Bevor die Kniebrücke und der Rheinturm das Panorama Düsseldorfs prägten, bildeten für knapp 100 Jahre der schiefe Turm der Basilika St. Lambertus und der Schlossturm auf dem Burgplatz das Gesicht der Stadt vom Rhein aus gesehen. Aber über fast 600 Jahre gab es ein anderes Bauwerk direkt am Strom, das als Wahrzeichen für Düsseldorf stand: das herzogliche und kurfürstliche Schloss, das 1288 als Burg des Grafen von Berg begann. Der hatte das winzige und unbedeutende Dorf nach der Beteiligung seiner Bauern und Fischer an der Schlacht bei Worringen zur Stadt erhoben – auch weil das Örtchen so günstig am Fluss lag. Der Legende nach ritzte er die Umrisse des Dorfes mit einem Messer auf einer Tischplatte und stach die Klinge an der Stelle uns Holz, an der die Burg entstehen sollte.
Das war auf einer der vielen Inseln, die im damals noch völlig unregulierten Rhein mit seinen vielen Armen nördlich der neuen Stadt lag. Aus der rein militärisch gedachten Burg wurde ab 1549 in der Ägide Wilhelm des Reichen das Schloss, das weitere 350 Jahre lang das Zentrum Düsseldorfs bilden sollte. Mehrfach wurde es um- und ausgebaut und um Anbauten erweitert. Auch der nordwestliche Turm änderte mehrfach seine Gestalt und bekam jedes Mal eine neue, anders geformte Haube aufgesetzt. Hier residierten Jan Wellem und seine für die Entwicklung der Stadt so ungeheuer bedeutende Gemahlin Anna Maria Luisa, eine geborene d’Medici aus Florenz. Hier wurden Fest gefeiert, hier entstand die erste eigenständige Gemäldegalerie der Welt, hier trafen sich die Schönen und Reichen des Barockzeitalters und sorgten dafür, dass dieses winzige Dörfchen an der Düssel zu einer europaweit bekannten Residenzstadt wurde. Und dann geschah es: In der Nacht vom 19. auf den 20. März 1872 brach ein Feuer aus, das sich rasch durch den Nord- und Westflügel fraß und mit den damaligen Mitteln nicht gelöscht werden konnte. Nur der Südflügel und dort der Schlossturm blieben als Ruinen stehen. Der Rest wurde abgetragen. Und 1896, mitten im ersten großen Boom der Stadt, beschloss man die Ruine abzureißen, um so Platz für die Vorverlegung des Rheinufers und seine Umgestaltung zu gewinnen. Was die Stadtplaner jener Jahre dazu bewogen haben mag, den freistehenden Turm unangetastet zu lassen und sogar wieder nutzbar zu machen, ist unklar. Jedenfalls steht das heute fünfstöckige Bauwerk seitdem am Nordrand des Burgplatzes, der in etwa dem Baugrund der alten Burg entspricht. Vielleicht war es ja die Tatsache, dass die unteren drei Stockwerke des Schlossturms noch aus dem 13. Jahrhundert stammten und die letzten Zeugen des ursprünglichen Baus darstellten, die für seine Schonung sorgten. 1552 hatte man ein viertes, neuneckiges Geschoss aufgesetzt, das fünfte Stockwerk, die sogenannte Laterne, kam 1845 dazu. Über die lange Zeit seiner Existenz trug der Schlossturm manchmal ein Flachdach, über lange Zeit eine zwiebelförmige Haube aus Kupfer und dann ab 1909 ein Dach in flacher Pyramidenform. Die hell getünchte Fassade, die den Bau vom Rhein aus so gut erkennbar macht, trug der Turm erstmals in den Zwanzigerjahren. Nach dem zweiten Weltkrieg stand das weitgehend unbeschädigte Gebäude teils leer oder wurde als Magazin für städtische Dinge genutzt. Nach einigem Hin und Her und auf Drängen der Freunde des Schifffahrtsmuseums (das seit Kriegstagen heimatlos war) beschloss der Rat der Stadt, den Schlossturm zu renovieren und passend umzubauen, und seit 1984 ist dieses wunderbare Museum im Turm untergebracht. In der Laterne gibt es ein italienisches Café, in dem man herrlich frühstücken und den Rundumblick über den Rhein und die Altstadt genießen kann.