Klingt vornehm, aber unter ihrem deutschen Namen weckt die Consommé bei mir einen ganzen Strauß an Erinnerungen. Denn als diese Suppe in ordentlichen Restaurants noch als Kraftbrühe vor dem Hauptgang serviert wurde, da habe ich sie nicht selten bestellt. Und bei den Familienfeiern auf dem Land gab es dieses Luxusbrühe obligatorisch vor der gemischten Bratenplatte. Ja, Luxus ist diese Sache, könnte man meinen; a) weil viel Fleisch verarbeitet wird und b) das meiste vom Fleisch einfach weggeworfen wird. Das muss aber sein, will man die Essenz des Geschmacks im Teller haben. Wobei der wesentliche Unterschied zur Rindfleischsuppe ist, dass die angefertigte Brühe geklärt wird. Das alles geht nicht an einem Tag, weil die Rinderbrühe über Nacht komplett abkühlen muss is man mit dem Klären beginnen kann.
Nach der folgenden Bedienungsanleitung entstehen aus anfangs 8 bis 9 Litern Flüssigkeit höchstens 1,5 Liter Consommé – auch das muss man wissen, soll die Kraftbrühe Gästen vorgesetzt werden. Mit ein oder zwei oder mehr Einlagen eignet sie sich aber auch hervorragend als Hauptspeise. In der wienerischen Küche gehören Grießnocken hinein und/oder Leberklöße sowie eine feine Julienne. War das Ausgangsfleisch von besonders guter Qualität, kannst du davon die allerbesten Stücke klein schneiden und in die Brühe geben. Im Rezept geht es aber nur um die Herstellung der Consommé. Ist mehr entstanden als gebraucht wird, kann Kraftbrühe wunderbar eingefroren werden – nachdem schon Einlagen drin sind, eher nicht. Da stellt man sie in den Kühlschrank und serviert sie am folgenden Tag noch einmal.
Die Zutaten für einen 8-Liter-Ansatz:
Um ehrlich zu sein: Ohne einen 10-Liter-Topf geht das Ganze nicht; kleinere Menge kriegt man nicht so gut hin; außerdem blieben zum Beispiel bei 4 Liter Ansatz kaum 500 ml übrig, was sich kaum lohnt. Ordentliche 10-Liter-Pötte bekommt man aber selbst im Gastro-Fachhandel schon für knapp 40 Euro (inkl. Deckel), eine Anschaffung, die sich lohnt.
für die Brühe
ca. 700 g Suppenfleisch vom Rind
1 mittelgroße Beinscheibe vom Rind (à ca. 700 g)
2 Rindersandknochen
2 Rindermarkknochen
1 Gemüsezwiebel
1 dicke Möhren
ca. 1/3 Sellerieknolle
(optional) 1/2 Petersilienwurzel
1/2 Porree
Salz, 2 Lorbeerblätter, 10~12 schwarze Pfefferkörner
zum Klären:
500 g Rinderhack (nicht zu mager!)
3 Eiweiß
1 dünne Möhre
1 Stück Knollensellerie
1/2 Porree
Salz
Werkzeug:
10-l-Topf
3- oder 4-l-Topf
Pfanne
kleinerer Kochtopf zum Blanchieren der Knochen
Schaumlöffel
Sieb
Tuch zum Durchseihen
Die Zubereitung:
Alle Komponenten der Brühe sollten vorbereitet sein, bevor es losgeht. Möhre, Sellerie und das Grüne vom Lauch in grobe Stücke schneiden. Die Gemüsezwiebel halbierst du mit Schale und lässt die Schnittflächen dann in einer fettlosen Pfanne schwarz anrösten. Die Knochen müssen blanchiert werden. Dazu setzt du in einem zweiten Topf Wasser zum Kochen auf und spülst die Knochen unter fließendem kaltem Wasser ab, um etwaige Splitter zu entfernen. Dann gibst du sie für 3~4 Minuten in das kochende Wasser. Nimm sie raus und schreck sie unter kaltem Wasser ab. Wasch das Suppenfleisch und die Beinscheibe ebenfalls sorgfältig unter fließendem kaltem Wasser ab.
Füll zwischen 8 und 9 Liter Wasser in den großen Pott, leg die Knochen hinein und lass die Sache einmal kurz aufkochen. Gib dann die beiden Fleischstücke, die Zwiebelhäften und eine sanfte Prise Salz dazu. Reduzier die Hitze und lass die kommenden Brühe ungefähr 4 Stunden sanft köcheln – es sollten sich gerade so Wellen an der Oberfläche bilden. Etwaigen grauen Schaum nimmst du mit dem Schaumlöffel ab. Nimm nach dieser Zeit das Fleisch raus und stell es beiseite.
