Es ist kaum bekannt, aber die Binnenschifffahrt hat unter allen Arten des Güterverkehrs in unseren Breiten die längste Tradition. Auch wenn der Rhein über Jahrhunderte nur unter einigen Gefahren zu befahren war, finden sich Belege für den Warentransport per Schiff schon aus dem 11. Jahrhundert. Für heutige Verhältnisse kleine Lastensegler brachten wertvolle Waren von einem der großen Häfen zum anderen. Während sie zu Tal tatsächlich unter Segeln liefen, wurden die Kähne stromaufwärts getreidelt. Dabei passierten sie zwischen Koblenz und den Niederlanden bis zu zwanzig Zollstationen, und bei Köln, das seit Mitte des 13. Jahrhunderts das Stapelrecht bekam, mussten sie gar bis zu drei Tage liegen. Alle beförderten Waren mussten dann zum Kauf angeboten werden – oder die Schiffer durften gegen die Zahlung von Gebühren weiterfahren. Die große Ausnahme bildeten Flöße – die berühmtesten unter ihnen waren die Holländerflöße. Sie brachten Holz nach Holland, in gewaltigen Mengen.

Ein Rheinfloß vor Unkel, Kolorierter Kupferstich von 1798 (Quelle: NRW-Stiftung)

Ein Rheinfloß vor Unkel, Kolorierter Kupferstich von 1798 (Quelle: NRW-Stiftung)

Vor allem im Schwarzwald geschlagene Stämme kamen so in die Niederlande und bis nach Rotterdam. Gebraucht wurde das Holz für den dort angesiedelten Schiffbau, aber auch zum Gründen von Gebäuden auf sumpfigen Gelände wurden sie benötigt. Die Bäume kamen über Bäche und kleinere Flüsse bis nach Mannheim, Mainz und Koblenz, wo sie über Wochen gesammelt und dann zu gewaltigen Flößen zusammengestellt wurden. Die größten darunter waren bis zu 500 Meter lang und 70 Meter breit. An Bord waren bis zu 500 Mann in Hütten untergebracht, denn diese Wasserfuhrwerke wurden mit Muskelkraft gesteuert. An einem festen Mittelteil, der aus bis zu fünf Lagen Holz bestand, waren am Bug und am Heck Steuerteile angedockt, die mit bis zu zwanzig Steuerrudern versehen waren. Die Kunst, ein solches gigantisches Floß den Rhein hinab, auch durchs Gebirge, unfallfrei zu bewegen, war das Berufsgeheimnis von Flößerfamilien und wurde von Generation zu Generation weitergegeben.

Zusammenstellen eines Holzfloßes im Loreleyhafen (Foto: Archief Jaap Koster)

Zusammenstellen eines Holzfloßes im Loreleyhafen (Foto: Archief Jaap Koster)

Nach dem Stapellauf, zum Beispiel in Koblenz, hielt ein solches Floß bis zum Ziel nicht mehr an, rauschten also auch an den Zollfesten vorbei und waren in der Regel auch von Abgaben an die Fürsten befreit. Selbst die größten Flößerfamilien stellten selten mehr als ein Floß pro Jahr zusammen, der Erlös musste dann den Clan über zwölf Monate ernähren. Aber die Fracht war in den Niederlanden auch sehr begehrt und extrem wertvoll. Im 17. Jahrhundert, der Blütezeit der Holländerflöße, bewegten sich manchmal bis zu vierzig solcher Flöße gleichzeitig auf dem Rhein. 1780 sollen so in einem Jahr mehr als eine Million Baumstämme aus dem Schwarzwald, aber auch aus dem Hunsrück, der Eifel und dem Westerwald nach Holland gebracht worden sein. Ab 1860 wurden die Flöße kleiner und schneller und wurden meist von Dampfschiffen auf Kurs gehalten. Das letzte tatsächlich zum Geldverdienen genutzte Holländerfloß fuhr 1968 über den Rhein.

Hier ein hervorragender Text zur Holzflößerei auf dem Rhein in niederländischer Sprache. Und hier ein Video, dass ein Holzfloß auf dem Rhein im Jahr 1947 zeigt:

RHEIN. FLÖSSEREI. 1947 | | Bilder aus den Kollektionen der Bundesanstalt für Wasserbau

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