Auch wenn diese Eisenbahnbrücke im Kölner Süden nach knapp vier Jahren Bauzeit erst im April 1910 für den Güterverkehr freigegeben wurde, stellt sie doch eine Besonderheit unter den Rheinbrücken dar: Man hat beim Bau und auch beim Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg besonders auf die ästhetische Wirkung des Bauwerks geachtet. Ungewöhnlich ist auch, dass die Torbauten auf dem linken Ufer vollständig wiederhergestellt wurden. So wundert es nicht, dass die Südbrücke die einzige Eisenbahnbrücke weit und breit ist, die dem Denkmalschutz unterliegt.
An dieser Stelle einmal ein kurzer Exkurs zur Geschichte der Eisenbahnbrücken über den Rhein. In der Frühzeit der Eisenbahn in Deutschland wirkte der große Strom auf seiner ganzen Länge wie ein unüberwindliches Hindernis für den schienengebundenen Verkehr. Hatte man doch die (wenigen) Rheinbrücken beinahe durchweg als gemauerte Bogenbrücken ausgeführt, eine Technik, die nur eine begrenzte Belastbarkeit mit sich bringt, und die reichte und reicht für den Eisenbahnverkehr nicht aus. Erst die enormen Fortschritte in den Herstellungsmethoden für Eisen und Stahl, aber auch in der Ingenieurskunst ab etwa 1850 machten den Bau von tragfähigen, sicheren Brücken über den großen Fluss möglich. So entstand die erste Eisenbahnbrücke Deutschlands – sie ist heute noch in Betrieb – ab 1858 beim badischen Waldshut als Verbindung hinüber ans Schweizer Ufer. Wie die Mehrheit aller Brücken bis etwa 1880 handelt es sich um eine Kastenfachwerkbrücke, die in drei Teilen vorgefertigt und dann vor Ort über die Pfeiler vorgeschoben und anschließend verbunden wurde. Wenig später fand man heraus, dass Bogenbrücken nicht nur eine größere Tragfähigkeit ermöglichten, sondern wesentlich weniger gefährdet durch die typischen Vibrationen des Zugverkehrs sind. Also wurden – dies gilt vor allem für unsere Region – alle späteren Eisenbahnbrücken in der einen oder anderen Varianten der Bogenbauweise ausgeführt. Der Bau der Südbrücke stand unter keinem guten Stern. Man hatte zunächst die Strompfeiler aus Beton im Flussbett gesetzt. Diese Strom- sowie die bereits fertigen Landpfeiler hatte man für die Montage der Stahlkonstruktion über eine hölzerne Hilfskonstruktion miteinander verbunden. Am 9. Juli 1908 brach dieses Gerüst zusammen, und fast vierzig Arbeiter stürzten zusammen mit den Trümmern in den Rhein. Am Ende zählte man acht Tote und 14 Verletzte. Wegen des Unfalls wurde auf eine feierliche Eröffnung verzichtet. Wie die meisten Eisenbahnbrücken, die zwischen 1900 und 1910 errichtet wurden, sollte die Südbrücke dem Güterverkehr vorbehalten bleiben und – das war im Kaiserreich wichtig – eine militärische Funktion ausfüllen. Insofern waren die Turmbauten an beiden Ufern auch nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern sollten eine mögliche Verteidigung der Brücke gegen feindliche Angriffe erleichtern. Berühmt sind die Torbauten wegen ihres reichen Schmucks aus gestaltetem Sandstein, dessen Abbildungen sich mit der Geschichte des Rheins und der Schifffahrt befassen.Bis heute fahren fast ausschließlich Güterzüge über die Brücke; nur wenige Regionalzüge nutzen sie, und ganz selten werden Fernzüge über die Südbrücke als Umleitung geführt. Aber: Von Beginn an diente die Südbrücke auch den Kölnern, die den Rhein zwischen Bayenthal und Poll zu Fuß überqueren wollen. Das führte zu dem Kuriosum, dass die Brücke selbst selbstverständlich im Besitz der jeweiligen Bahngesellschaft war und ist, die Fußgängerstege aber der Stadt Köln gehören. Auch die Südbrücke wurde im zweiten Weltkrieg zerstört. Lange bevor wieder Züge über sie fuhren, konnten die Menschen das Bauwerk schon benutzen, um vom linken ans rechte Ufer und umgekehrt zu gelangen.
[Titelbild: Eckhard Henkel via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 DE]