Das Ding unterm Heck eines Schiffes erscheint so selbstverständlich, dass man gar nicht glaubt, es handele sich um eine Erfindung. Tatsächlich hatten sich die Erfinder des Dampfschiffes, dessen erste Vertreter schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch die Gegend tuckerten, wenig Gedanken darüber gemacht, wie die Kraft der Antriebsmaschine das Gefährt vorwärtsbringen sollte; sie hatten sich am Mühlrad orientiert, das damals bereits einige Jahrtausende lang überall auf dem Erdball im Einsatz war, um Wasserkraft zu nutzen. Außerdem hatte der gute, alte Leonardo da Vinci bei seinem mit Körperkraft angetriebenen Kahn auch schon auf Schaufelräder gesetzt. Also waren die ersten Dampfer der Geschichte allesamt Raddampfer. Und, wer weiß, wenn Nicolaus August Otto nicht den Verbrennungsmotor und Rudolf Diesel nicht die nach ihm benannte Maschine erfunden hätten, ob selbst große Schiffe heute nicht immer noch mit Schaufelrädern für Vortrieb sorgen würden.

Die Lousianna, ein echter Schaufelraddampfer (Quelle: Wikimedia)

Die Lousianna, ein echter Schaufelraddampfer (Quelle: Wikimedia)

Denn so schlecht ist die Antriebstechnik mit den großen Rädern, an denen in regelmäßigen Abständen Schaufelblätter installiert sind, für mit Dampf betriebene Boote gar nicht – besonders in Gewässern mit geringer Wassertiefe. Je nach dem Typ der eingebauten Dampfmaschine braucht man zudem kein wie auch immer geartetes Getriebe und kann die Räder direkt über Wellen bewegen lassen. Also stieß die Entwicklung des böhmischen Forstbeamten Josef Ressel bei den Verantwortlichen der österreichischen Marine zunächst auf geringes Interesse; durch die Wirren der napoleonischen Kriege war dem österreichischen Kaiserreich durch den Wiener Kongress von 1815 nämlich die Region um Venedig und Triest zugefallen, und man war dabei eine moderne Mittelmeerflotte aufzubauen.

Eine archimedische Schraube (Quelle: Wikimedia)

Eine archimedische Schraube (Quelle: Wikimedia)

Ressel, der sich neben seiner Arbeit intensiv mit Mechanik und Hydraulik befasste und einige kleinere Erfindungen gemacht hatte, war auf die Idee des Propellerantriebs für Schiffe gestoßen, die vor allem durch eine italienische Radierung inspiriert war, auf der eine archimedische Schraube als Antrieb für ein Boot montiert war. Bei der handelt es sich um eine der Urerfindungen der Menschheit, vergleichbar durchaus mit der Entdeckung des Rades. Der geniale griechische Mathematiker Archimedes, der gleichzeitig der wohl größte Techniker seiner Zeit war, hatte in Ägypten die dort verwendete Methode zur Entwässerung der vom Nil überschwemmten Felder kennengelernt, die man sich als eine durch ein Umlaufrad samt Esel angetriebene Art Eimerkette vorstellen kann. Die ihm zugeschriebene Schraube, eine Schnecke innerhalb einer geschlossenen Röhre, war quasi die mathematisch berechnete Umsetzung – sie wurde ab dem dritten vorchristlichen Jahrhundert die im Mittelmeer bis heute verwendete Pumpenform.

