Freunde der Ausflugsboote auf dem Rhein bei Düsseldorf bekamen bei der Lektüre der hiesigen Online-Medien einen Schreck: Auf der MS Jan Wellem habe es einen Brand gegeben, 40 Passagiere seien in Gefahr gewesen. Wie oft in ähnlichen Fällen war es ein sogenannter „Newshunter“ (Nachrichtenjäger), der eine Meldung dazu verfasste und herausgab. Ohne weitere eigene Recherche verbreiteten die Redaktionen diese Meldung – die mit der Realität des Störfalls wenig zu tun hatte. Zumal die MS Jan Wellem in der Meldung der „Köln-Düsseldorfer“ zugeschrieben wurde, sie tatsächlich aber der Weissen Flotte gehört.
Nur das Online-Nachrichtenportal report-d.de korrigierte diesen Fehler vor dem Publizieren. Außerdem war in der Sensationsnachricht von einem Brand die Rede. Auch in der offiziellen Meldung der Feuerwehr Düsseldorf wird ein Schwelbrand benannt. Das Rhein-Magazin Düsseldorf fragte bei der Weissen Flotte selbst nach und erfuhr die wahre Geschichte. Auskunft erteilten Weisse-Flotte-Chef Michael Küffner, Schiffsführer Heinz Kuhn (bekannt als „Käpt’n Tiger„) sowie ein Matrose, der an Bord Dienst tat.Bei den sogenannten „Panorama-Fahrten“ steuern die Schiffe der Weissen Flotte von der Anlegestelle am Unteren Rheinwerft unterhalb der Altstadt den Medienhafen an, drehen dort eine Runde und fahren dann talwärts bis zur Theodor-Heuss-Brücke, wo das Ausflugsboot wendet und zurück Richtung Kasematten fährt. Bei dieser Fahrt am Sonntagabend sah Käpt’n Tiger beim Wendemanöver im Medienhafen, dass eine Warnlampe am Armaturenbrett im Steuerhaus leuchtete. Diese ist mit einem Rauchmelder im Maschinenraum gekoppelt. Der Schiffsführer wies den Matrosen an, die Lage im Maschinenraum zu kontrollieren. Der Sensor ist so fein eingestellt, dass er bereits anschlägt, wenn auch nur jemand eine Zigarette dort rauchen würde.
Was tatsächlich geschah
Der Matrose stellte fest, dass sich im Maschinenraum tatsächlich leichter Rauch entwickelte, der zwar kaum sichtbar, aber deutlich zu riechen war. Das Schiff unter der Rheinkniebrücke Richtung Anlegestelle gefahren. Nach der Rückmeldung durch den Matrosen informierte der Kapitän umgehend die Feuerwehr und steuerte sofort den Steiger der Weissen Flotte unterhalb der Pegeluhr an. Außerdem stoppte er die Maschine so schnell es nach dem Anlegen möglich war. Die rund 40 Fahrgäste konnten die MS Jan Wellem in aller Ruhe verlassen. Inzwischen war die Feuerwehr an Land mit ihren Fahrzeugen eingetroffen, und auch das Feuerlöschboot lag innerhalb von Minuten neben der Jan Wellem.Nach dem Abstellen der Maschine kam es nicht zu einer weiteren Rauchentwicklung. Tatsächlich war der Maschinenraum aber deutlich verraucht, sodass die Feuerwehr mit einem elektrischen Hochleistungslüfter des Feuerlöschbootes den Maschinenraum entraucht, belüftet und so gleichzeitig die überhitzte Maschine herunterkühlte. Die offizielle Meldung der Feuerwehr Düsseldorf zum Einsatz lautet:
Nachdem alle weiteren Räume unter Deck auf Rauchfreiheit überprüft waren, konnten die etwa 50 Einsatzkräfte von Berufsfeuerwehr, dem Technik- und Kommunikationszug der Freiwilligen Feuerwehr, Rettungsdienst sowie Hilfsorganisationen den Einsatz nach etwas über einer Stunde beenden. Sie waren mit 16 Einsatzfahrzeugen vor Ort und wurden von drei Booten vom Rhein aus unterstützt. Die Einsatzstelle wurde der Wasserschutzpolizei übergeben. [Quelle: Feuerwehr Düsseldorf]
Die Feuerwehr lobt ausdrücklich das besonnene Verhalten der Mannschaft an Bord der MS Jan Wellem, die während des gesamten Störfalls durchweg die richtigen Entscheidungen getroffen und die besten Maßnahmen ergriffen hätten – vor allem das frühzeitige Abschalten der Maschine verhinderte einen größeren Schaden. Das wundert nicht weiter, stand mit Heinz Kuhn doch einer der erfahrensten Schiffsführer auf Passagierschiffen in der Region im Steuerhaus, der zudem von einem Matrosen mit ebenfalls langjähriger Erfahrung unterstützt wurde.
Kleine Ursache, große Wirkung
Bereits am Montagvormittag begann ein Techniker mit dem Ermitteln der Ursache für den Störfall. Laut Michael Küffner war der Verlust von Kühlwasser am Turbolader der Maschine Ausgangspunkt der Sache. Durch zwei möglicherweise gebrochene Schrauben konnte Kühlflüssigkeit austreten, sodass das Teil nicht mehr ausreichend gekühlt wurde und heißlief. In der Folge überhitzte auch der restliche Maschinenblock, der mit einer wärmeableitenden Farbe versehen ist. Dieser Anstrich löste sich in Folge der Hitze, sodass Rauch entstand. Nach Angaben der Feuerwehr soll später heiße Öl auf die Dämmung der Auspuffanlage getropft ein, die dann von den Einsatzkräften entfernt und auf Deck gelöscht wurde.
Wie hoch der Sachschaden, den die Feuerwehr als gering bezeichnet, tatsächlich ist, wird sich erst nach genauerer Untersuchung der Maschine zu beziffern sein. Entscheidend wird sein, in welchem Maße die Überhitzung die Maschine bzw. Teile der Maschine beschädigt hat. Im günstigsten Fall kann die MS Jan Wellem nach wenigen Arbeiten im Maschinenraum wieder fahren. Andernfalls ist eine Revision notwendig, deren Kosten sich auf mehrere Zehntausend Euro beläuft. Es kann sogar sein, dass die Maschine gegen eine neue ausgetauscht werden muss, die zwischen 40.000 und 50.000 Euro kosten dürfte.