Vor etlichen Jahren beschäftigte die Familie eines Kollegen eine Haushälterin, nennen wir sie Frau Homburg. Die kümmerte sich nicht nur um die Sauberkeit, sondern kochte enorm leckere Mahlzeiten – besonders als Mittagessen, wenn die Kinder aus der Schule zurück waren. Bisweilen war ich eingeladen, und egal welche Hausmannskost Frau Homburg servierte, es haute mich jedes Mal um: Es war immer sooo lecker. Irgendwann sprach ich sie an und bat sie, mir das Geheimnis ihrer Kochkunst zu verraten. Sie nahm mich mit und zeigte mir eine gelbe Dose mit roter Schrift: Fondor Maggi. Ohne eine Spur von schlechtem Gewissen haute sie diesen stark glutamathaltigen Geschmacksverstärker an alles, was nicht unter Süßspeise lief. Ich war auf den großen Umami-Trick hereingefallen.

Kristallines Glutamat (Foto: taz)

Kristallines Glutamat (Foto: taz)

So heißt der fünfte Geschmackssinn, den der japanische Chemiker Kikunae Ikeda um 1908 herum entdeckt hat. Bekanntlich gibt es im menschlichen Mund Geschmacksknospen für die Richtungen süß, sauer, salzig und bitter, und die meisten Menschen können dem, was sie gerade essen diese Attribute zuordnen; oft sogar die Kombination von mehreren davon. Umami kann dagegen niemand wirklich beschreiben, außer durch Bekundungen wie „lecker“, „würzig“, „fleischig“ oder ähnlich. Besonders beim Genuss von Fleisch wird der Umami-Sinn gereizt, weswegen Fleischfresser vegetarische oder gar vegane Kost nicht selten fade finden oder bei fleischloser Kost über alle Maße nachsalzen. Während die anderen Geschmäcker benennbaren Produkten oder Lebensmitteln (Zucker, Essig, Salz, Kaffee) zugeordnet werden können, wird umami eindeutig durch Salze der Glutaminsäure ausgelöst. Mit anderen Worten: Machst du Glutamat an die Speisen, finden die Esser sie besonders lecker, weil umami…

Ein Hoch auf die Fermentierung!

Die allseits beliebte Maggi-Würze (Foto: Maggi)

Die allseits beliebte Maggi-Würze (Foto: Maggi)

Vor ebenfalls etlichen Jahren hatten wir eine ältere Dame zur Nachbarin, die lange Zeit in Japan und Korea als Lehrerin gelebt hatte. Die sprach mich eines Tages an, sie haben gerochen, dass wir asiatisch gekocht hätten, da habe sie eine Empfehlung auf Lager. Und drückte mir ein Marmeladenglas in die Hand, das mit einem weißen, kristallinen Pulver gefüllt war. „Geben Sie das ans Essen, es wird gleich sehr viel aromatischer.“ Auf die Frage, was das denn sei, sagte sie kurz: „Glutamat. Damit wird in Japan und Korea jedes Essen gewürzt.“ Nun ist reines Mononatrium-Glutamat (MNG) ein industriell gefertigtes Salz der Glutaminsäure, das quasi aufs Wesentliche reduziert ist … und einigermaßen gesundheitsgefährdend. Das wussten wir damals nicht und verwendeten das weiße Pulver reichlich. Genau wie wir – typisch deutsch! – jede Suppe und jeden Eintopf mit Maggi würzten, und diese Flüssigwürze enthält ebenfalls große Mengen MNG.

Fondor, das würzige Küchengeheimnis (Foto: Maggi)

Fondor, das würzige Küchengeheimnis (Foto: Maggi)

Dass weder Fondor, noch Maggi oder gar reines MNG nötig sind, um den Speisen den großen Kick mitzugeben, lernte ich erst viel später. Und auch, dass im Stoffwechsel fast aller Lebewesen Mononatrium-Glutamat auf natürliche Weise gebildet wird. Weil ich aber meinen Gerichten auch jede Menge Umami verpassen wollte, machte ich mich auf die Suche nach natürlichen MNG-Quellen. Schnell fand ich heraus, dass alle fermentierten Lebensmittel prima MNG-Lieferanten sind, also solche Dinge wie Sauerkraut, Joghurt, aber auch Miso. Hohe Glutamat-Anteile bringen Milchprodukte, vor allem Käse, Nüsse, Pilze, Tomaten und Meerespflanzen mit – und ganz besonders Sojasoße.

Sojasoße für alles!

Sojasoße gehört zu den Flüssigkeiten, die gebraut werden – ganz ähnlich wie Bier. Grundlage bilden immer Sojabohnen, je nach Herkunft und Rezept kommt Getreide, vor allem Weizen, hinzu. Beim Fermentieren dank der Hilfe von Kōji-Bakterien entsteht auch Mononatrium-Glutamat, je höher der Weizen- oder Reisanteil, desto mehr. Und so funktioniert Sojasoße als gesprochen guter Geschmacksverstärker. Das haben in den vergangenen zwei Jahren ein paar dieser Fernsehköche entdeckt und tun so, als sei es ein Geheimnis. Tatsächlich kannst du Sojasoße so benutzen wie früher Maggi. Vorausgesetzt, du findest die richtige Sorte.