Ein moderner Verstellpropeller (Quelle: Wikimedia)

Ein moderner Verstellpropeller (Quelle: Wikimedia)

Man vermutet, dass Archimedes seine Wasserschnecke für den Einsatz als Lenzpumpe entwickelt hat. Bekannt ist auch, dass die Römer – die ja ihr technisches Wissen fast komplett von den Griechen hatten – archimedische Schrauben an fließenden Gewässern zur Energiegewinnung einsetzten, denn diese Vorrichtungen funktionieren in beiden Richtungen. Der Schritt von der archimedischen Schraube zum Propeller war weniger groß als man meinen könnte, weil das Prinzip dasselbe ist: Durchströmendes Wasser drückt auf die Flügel des Propellers, die in vorgegebener Richtung ausweichen und so für die Drehung der Vorrichtung sorgen. Umgekehrt wird ein Antrieb daraus. Wikipedia beschreibt das Wirkprinzip so:

Die Flügel sind so geformt und ausgerichtet, dass sie bei der Rotationsbewegung des Rotors vom umgebenden Medium, zum Beispiel Luft oder Wasser, schräg oder asymmetrisch umströmt werden. Die Flügel erfahren dynamischen Auftrieb, dessen axiale Komponente einerseits vom Lager des Rotors aufgenommen und als Schub bezeichnet wird, andererseits eine entgegengesetzt gerichtete Strömung des Mediums, den Rotorabstrahl, bewirkt. [Quelle: Wikipedia]

Robert Fultons Entwurf eines U-Boots mit Propeller (Quelle: Wikimedia)

Robert Fultons Entwurf eines U-Boots mit Propeller (Quelle: Wikimedia)

Der nicht weniger geniale Amerikaner Robert Fulton hatte 1801 das allererste U-Boot der Weltgeschichte entworfen, das 1805 als Prototyp mit Handkurbelantrieb realisiert wurde. Die „Nautilus“ verfügte am Heck über einen Propeller für den Antrieb; wie der gute Fuller auf diese Idee kam, ist unbekannt. Bekannt ist dagegen, dass der britische Landwirt Francis Pettit Smith den Schiffspropeller um 1835 ein zweites Mal erfand, einen Wettbewerb der königlichen Marine damit gewann und 1837 ein Patent erhielt. Auch hier sind die Umstände nicht ganz geklärt. Die österreichische Admiralität hatten Ressels Erfindung, der zudem als notorischer Querulant galt, rundheraus abgelehnt, sodass dieser den Propeller den englischen Kriegsherren anbot – die ebenfalls nicht an diese Technik glaubten. Erst rund zwanzig Jahre später schrieben sie den erwähnten Wettbewerb aus.

Und dann ist da noch der Amerikaner David Bushnell, der schon Ende des 18. Jahrhunderts mit der „Turtle“ das erste kriegstaugliche U-Boot baute – dies wurde wie die „Nautilus“ (die aber noch Segel für die Überwasserfahrt hatte) über Handkurbeln angetrieben wurde und besaß zwei ziemlich wirkungsvoller Propeller mit je vier Flügeln.

Der hochmoderne STP Twin-Propeller von Schottel (Quelle: Schottel)

Der hochmoderne STP Twin-Propeller von Schottel (Quelle: Schottel)

Aber der Weg zum Erfolg für den Propeller in der Schifffahrt war noch weit, denn bis weit über 1870 hinaus war man mit den Schaufelrädern im Großen und Ganzen zufrieden. Zumal Frachtschiffe auf den Ozeanen durchweg Segelschiffe mit zusätzlichem Dampfantrieb waren, bei denen die Maschine vor allem in Küstengewässern und in Häfen zum Einsatz kamen. Mit der Power der ersten großen Schiffsdiesel waren Schaufelräder aber überfordert; komplizierte Getriebe waren notwendig, und der Wirkungsgrad war schlecht. Erst um die Wende zum 20. Jahrhundert setzte sich der Propeller, den alle zunächst nur „Schiffsschraube“ nannten auf breiter Front durch – in der Seefahrt, nicht aber in der Binnenschifffahrt. In der wurde ja noch bis in die Dreißigerjahre vorwiegend mit Dampf gefahren. Als sich dann aber auch dem Rhein und den anderen großen Wasserstraßen der Welt der Diesel durchsetzte, wurde der Propeller zum Standard unter den Schiffsantrieben.

[Abbildungen: alle privat oder in der Public Domain außer Verstellpropeller von Stahlkocher via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0]

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