…wie geht es dir? Was macht das mit dir, wenn du diese Bilder vom Coca-Cola-Santa siehst, diesem verfetteten, versoffenen Blödmann im bekloppten roten Mantel mit dusseliger Zipfelmütze? Mich würde es deprimieren, wenn sich eine Karikatur von 1881 von mir verselbstständigt hätte und dieses Zerrbild vom Brauseriesen ab 1931 okkupiert worden wäre. Schlimmer ist nur noch diese unendlich bescheuerte Legende über deine Schlittenfahrten. Die kam in einem kurzen Gedicht von 1823 vor und wurde 1939 in ein Kindermalbuch übersetzt, bevor die Story ein paar Jahr später in einem Pophit vorkam. Nein, dass du angeblich am Nordpol wohnst und zu Xmas auf einem von Rentieren gezogenen Schlitten über die Vereinigten Staaten hinweg cruist, um Konsumgüter in die Schornsteine zu schmeißen, ist keine Märchen aus uralten Zeiten, sondern nicht einmal 80 Jahre alt.

Recht eigentlich bist du ja auch noch nicht so altbekannt. Jedenfalls nicht unter dem Namen „Weihnachtsmann“. Eigentlich bist du bekanntlich ein Wiedergänger des heilige Nikolaus, dem Bischof von Myra aus dem 4. Jahrhundert, der nach dem Amtsantritt sein ziemlich großes Familienvermögen unter den Bedürftigen verteilte. Der katholische Heiligenkalender hat den 6. Dezember zu seinem Tag gemacht, und schon im frühen Mittelalter wurde dem Nikolaus an diesem Tag dadurch nachgeeifert, dass die Reichen Geschenke an die Armen verteilten. Den Mann und den Brauch haben die Protestanten seinerzeit versucht, unpopulär zu machen, indem sie das Christkind erfanden, das dann an Christi Geburtstag, also am 24. Dezember als Geschenkeverteiler auftreten sollte.

Außer in den Niederlanden, da erscheint der Sinterklaas immer noch am 6. Dezember und ist für die Geschenke – eigentlich nur an Kinder – zuständig. Und dieser Brauch ist dann im 19. Jahrhundert wieder zu uns zurückgekehrt. 1770 hat dich jemand in einer Wochenzeitschrift zum erste Mal erwähnt, also das Wort „Weihnachtsmann“ benutzt. Und Hoffmann von Fallersleben, dem wir ja auch das „Lied der Deutschen“ verdanken, hat 1835 einen Song namens „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ geschrieben. Zu der Zeit wurdest du hierzulande aber immer noch im Nikolaus-Outfit, also mit Bischofsmütze abgebildet.

Ein englischer Satiriker stellte sich diesen Nikolaus Mitte des 19. Jahrhunderts zum Spaß einmal als versoffenen, dickbäuchigen Typ mit roten Wangen vor, der vollgefressen abhängt. Und weil der so schlapp ist, ist auch sein Bischofshut schlappgeworden, sodass ihm die Spitze über dem Gesicht hängt. So kam es zur Zipfelmütze. Aus dem roten Bischofsmantel, der – wie im 4. Jahrhundert da unten in Kleinasien – mit Pelz besetzt ist platzt der fette Typ beinahe raus. Der Brauch, dass ein verkleideter Mensch am Heiligabend erscheint, um Geschenke zu verteilen, ist auch nicht so furchtbar alt bzw. noch nicht sehr lange so verbreitet wie heute. Die erste Abbildung von einem schenkenden Weihnachtsmann stammt von 1863. Die Weihnachtsfeiern der bürgerlichen Oberschicht kommen noch bis zum zweiten Weltkrieg ohne Weihnachtsmann aus.

Das sollte dich alles nicht kratzen. Hauptsache, die Kinder glauben an dich.

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