Ganz Fußballdeutschland ist von Kapitalgesellschaften besetzt. Ganz Fußballdeutschland? Nein, denn es gibt sie noch, die eingetragenen Vereine. In der ersten Bundesliga der Saison 2018/19 sind es genau fünf. Neben Schalke 04, Mainz 05, dem SC Freiburg und dem 1. FC Nürnberg zählt auch der glorreiche TSV Fortuna Düsseldorf 1895 e.V. dazu. Was ein Verein ist, ist schon im Artikel 9 des Grundgesetzes festgelegt und wird durch die Bedingungen des BGB spezifiziert. Es heißt „Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.“ In diesem Sinne sollen Vereine überwiegend ideelle und keine primär wirtschaftlichen Ziele und Zwecke verfolgen. Der ideelle Zweck eines Sportvereins wird durch die Satzung bestimmt. Laut der Fortuna-Satzung (PDF-Link) ist der „Zweck des Vereins […] die körperliche und charakterliche Ertüchtigung seiner Mitglieder durch Leibesübungen und Sport. Die Betreuung und Heranführung der Jugend an die Ziele des Vereins ist diesem ein besonderes Anliegen.“ Und das macht den Unterschied. Zweck des TSV ist es also nicht, sein Seniorenteam zum Deutschen Fußballmeister zu machen und dafür teure Spieler zu kaufen, sondern Körper und Geist der Mitglieder zu ertüchtigen.
Altmodisch? Nein, verantwortungsbewusst
Hört sich altmodisch an und ist es auch in gewissem Sinne, weil hier Ideale beschrieben werden, die aus den Uranfängen des Sports als solchem stammen. Kaum ein Fußball-Fan ist sich dessen noch wirklich bewusst, dass Fußball eben in erster Linie ein Sport ist, also etwas, durch das Aktive gesund bleiben (Fitness) und Passive sich in sozialem Verhalten (Fairness) üben. Dass diese ideelle Bestimmung bei der Fortuna auf unabsehbare Zeit festgeschrieben ist, dafür haben in der dunklen Phase (1999 bis 2004) zunächst aktive Fans gesorgt, die sich in der Montagsrunde zusammengesetzt haben, um zu debattieren, wie man den Verein überhaupt am Leben halten konnte und aus deren Kreisen die Satzungskommission entstanden ist, die genau die Satzung verfasst hat, die heute gilt. Parallel und darüber hinaus waren es die aktiven Fans, die durch ihr Denken und Handeln den Geist dieser Satzung lebendig gehalten und gegen allerlei Angriffe durch demokratieallergische Aufsichtsratsvorsitzende oder Putschisten verteidigt haben.
Das alles weiß auch der amtierende Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Reinhold Ernst, denn er hat die Geschichte – teils als „einfacher Fan“, teils als Aufsichtsratsmitglied – miterlebt. Und weil seit 2009 alle Mitgliederversammlungen immer wieder mehrheitlich dafür gesorgt haben, dass selbst kleinste Einschnitte an der Satzung, die gegen den Vereinsgedanken laufen könnten, unterblieben, ist spätestens seit der Jahresmitgliederversammlung 2017 klar: Fortuna ist ein Verein und wird ein Verein bleiben. Das betonen der ARV Ernst und der Vorstandsvorsitzende Robert Schäfer nicht nur auf Befragen, sondern vertreten diese Position auch offensiv nach außen. Unter anderem in einem bemerkenswerten Beitrag im Kicker aus dem März 2018, in dem Schäfer aus eigener Erfahrung bei 1860 München schildert, was der Einstieg eines Investors für die Arbeit aller Vereinsgremien bedeutet.
Die Mitglieder bestimmen
Damit ist klar: Fortuna ist auf allen Ebenen strikt für die Beibehaltung der 50+1-Regel, die verhindert, dass ein Investor die Mehrheit an einem Fußballverein bzw. seiner ausgegliederten Profimannschaft übernehmen kann. Aber, man ist bei F95 – ähnlich wie beim SC Freiburg – auch der Ansicht, dass es keine zählbaren Vorteile bringt, das Bundesligateam auszugliedern, wenn man keine Investoren beteiligen will. Bei Schalke 04 liegen die Dinge ohnehin anders, aber sowohl beim 1. FC Nürnberg, als auch bei Mainz 05 wird regelmäßig hinter vorgehaltener Hand über die Ausgliederung diskutiert. Könnte also sein, dass Freiburg und Düsseldorf demnächst die gallischen Dörfer sind, die sich dem Ausverkauf des deutschen Fußballs an Investoren verweigern.