Wirf dann das Gemüse sowie Pfefferkörner und Lorbeerblätter mit hinein und lass die ganze Geschichte noch einmal 30~45 Minuten köcheln. Du wirst feststellen, dass sich die Flüssigkeit über diese Zeitspanne hinweg um mindestens die Hälfte, eher um 60 Prozent reduzieren wird. Lass die Brühe nun auf der ausgeschalteten Herdplatte auf Handwärme runterkühlen (was noch einmal mindestens 1, eher 2 Stunden dauern wird. Entnimm die Knochen und entsorge sie. Es folgt der erste Reinigungsvorgang.
Leg ein Sieb mit dem Tuch aus – ich verwende seit Langem Stoffwindeln, die so groß sind, dass man zwei Stücke draus schneiden und diese doppelt nehmen kann. Gieß nun vorsichtig die Brühe aus dem Riesenpott in den eigentlich Suppentopf. Ist alles durch, liegt das Gemüse im Sieb; du kannst es leicht ausdrücken, um das Restaroma in die Brühe zu überführen. Leg das Fleisch in die Brühe und stell den Topf kalt – im Herbst und Winter geht das ganz gut draußen auf dem Balkon. Für den Kühlschrank wird der Topf zu groß sein; dann muss der Pott eben an den kühlsten Ort in der Wohnung.
Beim Klären geht es darum, die diversen Schwebstoffe aus der Brühe zu ziehen. Dazu dient ein Gemisch aus Hack und Eiweiß sowie Gemüsewürfel. Würfle also Möhre, Sellerie und das Weiße vom Porree sehr klein. Vermisch das Hackfleisch mit dem Eiweiß, einer Prise Salz und den Würfelchen. Dazu benutzt du entweder einen Kochlöffel, einen Schneebesen oder einfach die Hand. Das Ergebnis sollte halbwegs homogen sein. Hol das Fleisch aus der Brühe und setz den Topf auf.
Rühr die Hack-Eiweiß-Gemüsemischung sorgfältig in die Brühe ein und lass das Ganze unter ständigem Rühren aufkochen. Sobald es brodelt, stell das Rühren ein. Lass die Suppe ungefähr 2~3 Minuten volle Kanne kochen. Zieh den Topf dann vom Feuer. Nach und nach wird die Hack-Ei-Mischung an die Oberfläche steigen und beim Abkühlen langsam fest werden. Gib der Sache gut 1 Stunde Zeit. Dann ist der Kuchen an der Oberfläche fest geworden. Heb ihn in Stücken von der Brühe; dieses Zeug hat nun den größten Teil der Eiweißflocken und der feinen Teilchen aus der Brühe gezogen und gebunden … und kann weg.
Und noch einmal wird die Brühe durch ein Tuch und ein Sieb abgeseiht. Kommt zurück in den Topf und wird noch einmal mit Salz aufgekocht. Aber wirklich nur aufgekocht und nicht weiter der Hitze ausgesetzt. Zuletzt regulierst du per Nachwürzen den Salzgehalt.
Wenn alles geklappt hat, hast du ungefähr 1~1,5 l goldgelbe, transparente Kraftbrühe im Topf, eine Flüssigkeit, die so intensiv und edel schmeckt, dass man sie einfach so trinken möchte. Sollen Einlagen hinein, beachte folgende Tips: Eine feine Julienne mit streichholzdicken Streifen von Möhre und Sellerie braucht ungefähr 15 Minuten, um in der heißen Brühe gar zu ziehen. Grießnocken garst du besser nicht in der Brühe, sondern in Wasser, lässt sie gut abtropfen und legst sie in den jeweiligen Teller. Erst dann füllst du die Consommé ein. Nimm vom Suppen- bzw. Beinfleisch wirklich nur die zarten, schieren Stücke und halte dich von Häuten, Sehnen und dergleichen fern. Probier ein Stück: Schmeckt es nach nichts, hast du es gut ausgekocht; es eignet sich dann nicht mehr als Einlage. Markklößchen wären auch fein, aber die Markknochen moderner Rinder – auch solcher aus Bio-Zucht – eignen sich nicht mehr für echte Markklößchen; du kannst mit einschlägigen Rezepten Fake-Markklößen versuchen. Eistich passt auch ganz.
3 Kommentare
Was ist denn mit dem Mark heutiger Rinder? Und wie gehen „richtige“ Markklößchen? Ich kenne nur die Variante mit Mark, Ei und Weißbrot.
Aufgrund der Fütterung (das gilt mit Einschränkungen auch für biologisch angebaute Rinder) hat sich die Zusammensetzung von Mark verändert, was die Bindung und den Geschmack verschlechtert hat. Mit mehr Ei und Brösel kriegt man es hin, aber es schmeckt nicht mehr wie früher…
Interessant. Früher habe ich immer gerne das Mark aus der gekochten Beinscheibe gemopst, heute gar nicht mehr. Ich dachte mein Geschmack hätte sich geändert.