Nicht einmal zehn Jahre lang war das Theaterhaus Zentrum der freien Theaterszene in Düsseldorf.

Lesestück · Es heißt ja, das Internet vergisst nichts. Leider hat es von vielen Dingen, die vor dem Start des Worldwide Web geschehen sind, keine Ahnung. Und doch ist es beinahe bestürzend, dass sich nicht einmal eine Handvoll Informationen zum Theaterhaus an der Prinz-Georg-Straße finden lassen, das zwischen Ende 1990 und 1998, 1999 von einem Verein bespielt wurde, der sich aus den Akteuren der freien Theaterszene der Stadt rekrutierte. Deshalb soll dieser Artikel nicht bloß meine persönlichen Erinnerungen schildern, sondern alle Leser:innen dazu aufrufen, alles, an das sie sich rund ums Theaterhaus erinnern, mitzuteilen – besonders willkommen wären natürlich Fotos von damals. [Lesezeit ca. 4 min]

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Mit dem Theaterhaus in Berührung gekommen bin ich durch meinen Freund, den Schauspieler und Komiker Reiner Scharlowsky. Dort lernte ich dann den leider viel zu früh verstorbenen Doyen des hiesigen freien Theaters, Peter Klaus „PeFi“ Fischer kennen. Gegenüber Theater, also dem Zappeln lebender Menschen auf Bühnen, bin ich völlig wehrlos; in Aufführungen sitze ich meist durchgehend mit offenem Mund und bin woanders. Und das unterschiedslos, ganz gleich, ob ein Shakespeare gegeben wird oder eine Boulevardkomödie, ob die größten Schauspieler agieren oder ambitionierte Amateure. So war dieses geschichtsträchtige Haus an der Prinz-Georg-Straße in Pempelfort der richtige Ort für mich. Ich engagierte mich im Verein und war knapp zwei Jahre auch im Vorstand.

Reiner Scharlowsky in seiner berühmten Rolle als Maitre Will (Foto via dermaitre.de)

Reiner Scharlowsky in seiner berühmten Rolle als Maitre Will (Foto via dermaitre.de)

Die erste große Produktion, die im November 1990 auf die Bühne kam, war „Die Küche“ von Arnold Wesker in einer enorm aufwendigen Inszenierung des „Theater der Klänge„. Soweit ich mich erinnere, haben nie wieder so viele Leute gleichzeitig dort auf der Bühne gestanden. Apropos: Darüber, wann genau und zu welchem Zweck exakt der Bau errichtet wurde, habe ich keine wirklich zuverlässigen Informationen gefunden. Sicher ist, dass der Flügel zur Franklinstraße hin der Rest des ehemaligen Prinz-Georg-Realgymnasiums ist, das im Krieg zerstört wurde. Aber warum es das prächtige Foyer und den großen Saal gibt, ist mir schleierhaft.

Wobei mir der Bau bis Ende der Achtziger hauptsächlich als Kino bekannt war. Als Schüler des Leibniz-Gymnasiums (das übrigens aus dem Realgymnasium entstanden war) sah ich dort häufig Filme, zu denen wir jahrgangsweise gelotst wurden. Später verbrachte ich viele, viele Abende dort im kommunalen Kino. An irgendeine Theateraufführungen in den Zeiten vor dem Theaterhaus erinnere ich mich nicht.

"Die Küche" - eine aufwendige Produktion vom Theater der Klänge im Theaterhaus 1990 (Foto: Theater der Klänge)

„Die Küche“ – eine aufwendige Produktion vom Theater der Klänge im Theaterhaus 1990 (Foto: Theater der Klänge)

Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Als der Verein das Haus bespielte, war der Bau innen einigermaßen marode. Das galt vor allem für den Saal und die Künstlergarderoben. Später hat man diesen großartigen Theatersaal grundsaniert; er heißt heute Udo-van-Meeteren-Saal und gehört zur Clara-Schumann-Musikschule, die das Gebäude nun auch schon einige Jahre nutzt. Zum Theaterhaus zählte aber auch das sogenannte „Studio“, ein niedriger Raum mit einem Tresen und Ausgang zum Innenhof, der für Proben genutzt wurde, in dem aber auch Stücke aufgeführt und Aktionen durchgeführt wurden. Außerdem haben wir da unten mehr als einmal gefeiert. Apropos: Natürlich gab es immer auch Partys im Theaterhaus; manche klein, intim und den Mitglieder vorbehalten, andere öffentlich und mehr oder weniger groß. Die Band „Kreidler“ hatte hier einen sehr frühen Auftritt bei einer Fete, die im Foyer stattfand. Und zum Jahreswechsel 1992/93 oder 1993/94 gab es eine gewaltige Silvester-Party unter dem Motto „Casablanca“.

