Die meisten Menschen, die in Homberg dieses Bauwerk sehen, wissen gar nicht, dass dieser sogenannte „Hebeturm“ eines der letzten Zeugen einer vergangenen und relativ kurzen Phase der Eisenbahngeschichte ist. Denn während des ersten großen Booms des Güterverkehrs auf der Straße und der Gründung des Kaiserreichs entstand kürzester Zeit der dringende Bedarf, die Züge aus dem Ruhrgebiet auf die linke Rheinseite zu bringen. Ja, denkt man da, hätten die doch Brücken bauen sollen. Aber genau das wollten die deutschen Militärs nicht, weil sie der Ansicht waren, dass Brücken über den Rhein strategische Schwachstellen im möglichen Krieg gegen Frankreich seien. Deshalb sollten feste Überführungen für die Eisenbahn nur in Garnisonsstädten entstehen, wo die militärische Sicherung der Bauwerke gegeben war – Duisburg zählte nicht dazu.

Zu wenig Brücken über den Rhein

Überhaupt reichten die vielen Fähren über den Rhein in unserer Region für den Personen- und den Nahlastverkehr aus, sodass zunächst wenig Bedarf an Straßenbrücken bestand. Außerdem hatte sich – z.B. in England – eine andere Technologie bereits bewährt: Bereits 1850 wurde die Leviathan genannte und von Thomas Bouch konstruierte Dampffähre als Trajekt über den Firth of Forth eröffnet, das den Norden Schottlands für den Eisenbahnverkehr erschloss. Dass man auch Lokomotiven, Waggons und ganze Züge mit Fähren über Gewässer bringen könnte, daran hatte zunächst niemand gedacht. Zumal die Frage aufkam, wie man denn die Garnituren auf die Fähre bekommen sollte. Eine Schlüsselidee bestand darin, das Schiff nach dem Roll-on-Roll-off-Prinzip zu bauen, sodass die Züge vorwärts auf und auch wieder von der Fähre herunterfahren konnten. Ein zweites Problem stellte die Verbindung zwischen den Gleisen am Ufer und denen auf dem Schiff dar.

Während die Ingenieure solche Eisenbahnfähren zunächst nur dort einrichteten, wo Fluss und Ufer flache Rampen erlaubten, stellte sich für die Erbauer der Homberg-Ruhrorter-Trajektanstalt die Frage, wie sich das Verladeproblem lösen ließen:

Mangels Erfahrungen in Deutschland entschloss sich die Ruhrort-Crefeld-Kreis Gladbacher Eisenbahn-Gesellschaft, die Trajektierung von Eisenbahnwagen mit einer einfachen Rampenanlage zu beginnen und andere Möglichkeiten im Ausland erst noch zu prüfen. Nachdem um 1850 an beiden Ufern gesonderte Hafenbecken ausgebaggert waren – die noch heute vorhandenen Eisenbahnbassins – wurden zur Überwindung der hohen Ufer schräge Rampen mit einer Neigung von 1:12 angelegt und darauf Schienen bis ins Wasser hinein verlegt. Lokomotiven ließen über diese Gleise die Waggons zunächst an Ketten, später an Seilen zu den Fährponten hinab bzw. zogen sie am anderen Ufer wieder herauf. [Quelle: Wikipedia]

Die Technik

Der Homberger Hebeturm vom Rhein aus gesehen (Foto: RIK/Reinhold Budde)

Der Homberger Hebeturm vom Rhein aus gesehen (Foto: RIK/Reinhold Budde)

Aber man dachte weiter und bestellte schließlich eine hydraulisch bewegte Plattform bei einer englischen Firma und ließ einen passenden Raddampfer bauen. Für die Plattform wurden schließlich an beiden Ufer Türme errichtet, in denen die Technik untergebracht wurde. Am 1. Mai 1954 ging die Anlage in Betrieb, die bis zu 8,50 Meter Höhenunterschied zwischen den Gleisen und der Fähre überbrücken konnte. Dem ambitionierten Bauwerk bleib nur eine kurze Karriere vorbehalten. Denn ab 1870 wurden überall am Rhein Eisenbahnbrücken gebaut, die solche Trajekte überflüssig machten. Ganz genau ist nicht bekannt, wann die Homberg-Ruhrorter-Trajektanstalt ihren Betrieb einstellte; voraussichtlich wurden schon ab Mai 1885 keine Kohlezüge mehr per Fähre übergesetzt. Beide Hebetürme blieben zunächst funktionslos stehen, aber nur der auf der Homberger Seite blieb erhalten und gilt heute als Wahrzeichen der zu Duisburg gehörenden Stadt.

Im Hebeturm, dem Wahrzeichen der ehemaligen Stadt Homberg (Niederhein), befand sich von 1928 – mit Unterbrechung durch den 2. Weltkrieg – bis 1987 eine Jugendherberge. Auch die Bücherei war dort für einige Jahre untergebracht. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz und ist seit 1989 in Privatbesitz des Künstlers Willi Kissmer, der in diesem Gebäude auch sein Atelier hat. [Quelle: Freundeskreis Historisches Homberg]

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