Rezept · Kürzlich erinnerte ich mich an Tante Hiltrud, die Gattin von Onkel Conny aus Krefeld, die ihrem lettischen Ehemannmeist etwas Russisches kochte, weil sie selbst das war, was man eine „Beutedeutsche“ nannte. Von ihr lernte ich nicht nur, wie man diese wunderbaren Buchweizen-Blini zubereitet, sondern dass für die russisches Küche prägend ist, dass man (fast) überall Mayonnaise dranmacht. Und zwar auf keinen Fall selbstgemachte, sondern diese besonders fette aus industrieller Herstellung. Und, ja, Tante Hiltrud stand ganz in dieser Tradition. Deshalb war ihr Salat aus Hühnchenfleisch, Kartoffeln, Erbsen und Eier auch eine ziemlich mächtige Angelegenheit … aber lecker. Die Erinnerung trieb mich an nach Rezepten für diesen Salat zu suchen. Ich fand Dutzende Vorschläge für diese Kombination unter Dutzenden verschiedenen Namen und mit Dutzenden angeblicher Originalherkünfte. Aus diesen Funden destillierte ich eine Version, die so lecker ist wie Tante Hiltruds russischer Salat, aber leichter, ja, beinahe sommerlich frisch. [Lesezeit ca. 3 min]
Die Zutaten (für 2 Portionen als Hauptmahlzeit):
ca. 1~2 gebratene oder gegrillte Hähnchenschenkel (siehe unten)
knapp 300 g festkochende Kartoffeln
ca. 150 g TK-Erbsen
2 hartgekochte Eier
2~4 Gewürzgurken
3~4 Lauchzwiebeln
ca. 60 g Mayonnaise (siehe unten)
ca. 90 g griechischer Joghurt
Saft von einer 1/2 Zitrone
1 Bund Dill
1 Handvoll gehackter Schnittlauch
Salz, Pfeffer
Die Zubereitung
Wichtig: Das Hühnchenfleisch MUSS vorgegart sein, am besten stammen die Schlegel von einem Brathähnchen. Natürlich kannst du auch Reste von einem selbstgebratenen Hähnchen nehmen. Ich habe auf den Hühnermaxe zurückgegriffen, der in in seinem Verkaufswagen wirklich prima gewürzte halbe Hähnchen anbietet – hoffentlich von glücklichen Hühnern. Vermutlich geht das Rezept auch mit gekochtem Hühnerfleisch, aber vermutlich fehlt ihm dann auch etwas. Jedenfalls enthäutest du die Schenkel, zupfst das Fleisch von den Knochen und zerlegst es in etwa gleichgroße Stücke.
Bei den Kartoffeln würde ich für eine meiner Lieblingssorten plädieren, die schöne Annabelle. Aber jede andere wirklich festkochende Sorte tut es auch. Die Kartoffeln kochst du in der Schale. Dann lässt du sie auskühlen, schälst sie und schneidest sie in Würfel und um die 1 cm Kantenlänge. Die TK-Erbsen taust du auf, das Weiße (und ein bisschen Grün) von den Lauchzwiebeln schneidest du in nicht zu feine Ringe. Die (am besten Stunden vorher) hartgekochten Eier schneidest du ebenfalls in kleine Würfel – das geht übrigens prima mit einem Eierschneider, indem du jedes Ei jeweils im 90 Grad gedreht dreimal durch die Drähte jagst.
Von Bedeutung sind auch die Gewürzgurken. Das einzige Manko beim Geschmack meines Russensalats lag an ihnen. Tante Hiltrud verwendete wahrscheinlich diese extrasauren Essiggurken wie man sie in Russland kennt. Ich nahm einfach die üblichen Gewürzgurken aus dem Glas, die einfach zu sanft waren. Die Menge hängt übrigens von der Größe ab – es gibt Gläser mit riesigen Dingern, welche mit mittelgroßen und dann auch noch Cornichons. Du kannst hier die Menge nach Gefühl bestimmten – wie es in diesem Rezept ohnehin nicht auf genaue Mengen ankommt.
Worauf es ankommt, ist die sogenannte „Mayonnaise“. Nein, diese 70-prozentige Industriepampe allein wollte ich nicht nehmen. Die Salatcreme namens „Miracle Whip“, die ich gern für Kartoffelsalat verwendet, hat zu viel Eigengeschmack. Also lief es doch auf selbstgemachte hinaus. Mit dem Zauberstab quirlte ich eine aus 1 Eigelb und 1 ganzen Ei, einem guten TL mittelscharfen Löwensenfs und ca. 30 g Rapsöl. Gewürzt habe ich diese Majonäse nur mit ein wenig Salz. Um die notwendige Menge an Salatsoße zu bekommen, habe ich diese Basis dann mit 4~5 EL Volljoghurt verrührt. Erst diesen Zustand habe ich dann mit dem Saft einer 1/2 Zitrone und einem Bund sehr feingehacktem Dill gewürzt. Dill ist übrigens auch eine typisch russische Zutat. Zuletzt musst du die Tunke dann mit Salz und Pfeffer abwürzen.
Als erstes wirfst du die Kartoffelwürfel und die Hühnchenfetzen in eine passende Schüssel. Dann gibst du Gurken- und Eierwürfel sowie die Scheiben von der Lauchzwiebel dazu. Heb alles sanft durch, damit es gut durchmischt ist. Gieß die Salatsoße drüber und verteil sie mit dem Salatbesteck gleichmäßig unter den Inhalt. Dieses Gericht wird übrigens nicht kühlschrankkalt gegessen. Du solltest es daher ungefähr ein bis zwei Stunden vor dem Verzehr zugedeck bei Zimmertemperatur durchziehen lassen. Vor dem Servieren streust du den Schnittlauch darüber. Dazu gibt es Bauernbrot.
Dreh- und Angelpunkt ist die Soße, mit der ich einige Male experimentiert habe. Du kannst sie mit mehr Zitronensaft noch frischer machen, mit einem Hauch Zucker runder. Außerdem ist gehackte Petersilie denkbar. Andere Gewürze solltest du vermeiden. Kann mir vorstellen, dass Tante Hiltruds russischer Salat auch gut beim Grillen ankommt.