Bericht · Krautrock, flüsterte jemand zwischendurch. Ja, auch, dachte ich. Aber ebenso ein bisschen Doors, Canned Heat, Status Quo, Element of Crime, NDW, Psychedelic, also alles, was zwischen 1966 und 1986 an guter Rockmusik zu haben war. Bei manchem Gitarrenriff möchte man mitsingen, der Song ist dann doch einer von Love Machine. Das Ganze ist ein Cocktail, süffig und fröhlich, auch wenn die Stimme von Sänger Marcel Rösche ziemlich viel Melancholie verströmt. Besonders in den deutschsprachigen Titeln vom aktuellen Düsseldorf-Tokyo-Album. Darin beziehen sich sechs Herren sogar eindeutig auf die Stadt, zu der sie gehören. Zufällig erzählte an diesem wundervollen Sommerabend im ZAKK-Biergarten jemand von seiner täglichen Fahrt mit dem Rad zur Arbeit… [Lesezeit ca. 3 min]
…vom schnöseligen Pempelfort aus, am schmuddeligen Worringer Platz vorbei, durch die Testosteron-Wolken der Kölner Straße bis ins bodenständige, mild spießige Eller. So ungefähr kann man sich auch das Düsseldorf-Bild der Band vorstellen. Wobei man gerade bei den deutschen Texten nie so recht weiß, ob sie einen nicht veräppeln wollen, ob sie naiv sind oder Spaß an der doppelte-ironischen Brechung haben. Das wäre zu klären so wie auch das inzwischen leicht verschwommene Image der Love Machine zu klären wäre.
Anfangs, als lokale Heroen der Rather 25, ordnete man sie irgendwie den Hippies zu. Damals sahen sie auch noch anderes aus: Sehr viel Haar auf den Köpfen an den Kinnen und vor allem über den Oberlippen. Nur wer sie live hatte erleben dürfen, konnte sich ein Bild ihres musikalischen Angebots machen. Irgendwie psychedelisch, hieß es, und: tanzbar. Nun sind die Frisuren deutlich gekürzt, die Bärte auch, und der linke Gitarrist spielt im schicken rotschwarz geblümten Sommerkleidchen. Die Kunst besteht ja darin, ein Image zu haben, aber dem Klischee zu entkommen. Kriegen sie gut hin.
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In Düsseldorf wirbelt ein Hype um diese eigentümliche Rockgruppe, der Menschen aller Altersklassen erfasst. Gestern im ZAKK dürfte die Spanne zwischen 20 und 70 gelegen haben. Wie der Frontmann mehrfach erklärte, seien die Familien und Freunde der Band anwesend. So sah das auch aus. Irgendwelche ausgeflippten Fan-Boys und -Girls gab es nicht, und die Stimmung war eher freundlich relaxt als euphorisch. Dass die Männer auf der Bühne sicher großen Spaß hatten, konnte man sehen, hören und spüren. Das galt auch schon für die Vorabend namens DRENS aus Dortmund, die mit den Love-Maschinisten eng befreundet sind, und zwar so eng, dass beide Kapellen ein schönes Stück mit dem Titel „Bicycle Rider“ spielen.
Eben noch ein Rockstück im Stile von Thems G-L-O-R-I-A und dann plötzlich Vicky Leandros‘ „Ich liebe das Leben“, erst getragen wie das Original, dann in ein wildes Punk-Getümmel überführt. Das hätten sie, so Marcel Rösche, am Vorabend beim Hauptkonzert zum Tourstart, erstmals gespielt. Natürlich wurde geschunkelt. Und genau an dieser Stelle fragte ich mich: Meinen die das wirklich alles ernst? Wenn der Sänger mit seinem volltönenden Bariton Ansagen machte, war der Grat zwischen Ernsthaftigkeit und Naivität besonders schmal.
Natürlich war das noch kein richtiges Konzert. Dagegen sprachen die Corona-Schutzmaßnahmen, durch die wir Zuschauer vereinzelt und an die Tische gebunden waren. Und wenn man in einem Biergarten, dessen Zentrum menschenleer ist, dreißig Meter von der Bühne entfernt sitzt, kriegt man auch keinen wirklich guten Sound. Das lag an den Umständen und nicht an der Tontechnik, schon gar nicht an der Qualität der Musiker. Die beherrschen ihre Werkzeuge so gut, dass sie eben (fast) alles spielen können. Genau, jetzt habe ich es: Love Machine sind Widergänger der legendären Mothers of Invention! Die haben auch die kurze Geschichte der Popmusik geplündert für ihr Werk.