Ein Schwerpunkt des Theaterhaus war das Kindertheater. Die inzwischen renommierten Clownixen gehörten dazu, und ich meine, auch Rüdiger Fabrys Theatertill habe dazu gehört. Der ganz, ganz junge Guido Hoehne hatte ihr seine ersten Auftritte; an zwei, drei weitere Gruppen, die vor allem vor Kindern spielten, erinnere ich mich leider nicht. Auch Gastspiele von Akteuren der freien Theaterszene anderer Stätte gab es regelmäßig. Und ich habe sie vermutlich alle gesehen. Am Rande eines Skandals verlief der Auftritt einer jugendlichen Schar unter der Leitung des bekannten Schauspielers Willi Thomczyk.

Das ehemalige Theaterhaus als Clara-Schumann-Musikschule (Foto: Stadt Düsseldorf)

Das ehemalige Theaterhaus als Clara-Schumann-Musikschule (Foto: Stadt Düsseldorf)

In der Endphase finanzierte sich der Verein auch durch seine Anteile an den Einnahmen von Comedians, Schauspieler:innen und Sänger:innen, die nicht zur freien Szene gehörten, sondern weithin bekannt waren und große Zuschauermengen zogen. Ich erinnere mich an großartige Shows von Herbert Knebels Affentheater, an berührende Abende mit der unvergleichlichen Georgette Dee und an Auftritte einer Gruppe, deren Namen ich vergessen habe: sie vermischten Kabarett mit wundervollen A-capella-Gesängen.

Mehr fällt mir leider, leider nicht ein zum Theaterhaus an der Prinz-Georg-Straße. Für jede Erinnerungsauffrischung bin ich dankbar.

3 Kommentare

  1. Bevor dort die Clara-Schumann-Musikschule einzog, war dort die Landesbildstelle untergebracht. In der unteren Etage links war die Ausgabe und das Lager der diversen Filme (auf VHS-Kassette). Ich war als Student dort in den Ferien als Hausmeister-Ersatz unterwegs. Neben dem großen Saal, den ich nur als Kino kenne, erinnere ich mich an das Studio (das für mich eher eine Art Kriech-Keller war).
    Im rechten Flügel, an die Franklinstraße angrenzend, gibt es hinten ein kleines Treppenhaus. Dort habe ich eine Dunkelkammer im obersten Stock in Erinnerung, die im Sommer brutal nach Entwickler und anderen Chemikalien bestand.
    Zusätzlich gibt es auf dem Hof eine Baracke, in der Techniker untergebracht waren, vermutlich für die Reparatur von Fernsehern und VHS-Playern.

  2. Danke für die Erinnerung, die ich nutzen werde, um sie nach und nach zu ergänzen. Heute wird ja leider immer wieder so getan, als habe es vor dem Forum Freies Theater, also vor 1998/99 nichts an freiem Theater in Düsseldorf gegeben und schüttet damit die Zeiten des Hansa-Palastes, der Werkstatt Börnestraße, des Atlantik-Theaters, der Theateraufführungen im Auxilium und nicht zuletzt sogar die Zeiten des JutA´s zu.

    Das Theaterhaus Düsseldorf entstand aus einem unkorrekten Umgang mit einem anderen städtischen Gebäude:

    Das von mir geführte THEATER DER KLÄNGE hatte 1987 bis 1989 seine beiden ersten großen Produktionen in einem Spagat zwischen Juta, ZAKK und un serem Büro/Lager im Hinterhof der Ackerstraße 22 gestemmt. Bühnenbild, Requisiten und Kostüme mussten zwischen diesen drei Orten immer hin- und hergefahren werden, da wir im ZAKK und Juta nichts lagern durften, unser Büro aber zu klein war, um zu proben. Von daher machten wir uns in Düsseldorf auf die Suche nach einem Ort, in dem Lagern, Proben und Spielen möglich wäre. Wir fanden ihn in einer nicht mehr genutzten Turnhalle an der Urdenbacher Allee (heute Marstall genannt). Diese Turnhalle stand Anfang 1989 kurz vorm Abriss, da die Kastelanin des Schlosses Benrath dort ein Heckenlabyrinth wieder anpflanzen wollte, wie es dies an der Stelle wohl schon im 18. Jahrhundert einmal gegeben hatte. Also berichtete ich der damaligen Kulturamtsleiterin Barbara Kisseler von dieser Turnhalle, dem drohenden Abriss und der Möglichkeit dort das Theater der Klänge unterzubringen. Sie nahm die Info gerne auf, nicht ohne mir zu sagen, dass eine Übergabe einer städtischen Turnhalle an das Kulturamt ein schwieriges Unterfangen wäre. Ich bat sie alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen und hoffte. Da so etwas dauert, hatten wir 1989 eigens ein größeres Büro in der Ulmenstraße angemietet hatten, in dem ein Raum zum Lager unserer großen Bühnenbilder für „Die mechanische Bauhausbühne“ und „Die barocke Maskenbühne“ genutzt wurde. Auf Nachfragen im Frühjahr und Frühsommer 89 bekam ich immer nur hinhaltende Antworten, um dann im Spätsommer 89 aus der RP zu erfahren, dass diee Turnhalle über das Hauptamt in die Verwaltung des Kulturamtes gegeben wurde und man – und jetzt kommt der Hammer: Darin einer Essener Choreografin und ihrem Ensemble Neuer Tanz diesen Ort zur Bespielung geben wollte…

