Bericht · Wie oft kann man dem New-Fall-Festival-Macher Hamed Shahi eigentlich danken? Dafür, dass er schon im Sommer 2020 eine Summer Edition erfand und in Realität umsetzte? Dafür, dass er mit dem Ehrenhof, genauer: der Wiese vor dem NRW-Forum einen feinen Platz dafür fand? Oder dafür, dass er die wunderbare Sophie Hunger engagierte, die uns gestern einen wunderbaren Abend bescherte? Dabei war das NFF vor vier Jahren eigentlich schon tot. Aber Hamed sprang der Pleite gerade noch so von der Schippe, lernte Demut und brachte das Festival zurück auf den Boden. Und weil im ersten Corona-Jahr an Indoor-Konzerte im Herbst, der fürs NFF angestammten Jahreszeit, nicht zu denken war, brachte er New Fall eben in den Juli und August. Gestern hörten wir das erste von zehn Konzerten, die jeweils montags und mittwochs stattfinden. Und weil Sophie Hunger auftrat, stimmte einfach alles. [Lesezeit ca. 3 min]

Denn an einem lauen Sommerabend vor rund 700 tiefentspannten Menschen in Liegestühlen anderthalb Stunden diese Lieder zu präsentieren, war ergreifend schön. Nun hat der Verfasser dieser Zeilen Sophie Hunger bereits zum fünften Mal live erleben dürfen, und jeder Gig war anders. Die Schweizerin kann musikalisch fast alles: Sanfte Songs mit tiefgründigen Texten in englischer Sprache, skurrile Poesie zur akustischen Gitarre auf Deutsch, hier was auf Französisch, da ein Lied im Schwyzerdütsch. Mal sehr, sehr leise, mal rockig, gelegentlich nah am Jazz. Das alles ist klug und gekonnt, frei von jeder Attitüde – nein, irgendeine Masche muss Frau Hunger nicht reiten. Das hat sie nicht nötig.

NFF, Sophie Hunger: Vor dem Konzert im Ehrenhof (Foto: TD)

NFF, Sophie Hunger: Vor dem Konzert im Ehrenhof (Foto: TD)

Einer ihrer Wünsche ging in Erfüllung. Begleitet wurde sie nicht nur von ihrem Leib-und-Magen-Schlagzeuger und ihrem aktuellen Keyboarder, sondern von einem fünfköpfigen Chor, der gerade die Songs ihres neuen Albums mit dem schönen Titel „Halluzinationen“ auf zauberhafte Weise begleitete. Übrigens: Die Titel des Albums brachte sie komplett mit der Ankündigung „Wenn ich das Wort ‚Hope‘ singen, sind wir damit durch.“ Wer von aktueller Populärmusik mehr erwartet als Unterhaltung, die nicht stört, sollte sich diese Platte dringend kaufen.

NFF: Sophie und das Publikum (Foto: TD)

NFF: Sophie und das Publikum (Foto: TD)

Wie schon öfters eröffnete sie den Abend solo mit ihrem Hit „Spaghetti mit Spinat“ – damit werden Sophie-Hunger-Neulinge gleich in ihren Gedankenkosmos eingeführt. Den Abschluss bildete – leider schon nach anderthalb Stunden – ihr Freiheitsstatuenlied auf Schwyzerdütsch. Nein, grölende und pfeifende Euphorie löst dieses Programm nicht aus. Ja, die Tonanlage und Arbeit der Mixer war so gut, dass man selbst bei einer Open-Air-Veranstaltung wie dieser die meisten Texte gut verstehen konnte.

NFF: Sophie hell erleuchtet... (Foto: TD)

NFF: Sophie hell erleuchtet… (Foto: TD)

Überhaupt: Es war eine makellose Veranstaltung, der Einlass bestens organisiert, die Wartezeiten an den Getränkeständen erträglich, und genug Toiletten gab’s auch. Einzig das Bühnenlicht enttäuschte – besonders zu Beginn als die Sonne gerade hinter dem Backsteinkoloss des NRW Forums untergegangen war, stand die arme Sophie Hunger meistens im Dunkeln. Dass sie beim Komponieren und Texten ihrer Songs nie im Dunkeln steht, bewies sie wieder einmal. Und der Verfasser dieses Berichts wird sicher wieder anwesend sein, wenn die Sophie mal wieder in Düsseldorf vorbeischaut. So viel ist sicher.

[Die schlechte Qualität der Fotos ist nicht nur den Lichtverhältnissen geschuldet, sondern der Tatsache, dass der Autor seine Kamera vergessen hatte und notgedrungen mit dem Smartphone knipsen musste. Er bittet dafür um Verständnis.]

Ein Kommentar

  1. Sophie Hunger macht immer Appetit auf mehr: Mehr Songs, mehr Reisen, mehr Verstehen, mehr Einsicht – und mehr Erdbeereis!