Kikkoman-Sojasoße - die berühmte und die normale Flasche (Foto: Kikkoman)

Kikkoman-Sojasoße – die berühmte und die normale Flasche (Foto: Kikkoman)

Grundsätzlich gibt es helle und dunkle Varianten, wobei (Daumenregel!) die dunklen Sojasoßen meist erheblich kräftiger schmecken. Zu unterscheiden ist auch zwischen japanischen und chinesischen Sorten. In China wird (in aller Regel) kein Weizen verwendet, sondern nur Sojabohnen; evtl. mit ein wenig Reis. Außerdem sind diese Versionen erheblich salziger als ihre Pendants aus Japan. Sowohl in Japan, als auch in China (und im weiteren asiatischen Raum) wird Sojasoße auch industriell gefertigt – das Ergebnis hat mit der gebrauten Soße nur noch annäherungsweise gemein, ist aber ansonsten einfach denaturierter Müll. Durchweg werden helle Sojasoßen eher zum Würzen während des Kochens verwendet, während die dunklen, oft auch leicht zähflüssigen Sorte als Dip angeboten werden.

Es muss nicht immer Kikkoman sein…

Auch gut: die leichte Sojasoße von Healthy Boy (Foto: Healthy Boy)

Auch gut: die leichte Sojasoße von Healthy Boy (Foto: Healthy Boy)

Über Jahrzehnte kannten deutsche Esser nur eine Marke: Kikkoman. Es war die erste, die in Deutschland auf den Tischen der Chinarestaurants zum Nachwürzen auftauchte und wenig später auch im Exotenregal des Supermarkts zu haben war. In Düsseldorf, einem der Weltzentren der japanischen Esskultur, konnte man allerdings schon ab den Siebzigerjahren in den Nippon-Shops unter Dutzenden Sorten wählen, in den typischen Asia-Märkten fand man vorwiegend chinesischer Marken. Nun sind die Sojasoßen von Kikkoman nach Ansicht von Experten und Tester richtig, richtig gut, aber eben auch ziemlich teuer.

Die Alternativen finden sich im Asia-Markt. Dort stehen inzwischen auch die bauchigen Kikkoman-Fläschchen in den Regalen, aber daneben meist zehn, zwölf chinesischer Sorten. Die Halbliterflasche einer renommierten Marke wie „Healthy Boy“ oder „Pearl River“ kosten dann beinahe immer weniger als zwei Euro. Wenn du diese Sorten probieren willst, musst du dir nur darüber im Klaren sein, dass sie erheblich salziger sind als Kikkoman-Soße.

Omelette mit Sojasoße? Ja, das schmeckt!

Wenn in der indonesischen Küche Eier zum Gericht kommen, dann meist in Form von Streifen vom Omelett – und dieses Omelett besteht nur aus mit Sojasoße verquirlten Eiern! Zu einer Gemüsepfanne oder gebratenem Reis eine tolle Beigabe. Aber auch in der europäischen und sogar in der guten, deutschen Hausmannskoste kann Sojasoße zum Einsatz kommen – ein paar Beispiele: Im Fleischteig für Frikadellen oder Hackbraten, in der Schmorflüssigkeit beim Sauer-, Rinder- oder Schweinsbraten und in allen klassischen Eintöpfen aus Hülsenfrüchten (Erbsen, Bohnen, Linsen). JEDE Tunke kann mit Sojasoße gewürzt werden: von der Vinaigrette bis hin zur Pilzrahmsosse. Und zum Hit wird die Tomatensuppe mit einem Schuss des gebrauten Geschmacksverstärkers.

Aber, Vorsicht! An die richtige Menge musst du dich tropfenweise herantasten. In ein Omelett aus drei Eier gehören zwei bis drei Teelöffel von dem Zeug, bei den meisten Soßen reichen ein paar Spritzer. Und: Sojasoße ist je nach Sorte so salzig, dass du zusätzlich ein weiteres Salz verwenden solltest. Außerdem solltest du Sojasoße in Verbindung mit Milchprodukten (inkl. Käse) vermeiden, weil die Mehrheit der Esser den entstehenden Beigeschmack ablehnt. Zu Fleisch, Fisch und Gemüse geht das Zeug dagegen immer. Du kannst deine Sojasoßenkarriere übrigens damit beginnen, dass du sie überall das verwendest, wo du früher Maggi oder Fondor benutzt hast. Im zweiten Schritt ersetzt du Kochsalz durch Sojasoße, und später kannst du dazu übergehen, angebratenes Gemüse mit der asiatischen Flüssigkeit abzulöschen.

Ein Kommentar

  1. Ich bin erst gerade über diesen Artikel gestolpert . Tatsächlich hab ich in der letzten Zeit gerne aus irgendeinem Grund Sojasauce in die Salatsauce ( Essig, Öl, AB, minimal Sweet Chili Sauce ) gegeben . Jetzt weiss ich auch warum . Übrigens genau die Healthy Boy Brand ( ein weiterer Grund immer mal den SB50 Richtung Fürstenwall 212 zu nehmen ). Ich glaube , die kommt aus Thailand , aber das ist bestimmt chinesische Rezeptur . Ich hab die billigen Sorten von Discountern und eine teure chinesische vom Rewe ( die war ungeniessbar ,“ chemisch“ oder verdorben ) probiert und für unbrauchbar befunden . Und als Kind bin ich immer an das Fondor gegangen. Danke für den interessanten Artikel