minuten mit fünf Luken für die Zehnerminuten und neun Lichtern für die Einerminuten. Beispiel: Oben leuchten 4 Lichter darunter 2 = 42 Minuten. Dann kommen die Bereiche für die Zehner- und die Einersekunden. Am Aufleuchten im Sekundentakt kann man die Zeit so richtig schön vergehen sehen…
Gerade im Zusammenspiel mit der Rheinkniebrücke, dem Stadttor, dem Landtag und den Gehry-Bauten am Medienhafen ist der Rheinturm in kurzer Zeit zu einem der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt geworden; Panorama-Abbildungen Düsseldorfs kommen ohne ihn nicht mehr aus. Und wer Düsseldorfer:in sein will, muss mindestens einmal im Leben ganz oben gewesen sein.