Rezept · In meiner Kindheit war Reis die Standardbeilage zu Königsberger Klopsen und Hühnerfrikassee. Und weil meine Mutter fürs Kochen kein Händchen hatte, kam die Erfindung des Kochbeutels für sie wie ein Himmelsgeschenk, denn danach bekam sie den Reis immer schön locker hin. Übrigens: Auch in Gastwirtschaften und Restaurants war Reis an der Tagesordnung – besonders beliebt Gerichte mit dem Zusatz „im Reisrand“ oder auch Butterreis. Weil damals in den Sechzigern das Risotto noch weitgehend unbekannt war und sich auch die reislastige Asia-Küche nicht durchgesetzt hatte, stellte man sich unter Reis immer die langkörnige Sorte vor, die so gekocht sein sollte, dass die Körner nicht zusammenkleben. Diese Art Reisbereitung ist inzwischen völlig aus der Mode. Weil ich körnigen Reis aber liebe (und ihn auch ganz gut hinkriege), war ich elektrisiert, als ich in der englischen Tageszeitung The Guardian eine Anleitung fand. [Lesezeit ca. 4 min]

Ohnehin ist The Guardian mir wegen der vielen Rezepten von Nigel Slater und Yotam Ottolenghi ein ständiger Kochbegleiter, aber dass die sich dort mit der Lyonnaiser Art Reise zu kochen befassen, amüsierte mich doch. Natürlich musste ich die Sache ausprobieren … und nach einem erfolgreichen Test ein wenig feintunen. Hier das Ergebnis:

Die Zutaten (für 4 Beilagenportionen):

180 g Langkornreis
360 ml Gemüse- oder Hühnerbrühe
1 größere oder zwei kleinere Schalotten
80 g Butter
1 Schuss Weißweinessig
100 ml Weißwein
Salz
Pergament- bzw. Butterbrotpapier

Die Zubereitung:

Bevor wir in die Details der Produkte und die Arbeitsschritte gehen, hier mal die Grundidee: Der Reis wird im Topf, abgedeckt mit Pergament, im Ofen gegart. Die entscheidende Rolle spielt das Papier. Früher nannte man Pergament auch „Pauspapier“, heute findet man ein ähnliches (für dieses Rezept geeignetes) Produkt, das Butterbrotpapier. Es hat den Vorteil als Membran zu fungieren, also dafür zu sorgen, dass exakt so viel Flüssigkeit durchkommt wie gewünscht. Achtung! Backpapier eignet sich wegen seiner Beschichtung nicht! Zweitens: Weil der Reis ins Rohr kommt, brauchst du einen hitzefesten Topf – am besten tut’s ein gusseiserner. Der muss rund sein, denn der Inhalt wird mit einem passend zugeschnittenen Stück Butterbrotpapier abgedeckt. Um das Papier zuzuschneiden, nimmst du ein ausreichend großes, quadratisches Stück Papier, legst den Topfdeckel drauf und zeichnest den Umriss ab. Dann schneidest du mit der Schere ein kreisförmiges Stück aus, immer ungefähr einen Daumenbreit nach innen entfernt von der Linie, das wird passen. Vor der Verwendung butterst du eine Seite des Pergamentkreises leicht ein.

Deutschland ist definitiv kein Reisesserland. Deshalb wird hier im Prinzip nur zwischen Milchreis, Basmati- und Langkornreis unterschieden. In anderen Ländern findet man in jedem Supermarkt mindestens ein Dutzend Sorten (in Frankreich übrigens auch nicht, weil die Region um Lyon herum die einzige ist, in der regelmäßig Reis verzehrt wird). Um also einzugrenzen, was sich für diese Methode eignet und was nicht, müssen wir genauer unterscheiden. Risotto- bzw. Milchreissorten, also solche mit mehr oder weniger runden Körner scheiden aus. Von den Sorten mit langen Körnern scheiden diejenigen aus, die weichkochend sind; dazu gehören alle Arten Klebe- und Sushi-Reis. Indischer Reis wird hierzulande meist als Patna-Reis angeboten; der passt prima. Aber auch Sorten aus Indonesien und den Philippinen sind gut. Basmati geht so, Jasmin-Reis hat einen zu intensiven Duft. Es lohnt sich, in gut sortierten Asia-Läden nach echtem Patna-Reis zu suchen. Der zählt zu den hartkochenden Sorten und gibt beim Garen wenig Stärke nach außen ab. Er muss auch nicht gewaschen werden; es reicht, ihn ein paar Mal unter fließend kaltem Wasser im Sieb zu schwenken und dann zum Trocknen auf ein Küchenhandtuch zu geben.

Im Guardian-Rezept wird Hühnerbrühe empfohlen, ich hab selbstgezogene Gemüsebrühe verwendet. Man nimmt ja ohnehin nur Brühe, um mehr Geschmack in den Reis zu kriegen. Beim ersten Versuch habe ich zudem festgestellt, dass die im Rezept angegebenen Flüssigkeitsmengen zu groß sind und deshalb beim zweiten Mal reduziert. Ich empfehle, dass du dich beim ersten Mal sklavisch an meine Mengenangaben hältst und beim zweiten Versuch nach deinem Geschmack variierst.

Den Backofen heizt du auf 180° Umluft vor. Die Brühe sollte vor der Verwendung heiß sein. Lass 40 g Butter im Topf schmelzen. Schneide die Schalotte(n) sehr fein und lass sie dann in der Butter weich werden, aber nicht braun. Schütte den abgespülten und leicht getrockneten Reis dazu und rühre so durch, dass jedes einzelne Reiskorn anschließend fettig glänzt. Notfalls füge ein bisschen Butter hinzu. Gib den Schuss Weißweinessig hinein und rühre durch, gieß dann den Weißwein an und lass die Flüssigkeiten bei mittlerer Hitze fast ganz verdampfen. So ziehen die Säurearomen in die Reiskörner.

Gieß jetzt die heiße Brühe in einem Schwung dazu, rühre einmal um und stell die Platte auf volle Hitze. Sobald es brodelt, schalte die Flamme aus. Schmeck vorsichtig mit Salz ab, rühre noch einmal durch und leg den Deckel auf. Lass die Sache 2~3 Minuten in Ruhe. Nimm nun den Deckel wieder runter und ersetze ihn durch den Papierkreis, den du leicht auf die Oberfläche der Reismasse drückst – gebutterte Seite nach unten. Stell den Topf so in den Ofen und lass den Reis 15 Minuten unter dem Pergamentpapier garen. Schalte nach 10~12 Minuten die Hitze im Rohr aus – die Restwärme reicht. Probier nun, ob die Körner perfekt sind, also nicht zu hart sind. Falls doch, gib der Sache noch 2~3 Minuten im Ofen. Hol den Pott raus, entfern das Papier und gib die restliche Butter in den Reis. Sobald die Butter geschmolzen ist, rühr den Reis mit einer Gabel durch, bis sich durch das Fett verklebte Körner voneinander gelöst haben. Du wirst den perfekten lockeren Reis bekommen, der von luftig von der Gabel fällt wie in der Kochbeutelreisreklame damals.

Varianten: Den Essig kann man weglassen – ich mag seine Säure allerdings. Du kannst beim Weißwein mit fruchtigen und sehr trockenen Sorten experimentieren; mir hat es am besten mit einem Riesling gefallen. Anstelle von Schalotten geht auch eine kleine rote Zwiebel. Ein Hauch frisch geriebene Muskatnuss passt, ist aber nicht original. Auch den Essig durch Zitrone zu ersetzen, ginge, führt aber in eine andere Geschmacksrichtung.

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