Meinung · …ihr habt mehrheitlich dafür gestimmt, dass eure Vertreter*innen eine Kooperation mit der CDU-Fraktion im Rat der Stadt eingehen sollen. Das verwundert angesichts der Verfassung der SPD und der Zustände der FDP nicht sehr. Vermutlich haben eure Wähler*innen sich diese Konstellation auch gewünscht, ganz im Sinne der Floskel von der „bürgerlichen Mitte“. Denn davon seid ihr ein Teil. Oder: Wer die Grünen immer noch für eine linke Partei hält, der hält auch die US-amerikanischen Demokraten für eine Art SPD. [Lesezeit ca. 2 min]

Nun kommt eure virtuell entstandene Empfehlung ja nur einen Tag nachdem die hiesige CDU neben Thomas Jarzombek auch diese Sylvia Pantel als Kandidatin für die Bundestagswahl im kommenden Jahr bestimmt hat. Ja, genau, die Pantel, die den einschlägigen Maaßen nach Düsseldorf geholt, das hässliche Gesicht der sogenannten „Werteunion“, die als Rechtsaußenflügel der Christdemokraten bis vor Kurzem mediale Aufmerksamkeit genießen konnte. Bei der Kandidatin stellt sich zunehmend die Frage, ob sie überhaupt noch in der bürgerlichen Mitte hockt oder schon rechts über den Rand gefallen ist.

Noch einmal im Klartext: Ihr wollt mit den Vertreter*innen einer örtlichen Parteigliederung kooperieren, die sich mit ordentlicher Mehrheit für eine Frau entschieden hat, die immer wieder gern und öffentlich Positionen vertritt, die der grünen Programmatik zu hundert Prozent widersprechen.

Schon klar, wie ihr euch das schönreden werdet. Bei der Zusammenarbeit mit den hiesigen Christdemokraten gehe es ja nur um lokale Sachthemen, und der neue OB Keller sei doch ein netter Kerl und ein Pragmatiker, mit dem man prima auskommen kann. Besser jedenfalls als mit dem notorischen Einzelkämpfer Geisel, bei dem einem nie das Wort „Zusammenarbeit“ eingefallen wäre. Und obwohl die lokalen Sozialdemokraten heilfroh sind, den geborenen Industriemanager mit den Metropolrosinen in der Birne losgeworden zu sein, schäumen sie kollektiv wegen eurer Entscheidung für die Schwarzen.

Okay, das Weltbild der Sozen, besonders der schon etwas angejahrten, ist so klar wie altmodisch. Danach ist die CDU konservativ (wenn nicht reaktionär) und die SPD progressiv. Gerade die letztgenannte Vokabel treibt Menschen, die noch wissen, was „links“ politisch bedeutet, ein Grinsen ins Gesicht. Wenn irgendwas an der Sozialdemokratischen Partei jemals progressiv war, dann waren es die Jusos in der ersten Hälfte der Siebzigerjahre, und das ist schon ganz schön lange her.

Da die Lokalpolitik aber weder für die Stabilisierung des Kapitalismus‘, noch für dessen Abschaffung sorgen kann, kann es im Rat der Stadt um ausgeleierte Begriffe nicht gehen, sondern um notwendige Sachpolitik. Während der verstorbene OB Erwin genau wie sein spätere Nachfolger Thomas Geisel mehr zur Symbolpolitik neigten, also irgendwelche öffentlichkeitswirksame Aktionen auslösten, von denen wir Bürgerinnen und Bürger wenig oder nichts hatten, scheint Stephan Keller mehr an praktischen Lösungen interessiert zu sein. Wie es aussieht maximiert das den Konsens zwischen Grünen und CDU.

Tatsächlich spielen viele, viele Positionen, die beide Parteien auf Bundesebene immer noch scharf voneinander trennen, in der Arbeit des Rates keine Rolle. Es geht nicht um Grundsätzliches, sondern um Praktisches. Deshalb stellen sich eigentlich nur zwei Fragen: Zu welchen ökologisch relevanten Maßnahmen (Verkehrswende, Klimapolitik, Nachhaltigkeit) sind die Christdemokraten auf lokaler Ebene in der Lage, und zu welchen neoliberalen Verbiegungen (Wohnungspolitik, Ordnungspolitik) sind die Grünen bereit? Alles andere wird sich finden.

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