Und was haben die Fortuna-Fans davon? Mit dieser Frage kommen wir zurück zum Ausgangspunkt und auch zum Titelbild dieser Kolumne. Die Macht der Mitglieder in einem eingetragenen Verein ist groß, denn die Mitgliederversammlung ist das höchste Gremium, quasi der Souverän des Vereins, an seine Beschlüsse ist der Aufsichtsrat und damit auch der Vorstand gebunden. Wenn im §1 der Satzung steht…
Der Vereinsname, die Vereinsfarben, das Vereinsemblem und der Sitz des Vereins bilden besondere identitätsstiftende Merkmale des Vereins. Eine Änderung der Absätze 1, 3 und 4 dieser Vorschrift ist daher, abweichend von § 10 Abs. 5 der Satzung, nur mit einer Mehrheit von vier Fünfteln der abgegebenen Stimmen der Mitgliederversammlung möglich. Gleiches gilt auch für eine Änderung dieser Bestimmung.
…bedeutet dies, dass während einer Mitgliederversammlung 80 Prozent der Stimmberechtigten Veränderungen am Vereinsnamen, an den Vereinsfarben und dem Sitz des Vereins zustimmen müssten, damit diese möglich werden. Das ist ein Bollwerk, das mit großer Wahrscheinlichkeit verhindern würde, dass aus dem TSV Fortuna Düsseldorf 1895 mit den Vereinsfarben Rot und Weiß ein FC Google Meerbusch würde, der in Gelb und Lila aufläuft. Eine vergleichbar hohe Hürde gegen derlei Änderungen findet sich in den Satzungen der anderen genannten Vereine nicht. Hinzu kommen weitere öffentliche Bekenntnisse der Leitungsebene zur sozialen Verantwortung des Vereins, zur expliziten Förderung der Jugendarbeit und aller damit verbundenen Aktivitäten, auch und besonders im Bereich der Integration von Kindern mit Einwanderungshintergrund.
Bollwerk und Leuchtturm
Das alles macht die Fortuna – ganz unabhängig vom Sportlichen – in der kommenden Erstligasaison 2018/19 zu einer Besonderheit im deutschen Profifußball. Und es spricht manches dafür, dass F95 damit nicht nur ein Bollwerk gegen den Investoren-Fußball wird, sondern auch zum Leuchtturm für Vereine, denen die Öffnung gegenüber Investoren schon jetzt mehr oder weniger zum Verhängnis wurde. Wird diese Fortuna am Ende sogar sportlich erfolgreich, werden sich möglicherweise einige Verantwortliche anderer Teams überlegen, ob der der F95-Weg nicht sogar der bessere ist.
3 Kommentare
Ihr Beitrag ist ziemlicher Nonsens. Sie haben sich offensichtlich mit der 50+1 überhaupt nicht beschäftigt. Bei dieser bleibt die Mehrheit beim Verein und den Mitgliedern,und es wäre überhaupt nicht möglich ohne Zustimmung des Vereins diesen umzubenennen in FCGoogle Meerbusch.
Und Ihr Kommentar ist völliger Schwachsinn. Vermutlich hat der Artikel Sie überfordert, denn sonst hätten Sie durch pures Lesen erkennen können, dass im Text gar keine Verbindung zwischen der 50+1-Regel und der Zustimmung der Mitglieder (nicht „des Vereins“) und einer möglichen Umbenennung gezogen wird. Also, lesen Sie noch einmal; aber dieses Mal aufmerksamer.
Der Aussage, dass es keine zählbaren Vorteile bringt, das Bundesligateam auszugliedern, wenn man keine Investoren beteiligen will, möchte ich widersprechen.
Sicherlich ist es der Hintergedanke bei Gründung einer AG oder KGaa, da auch Investoren zu beteiligen.
Die Ausgliederung in eine GmbH aber ist kaum sinnvoll, wenn man Investoren im großen Stil beteiligen möchte.
Mit der Ausgliederung in eine GmbH, für die man nur wenig Stammkapital benötigt, sorgt man im Insolvenzfall eher dafür, dass der Stammverein mehr oder weniger unangetastet im Breitensport weiter existieren kann.
Übrigens steht auch in der Satzung meines Borussia VfL 1900 e.V., dass die Vereinsfarben schwarz-weiß-grün sind und das Vereinslogo in seiner Form, seinen Proportionen und Farbigkeiten nicht verändert
werden darf.
Weiterhin ist ein Verkauf von Anteilen an der ausgelagerten Borussia Mönchengladbach GmbH, in welcher der Lizenzspielbetrieb angesiedelt ist, nur möglich, wenn es die Mitgliederversammlung auf Antrag des Präsidiums mit zwei Drittel Mehrheit beschlossen hat.
Ja, es wäre also theoretisch möglich, dass es mal VfL Bolten Mönchengladbach heißt.
Aber wahrscheinlich ist es nicht, Verein oder GmbH hin oder her.