Beinahe wäre es in den Fünfzigerjahren vorbei gewesen mit dem Duisburger Hafen. Der ständig sinkende Rheinpegel hatte dafür gesorgt, dass einige Hafenbecken beinahe trockengefallen und nicht mehr nutzbar waren. Was aber taten die klugen Leute am Zusammenfluss von Rhein und Ruhr? Sie forcierten den Abbau der Kohleflöze unterhalb des Hafens. Was sonst unerwünscht war, half: Die Böden der Becken sackten um zwei Meter ab und wurden wieder schiffbar. Diese Anekdote ist typisch für den Duisburger Hafen, der ja eigentlich der Ruhrorter Hafen ist. Bis 1902 war diese Stadt ja selbstständig und über Jahrhunderte mindestens so wichtig wie Duisburg selbst. Weit und breit der wichtigste Platz für Binnenschiffer war Ruhrort aber schon seit Beginn der Neuzeit. Ursprünglich linksrheinisch und mit Homberg verbunden war Ruhrort über Jahrhunderte eine Insel zwischen den Flüssen, und die weniger breiten Ruhr- und Rheinarme konnten als sichere Ankerplätze genutzt werden.

Das Kastell Ruhrort um 1587 (Bild: Wikimedia)

Das Kastell Ruhrort um 1587 (Bild: Wikimedia)

1665 gründete sich eine Schiffergilde, die vor allem beim Handel mit Kohle fast ein Monopol am Niederrhein hatte. Unter den Preußen wuchs der Handel, und der Ruf nach einem „richtigen“ Hafen wurde laut. Halbherzig begann man um 1715 mit dem Bau eines Hafenbeckens, aber erst ein Dekret des Magistrats aus dem September 1716 beförderte die Sache. Deshalb gilt der 16. September als Hafengeburtstag, und im vergangenen Jahr konnte das Dreihundert-Jahr-Jubiläum gefeiert werden. Übrigens: Duisburg selbst war nach der Rheinverlagerung, durch die Ruhrort rechtsrheinisch wurde, vom Fluss abgeschnitten, was den Handel ziemlich beeinträchtigte. Also begann man Anfang des 19. Jahrhunderts damit, einen Kanal zur Ruhr zu graben. Das brachte zumindest Anschluss an ein strömendes Gewässer. Aber erst der 1832 eingeweihte Rheinkanal, Projekt einer von Duisburger Kaufleuten gegründeten Aktiengesellschaft, brachte die Stadt zurück an den Rhein. Aus diesem Rheinkanal wurde nach und nach der Duisburger Innenhafen.

Die Konkurrenz zwischen Ruhrort und Duisburg

Während der Ruhrorter Hafen schon 1848 an das Eisenbahnnetz angeschlossen wurde, diente der Duisburger Hafen weiter dem Handel, der über die Fernstraßen lief, die Duisburg berührten oder durchschnitten. Beide Häfen wuchsen mit der rasanten Entwicklung des Ruhrkohlebergbaus und dem schnellen Wachstum der Schwerindustrie und wurden zu erbitterten Konkurrenten. Über Jahrzehnte gab es Streitigkeiten, und erst 1905 – drei Jahre nachdem aus Ruhrort, Meiderich und Duisburg eine gemeinsame Großstadt entstanden war – kam es zur Gründung einer Betriebsgemeinschaft. Aus dieser Gemeinschaft ist letztlich die Duisburger Hafen AG bzw. die duisport-Gruppe entstanden, die heute nicht nur die Häfen betreibt, sondern ein ganzes Bündel an Transport- und Logistikleistungen anbietet.

Wie komplex diese Hafengemeinschaft ist, erkennt man besonders gut bei einer Hafenrundfahrt. Die beginnt im Innenhafen, ziemlich genau an der Stelle, an der einst die in den Rheinkanal fahrenden Schiffe ankerten, um Waren zu löschen oder zu laden. Die Fahrt geht dann durch das, was einst der Kanal war, heute aber die Hafenanlagen ausmacht, und hinaus auf den Rhein. Gegenüber von Homberg liegt dann die Einfahrt in den ältesten Teil des Ruhrorter Hafens. Und von hier aus befährt man dann einen Teil des weit verzweigten Systems aus Hafenbecken und Kanälen.

Größter Binnenhafen Europas

Kohleverladeanlage im Hafen

Kohleverladeanlage im Hafen

Aktuell gibt es 22 Hafenbecken mit über 180 ha Wasserfläche und 40 km Ufer. 17 Becken haben Gleisanschlüsse mit modernsten Verladeeinrichtungen – für Container genauso wie für Flüssigprodukte und Kohle. Neun Hallen stehen für den Umschlag nässeempfindlicher Güter sowie für Kohle zur Verfügung. Drei Zentren für die Bearbeitung von Stahlprodukten gibt es sowie eine Roll-on-Roll-off-Anlage und Anlagen. Und die Bahnanlagen am Südhafen belegen mehr als 250.000 qm. Der Freihafen bietet über 30.000 qm Hallenfläche für die Lagerung und Bearbeitung hochwertiger Güter. Wenig bekannt: Der Hafen kann als einer von ganz wenigen am Rhein auch von Küstenmotorschiffen angelaufen werden. Insgesamt laufen jährlich mindestens 2.000 Schiffe die Duisburger Häfen an. Damit ist er der mit Abstand größte Binnenhafen Europas.

Natürlich hat der Hafen auch eine besondere Kultur und Romantik entwickelt. Wie alle großen Häfen fungierte auch dieser als Platz für illegale Geschäfte und Ausgangspunkt für Ausreißer und Menschen auf der Flucht. Auch wenn Ruhrort nie ein St. Pauli am Rhein war – die spezielle Atmosphäre von Hafenkneipen gab es auch hier; im ersten Schimanski-Tatort kann man davon ein recht authentisches Bild bekommen. Als Wirtschaftsfaktor waren es die Häfen, die verhindert haben, dass die Großstadt Duisburg mit dem Ende von Zechen und Hütten vollkommen pleiteging. Weil die Stadtmütter und -väter dies erkannt haben, setzen sie weiter auf Wachstum am Wasser. So haben sie riesige Gebiete beim linksrheinischen Homberg als zukünftige Logistikflächen und damit Erweiterung des bereits existierenden Logports bestimmt.

Hier ein Image-Film über den Duisburger Hafen aus den Siebzigerjahren:

Duisburg Ruhrorter Hafen.

Und hier eine Dokumentation aus dem Jahre 1955:

Hafen Duisburg Ruhrort - Treffpunkt von Erz u.Kohle (Doku 1948/49)

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