Wenn du heute journalistisch deine befördernden Substanzen erwirtschaftest und die Ergüsse öffentlich machst, musst du immer damit rechnen, dass Menschen, die gerade mal lesen können, deine Arbeit sachlich-fachlich beurteilen. Wie kürzlich ein nicht so geneigter Leser auf Facebook zu einem der hiesigen F95-Spülberichte meinte: „Hab schon Witzigeres gelesen. Ist doch bloß Polemik.“ Oder ein anderer: „Das ist überhaupt nicht objektiv.“ Mal abgesehen davon, dass es für einen ergebenen Berichterstatter, der das Fortuna-Wappen auf dem Herzmuskel tätowiert trägt, VÖLLIG UNMÖGLICH ist, über Fußball objektiv zu schreiben, ist die gesamte objektive Fußballphrasendrescherei der verblödeten Spochtrepochter einfach nur langweilig, öde, aufgeblasen, sinnfrei, sprachlich arm und sachlich schwach. Und die Versuche der Nichtjournalisten, diese Floskelhuberei nachzuahmen, lösen bei einem Gonzo-Schreibfink nur noch den Wunsch aus, den Verfassern sanft übers Haupthaar zu streichen und zu sagen: „Pssst, alles wird gut…“ Gonzo? Tja, das hat einer der größten, schlümmsten und mit Abstand bösesten Journalisten der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts erfunden, den du vielleicht aus dem Film „Fear and Loathing in Las Vegas“ kennst, wo er von Johnny Depp total lebensecht gegeben wurde.
Und der Herr Depp konnte das, weil er mit dem Gonzo aller Gonzos engst befreundet war, dem unvergleichlichen Hunter S. Thompson. Der Mann, der in echt ebenfalls bekloppte Brillen trug und an einer Zigarettenspitze nuckelte, verpasste hauchdünn die Beat-Generation und war eigentlich scbon zu alt, in der Hippie-Bewegung mitzuschwimmen. Zumal Thompson erklärter Waffennarr, Kriegsbefürworter und begnadeter Paranoiker vor dem Herrn war. Aber das mit den Drogen, das fand der in der Wolle gefärbte Säufer attraktiv. Und weil er sonst nichts konnte, wurde er Journalist. Weißt du, das ist eigentlich bei allen Menschen so, die sich Journaliste nennen: Sie machen den Job, weil sie sonst nix können.
Und weil sich Thompson den objektiv wirksamen Teil seines Hirn weggeschossen hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als den Gonzo-Journalismus zu erfinden. Weil er infolge eines Vollsuffs verbaselt hatte, einen angeforderten Artikel über das Kentucky-Derby zu verzapfen, reichte er einfach seine ungeordneten Notizen dazu ein. Daraus machte irgendein CvD einen Artikel, und der traf den Herausgeber voll ins Herz. Thompson sollte von da an nie wieder versuchen, einen ordentlichen Artikel zu schreiben. Wurde trotzdem erfolgreich, und wenn dich dieser ganze Scheiß interessiert, dann lies gefälligst die Bücher, die man aus seinem Material gestrickt hat.
Was das alles mit „The Düsseldorfer“ zu tun hat? Ganz einfach: Wir mögen Hunter S. Thompson. Für Ihren sehr ergebenen Berichterstatter ist der eines von zwei Idolen im Journalismus – der andere ist Egon Erwin Kisch, der Erfinder der Reportage. Auf den berufen sich Berufsschreibfinken übrigens fast immer zu unrecht, weil Kisch – ähnlich wie Thompson – immer nur über Dinge geschrieben hat, die er persönlich mitgemacht und die ihn interessiert haben. Das sind so die Vorbilder. Wir versuchen zu vermeiden, dir Gonzo ganz dick aufs Brot zu schmieren wie das manche, ähem, Kollegen tun, die sich freudig grinsend Gonzo-Journalisten nennen lassen. Wir sind bloß irgendwie ein bisschen Gonzo – das liegt daran, dass wir objektiv nicht so gut können…