Dass Düsseldorf zur Welthauptstadt des Altbiers wurde, ist nicht das Verdienst der Hausbrauereien…

Bericht · Düsseldorfer:innen, die dem obergärigen Trunk zugeneigt sind, unterliegen gern dem Irrtum, die berühmten Hausbrauereien seien der Ursprung des Altbiers; dem ist nicht so. Oder jedenfalls: Uerige, Schumacher, Füchschen und Schlüssel spielten bei der rasanten Verbreitung des Alt eine eher untergeordnete Rolle. Denn erst mit der industriellen Fertigung und der Verbreitung von Alt als Flaschenbier begann sein Siegeszug. [Lesezeit ca. 3 min]

Na, schon gespannt auf den Beitrag? Nach einer kurzen Werbeunterbrechung geht’s weiter. Denn The Düsseldorfer versteckt sich nicht hinter einer Paywall. Alles, was du hier findest, ist gratis, also frei wie Freibier. Wenn dir aber gefällt, was du liest, dann kannst du uns finanziell unterstützen. Und zwar durch den Kauf einer einmaligen Lesebeteiligung. Wir würden uns sehr freuen.

Denn obergäriges Bier lässt sich in Fässern nicht sehr lange lagern und deshalb nicht über große Entfernungen transportieren, weshalb es Altbier außerhalb Düsseldorfs bis zur Jahrhundertwende schlicht nicht gab. In diesem Umstand der starken lokalen und regionalen Bindung ist auch die lange Tradition von Hausbrauereien in Düsseldorf zu verstehen: Das Alt wurde vor Ort, meistens im hinteren Teil des Gasthauses, gebraut und vorne serviert. So war es beim Uerige, bei Schumacher, Gatzweiler (Schlüssel), Füchschen, Frankenheim und einigen Hausbrauereien, die es nicht mehr gibt. Industriebrauereien für Altbier zu gründen und zu betreiben, war eine verrückte Idee, die erst mit der Einführung von Flaschenbier Sinn machte. Typisch war die Entwicklung bei der Hirschbrauerei (die es schon seit den Siebzigern nicht mehr gibt), die ein gewisser Herr Paefgen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Pempelfort an der Tussmannstraße gründete.

Hausbrauerei zum Füchschen, Ratinger Straße (Foto: TD)

Hausbrauerei zum Füchschen, Ratinger Straße (Foto: TD)

Die damals – auch im Vergleich – hochmoderne Brauerei mit ihrer gewaltigen, über mehrere Stockwerke reichenden Kältemaschine braute zunächst untergärige Biere vom Typ „Export“, verfügte aber schon vor dem ersten Weltkrieg über eine Flaschenabfüllanlage. Mit den modernen Brauverfahren konnte man Biere herstellen, die in Flaschen abgefüllt mehrere Wochen frisch blieben – übrigens auch wegen des höheren Anteils an Kohlensäure. Der Legende nach war es ein Braumeister, der dieses neumodische Bier verabscheute, denn er war Düsseldorfer und Liebhaber obergäriger Biere. Der schlug vor, in der Fabrik doch auch obergäriges Altbier zu brauen. Als es gelang, auch das „Düssel Alt“ genannte Bier in Flaschen abgefüllt haltbar zu machen, begann der eigentliche Siegeszug des Altbiers als Massenprodukt.

Kastenträger am Uerige (Foto: M. Neugebauer für TD)

Kastenträger am Uerige (Foto: M. Neugebauer für TD)

Denn in den Hausbrauereien mit ihren eher altmodischen Verfahren wurde in der Regel nur so viel gebraut, wie sich an einem Tag absetzen ließ. Ebenfalls vor dem ersten Weltkrieg entstanden zwei weitere Braufabriken: Dieterich und Schlösser. Wie die Hirschbrauerei setzten auch die übrigens auf das Know-how bayerischer Braumeister, die sozusagen als „Gastarbeiter“ aus dem Bajuwarischen an den Rhein geholt wurden. Auch in den anderen Industriebrauereien wurden sowohl unter-, als auch obergärige Biere gebraut, und in den Gastwirtschaften bot man ganz selbstverständlich neben Alt auch Export oder „Hell“ an.

Schlüssel auf der Bolkerstraße (Foto: TD)

Schlüssel auf der Bolkerstraße (Foto: TD)

Der aktuelle Stand beim Altbier hat sich also erst ab ungefähr 1918 entwickelt, und mit der Verwandlung der ehemals düsteren Altstadt zur längsten Theke der Welt ab den Fünfzigerjahren so viel Fahrt aufgenommen, dass Düsseldorf heute DIE Altbierhauptstadt ist, in der jedermann und jedefrau, ob einheimisch oder zu Gast, gern und oft ein lecker Alt trinkt.

[Hier geht’s zum ersten Teil unserer kleinen Altbier-Kunde und hier zum zweiten…]

Kommentare sind gesperrt.