    Auf direkte Nachfrage beim Kulturamt wurde gesagt, dass man ja dankbar sei städtische Bauten für die Kultur umnutzen zu können, es aber damit nicht automatisch verbunden sei, dass der Informant auch der Nutzer eines solchen Ortes sein müsste… Man wolle uns aber nicht im Regen stehen lassen und böte uns eventuell das seit mehreren Jahren leer stehende ehemalige „Filmforum“ in der Prinz-Georg-Straße als Alternative an. Wir sollten dazu ein Konzept machen, was wir umgehend taten. Der damals an diesem Konzept mitwirkende Bernd Lohmann (seinerzeit Techniker im JutA) riet uns, mit dem Konzept an die Presse zu gehen, was wir taten und die RP veröffentlichte einen Artikel dazu. Dies führte aber nicht dazu, dass das THEATER DER KLÄNGE nun seinen Ort bekam, sondern zu einem Aufstand in der damaligen freien Szene, an dem vor alem „Die kleine Oper“, die „Clownixen“, aber auch die im Auxilium probenden Gruppen und eben Klaus-Peter Fischer maßgeblich beteiligt waren, der darauf hinaus lief, dass eine Theaterhaus e.V. gegründet wurde, der das Haus für alle freien Gruppen betreiben sollte. Man war so fair uns in diesen Verein einzubeziehen…

    Da mit diesem Modell für alle Freien wieder nicht die Kombi von Büro, Lager, Werkstätten, Proben und Aufführen für uns möglich wurde, forderte uns das Kulturamt auf einen Ort auf dem freien Markt für alles Notwendige außer eben Aufführungen zu suchen. Man stellte für das Finden einen Mietzuschuss in Aussicht. Wir fanden um die Ecke der Prinz-Georg-Straße die Räume eines ehemaligen Eier-, Butter-, Käselagers in der Winkelsfelderstraße, welches 1990 zu Büro, Lager, Werkstatt und Proben-Studio für unser Theater umgebaut wurde. Gleichzeitig baute die Stadt den Kinosaal zum Theatersaal um. Da beide Räume von Frühjahr bis Herbst 1990 Baustelen waren, probten wir „Die Küche“ – unsere Produktion für 1990 – in den ehemaligen Lagerhallen am Zollhof im Düsseldorfer Hafen (heute stehen dort die Gehrybauten).

    Wir eröffneten das Theaterhaus Düsseldorf dann 1990 mit „Die Küche“ in 23 Vorstellungen en suite. Dazu bauten wir in den Theatersaal eine temporäre Tribüne für 150 Sitzplätze ein, die fast immer ausverkauft war. Die erste Party fand dort in diesem Zeitraum im Foyer statt. Wie es danach mit dem Theaterhaus weiter ging, schreibe ich in einem nächsten Kommentar.

  3. Das THEATER DER KLÄNGE bespielte die Bühne im Theaterhaus Düsseldorf regelmäßig von Ende 1990 (DIE KÜCHE) bis lediglich Februar 1994 (Reden ist Silber…). Es waren die wirklich freien Jahre des Theaterhauses Düsseldorf, in denen Bernd Lohmann als Beauftragter des Kulturamtes Terminwünsche entgegen nahm und dann den Schlüssel an die nutzenden Ensembles für einen bestimmten Zeitraum weitergab. Man war in der jeweilig gebuchten Zeit Hausherr, Veranstalter und en suite spielendes Ensemble in Personalunion.

    Ab 1994 meinte der damals agierende Vorstand des Theaterhaus e.V. nun auf Druck der Stadt einen „Intendanten“ bestellen zu müssen, der ein Programm kuratiert. Fehlentscheidung, wie so viele in der Kulturpolitik der Stadt Düsseldorf bezüglich der freien Szene. Die Konsequenz war ein nun nicht mehr frei zugängliches Haus, sondern ein mit wenig finanziellen Mitteln ermöglichtes fragwürdiges Programm mit einigen Düsseldorfer Playern und zunehmend auswärtigen Ensembles. Dieses „Programm“ wirtschaftete das Haus so herunter, dass es mit Konstruktion des FFT Ende der 1990er Jahre aufgegeben wurde.

    Der damalige Kulturdezernent Grosse-Brockhoff sprach übrigens mit dem letzten Vorstand des Theaterhauses Ende der 1990er in dem Sinne, als er sinngemäß sagte: „Wir nehmen der freien Szene auf der einen Seite ja was weg (das Theaterhaus), müssen ihr also eine Alternative dazu anbieten (Das FFT)…

    Kuriosität am Rande: Auch die Ensembles der im Vorstand vertretenen Mitglieder des Vereins bespielten den Saal des Theaterhauses ab Mitte der 1990er Jahre kaum noch und veranstalteten ihre Premieren unten im kleinen Studio…. (Vorläufer der späteren Boulevardbühnen Luegallee und Theater Flin u.e.m.)

    Siehe das Tagebuch des Theaters der Klänge von 1990 bis 1994:
    https://www.theater-der-klaenge.de/haus/ensemble.php?pa=5&lang=1