Diese sehr persönlichen Kommentare und Glossen, die als Persiflage auf die schwer erträgliche „Post vom Wagner“ in der BILD-Zeitung gemeint sind, lösen bisweilen auf diesem Facebook mittlere Empörungsstürme aus, in denen Menschen auch vor wüsten Beschimpfungen nicht haltmachen. Oft heißt es dann, ich sei frustriert und verbittert. Das Gegenteil ist der Fall! Ich bin zufrieden und fröhlich, denn ich genieße das Privileg in dieser wunderbaren Stadt, der schönsten am ganzen Rhein, leben zu dürfen. Ja, ich liebe dieses Düsseldorf. Und wie das so ist mit Dingen und Personen, die man liebt: Man möchte sie schützen und bewahren. Wenn ich mich als böse und bitter äußere, dann immer, wenn irgendwer mit seinen unegalen Fingern an meinem geliebten Düsseldorf herumhantiert.

Mir ist bewusst, dass ich – wie alle konservative Menschen – bisweilen über das Ziel hinausschieße. Gerade heute ist mir ganz anschaulich klar geworden, dass Veränderungen eine Stadt auch um ein Vielfaches schöner machen können. Ich nahm einen Kaffee im KIT-Café auf der Rheinpromenade gleich gegenüber vom Apollo-Varieté und erinnerte mich daran, wie ich in den frühen Siebzigerjahren mein erstes Motorrad bei Hein Gericke kaufte. Dessen Unternehmen saß in einem alten Hafengebäude an der Speditionsstraße, das längst nicht mehr gibt. Der Hafen war eine finstere Gegend, die man nicht allzu gern freiwillig aufsuchte. Als ich mein Bike, eine Honda CB 125 mit atemberaubenden 17 PS abholte, besaß ich noch keinen gültigen Motorradführerschein (und war zu feige, trotzdem zu fahren). Also schob ich das Maschinchen.

Vorbei an abweisenden Rückwänden von Werkstätten und angeranzten Zäune, die Hammer Straße hoch. Etwa am Zollhof begann die Mauer zum Unteren Rheinwerft, das damals noch zum Löschen und Laden von Gütern genutzt wurde. Diese Mauer zog sich dann, nur unterbrochen von ein paar Treppenabgängen durchgehend bis zur Rheinterrasse hin, davor ein schmaler Bürgersteig. Zwischen dem Gehweg und der Altstadt tobte der wilde Autoverkehr auf der B1, der etwa auf Höhe des heutigen Stadttors über eine Stahlhochstraße Richtung Südring geführt wurde. Zwischen der Neusser Straße und dem Hafen ein wildes Gemisch aus Gewerbehöfen und Brachland. Nur vorne am Lahnweg als Lichtblick das Gebäude der Volkshochschule. Heute dagegen: Aufregend schöne Architektur von den Gehry-Bauten und dem WDR-Haus über das Stadttor und den Rheinturm bis zum Landtag. Die Kniebrücke war damals gerade erst drei oder vier Jahre alt und wirkte wie ein Fremdkörper.

Und dann die allerschönste Rheinuferpromenade des ganzen Universums. Wenn nicht gerade Veranstaltungen größerer Art laufen und besonders unter der Woche ein friedlicher Ort, eine Meile zum Flanieren, den Rhein und das linke Ufer immer im Blick. Eigentlich müssten wir DüsseldorferInnen täglich einmal auf die Knie fallen und den Stadtmüttern und -vätern danken, die den Mut hatten, den Rheinufertunnel bauen zu lassen. Ihnen haben wir es zu verdanken, dass diese hübsche Stadt wieder mit dem Rhein verbunden ist. Die Entscheidung, ein Gutachten über den Bau anfertigen zu lassen, fiel 1976 in der ersten Amtszeit von OB Klaus Bungert, der erste Spatenstich wurde dann in dessen zweiter Amtszeit am 15. März 1990 getätigt.

Natürlich müsste man allen Mitgliedern des Rates, die für den Tunnel stimmten, auf Knien danken, besonders aber einem Mann: Josef Kürten, der von 1979 bis 1984 Oberbürgermeister war, also Nachfolger von Bungert und dessen Vorgänger. Dabei kam es 1984 zu einem einzigartigen Kuriosum in der Stadtgeschichte: Im Rat herrschte bei der Wahl des OB eine Pattsituation, die sich auch durch tagelange Hintergrundgespräche (vulgo: Mauscheleien) und Probeabstimmungen nicht auflösen ließ. Also musste ausgelost werden, wer den Oberbürgermeister der Stadt gab – es war der Sozialdemokrat Klaus Bungert. Der CDU-Mann Kürten wurde zu einem der drei Bürgermeister gewählt. In der entscheidenden Sache, der massiven städtebaulichen Veränderung Düsseldorfs am Rhein waren sich die beiden jedoch über all die Jahre einig. Und zwar so einig, dass es ab Mitte der Achtzigerjahre de facto eine große Koalition im Stadtrat gab.

Nicht immer führen solche tiefgreifenden Veränderungen Düsseldorfs zum Besseren. Man schaue sich nur die fürchterliche Architekturwüste entlang der Toulouser Allee an oder einige der anderen Neubaugebiete, die nicht auf Basis von Visionen, sondern von reinen Investoreninteressen entstanden sind. Man schaue sich auch einmal an, wie schwierig es ist, aus den Industriebrachen, mit denen die Stadt seit den mittleren Siebzigerjahren reich gesegnet ist, etwas anzustellen, von denen die Bürger profitieren. Dies im Blick muss man Veränderungen inzwischen beinahe befürchten, vor allem solche, denen Typen wie Bungert und Kürten niemals zugestimmt hätten.

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