Analyse · Es ist für Spochtrepochter auch nicht immer leicht, interessante, frische Stories zu finden, um die Leserschaft bei der Stange zu halten. Denn die Muster rund um den Fußball ähneln sich – irgendwo geht es immer um Auf- und Abstiege, Stars und Trainer. Wie gut, dass es seit ein paar Jahren die Statistiken gibt; man kann die Zahlenwerke immer wieder auf links drehen und Zeilen oder Sprechminuten darüber absondern. Das Ganze dann ordentlich mit Floskeln, Phrasen und hinkenden Bildern garniert und – schwupps – ist der nächste Beitrag fertig. Gern wird auch über einen Fluch oder ein Drama fabuliert. Und mit Freude genommen werden Sensationen, Hoffnungen und Träume. Momentan können viel Schreib- und Sprechpuppten nicht an sich halten, den möglichen Aufstieg der glorreichen Fortuna zu beschwören – wo doch eigentlich schon seit Februar klar ist, dass es damit nix wird. [Lesezeit ca. 4 min]

Neuerdings wird von einschlägigen Kollegen die Trainerfrage aufs Engste mit der „Aufstiegshoffnung“ verknüpft und, ja, sogar die gesamte Zukunftsplanung. Es heißt, wenn F95 heute gegen den FC St. Pauli gewinnt, dann würde es schwer für Klaus Allofs und Uwe Klein, weil sie dann nicht wüssten, ob sie für Liga 1 oder 2 planen müssen. Hey, schon mal was von Plan A und B gehört? Nun ist es in der freien Wirtschaft, mit der Fußballjournalisten normalerweise nicht in Kontakt kommen, üblich, für verschiedene Szenarien Pläne auszuarbeiten. Überraschung! Im Profifußball ist es nicht anders. Soviel dazu.

Dabei wäre es gar nicht nötig, die Partie zwischen Fortuna und Pauli mit derlei Spekulatius aufzuladen. Die Konkurrenten verbindet seit gut vierzig Jahren eine spannende und wechselvolle Geschichte, die nicht nur aus aufregenden Spielen, gigantischen Niederlagen und knappen Kisten besteht, sondern aus jeder Menge Parties. Nein, von einer Fanfreundschaft kann nun wirklich keine Rede sein, aber es gibt eben einen Haufen persönlicher Kontakte zwischen Hamburgs bestem Stadtteil und der schönsten Stadt am Rhein. Und deshalb träumen eigentlich alle Fußballfreunde auf beiden Seiten jedes Mal davon, es werde ein schönes Spiel. Wird es selten, weil der FCSP von der DNA her eine uninspirierte Kloppertruppe ist.

Der Spielplan

Nein, so einfach wie beim 3:0 im Hinspiel am Hochbunker wird’s nicht werden. Damals waren die Paulianer am Boden der Liga angekommen, zeigten sich als spielerisch lächerlicher, desolater Haufen. Auf deren Trainer hätte nach dem 20. Dezember 2020 keiner mehr auch nur einen Pfifferling gesetzt. Die wunderbare Diva befand sich dagegen inmitten einer unerwarteten Siegesserie. Auch wenn damals nicht alles Gold war, was auf der Anzeigetafel glänzte, wurden die wahren Stärken des Kaders deutlich. Und: Shinta Appelkamp ließ aufblitzen, was aus ihm werden wird.

Nun ist der FCSP mit 28 Punkten Tabellenführer der Rückrunde, während unsere Fortuna in dieser Statistik inzwischen gerade mal auf Platz 9 geklettert ist. Glänzend haben die Paulianer ihre Siege durchweg nicht geholt, aber sie haben es in den Spielen der Rückrunde mit 25 Treffern auf die meisten Tore gebracht. Ja, deren Sturm ist saugefährlich. Es geht also vor allem darum, sich nicht zu schnell eine Bude zu fangen. Spricht nicht für ein schönes Spiel, sondern eher für zähes Mittelfeldgeplänkel. Andererseits mögen die Pauli-Spieler aggressives Pressing überhaupt nicht, und ihre letzte (Heim)Niederlage gegen Paderborn kam genau gegen eine Mannschaft zustande, die dieses Forechecking ganz gut kann.

Heißt also: Stabile Viererkette mit zwei defensiv starken Sechsern, zwei laufstarken Spitzen und zwei Außenläufern, die sich für die Abwehr nicht zu schade sind. Die Alternative heißt jedoch Rouwen Hennings, der es ja doch sehr mit dem FC St. Pauli hat. Wenn man den als einzige Spitze setzt, würde das Pressing von einem offensiven Dreierverbund bestritten, der mit einer stabilen Doppelsechs das Mittelfeld zumacht.

Das System und die Aufstellung

Wie gesagt: Der gute Rouwen als Zielstürmer könnte Spaß machen. Das schreit dann nach einem 4-2-3-1, das Uwe Rösler ja auch schon hat spielen lassen. Ihr Ergebener wiederholt sich: In der Viererkette MUSS Christoph Klarer von Beginn an stehen. Und noch eine Wiederholung: Lasst Kevin Danso raus, der ist eh bald weg. Das führt zu einer Viererkette aus Koutris, Krajnc, Klarer und Zimmermann. Die Doppelsechs kann nach den Erfahrungen der letzten Spiele nur aus Käpt’n Bodze und Cello Sobottka bestehen. Auf Linksaußen gehört unbedingt Emma Iyoha, der zu gegebener Zeit durch Kris Peterson ersetzt wird. Rechts sollte Dawid Kownacki ran, für den spät im Spiel Felix Klaus kommen könnte. Bleibt der Platz für den Box-to-Box-Spieler, der am ehesten Kuba Piotrowski heißen soll, der gegen Ende Platz für das Revival von Shinta Appelkamp machen sollte. Natürlich sind Kevin Danso, Eddie Prib und Kenan Karaman ebenfalls Einwechselkandidaten.

So könnte ein 4-2-3-1 gegen Pauli aussehen

Der Tipp

Ein schönes Spiel könnte es in Form eines Torspektakels werden, also so etwas wie ein 4:3 oder gar 5:2. Natürlich wünschen sich alle Liebhaber der Glücksgöttin einen Sieg, aber es muss auch klar sein, dass ein Triumph die leidige Aufstiegsdebatte anheizen würde. Wahrscheinlich ist, dass die Fortuna Tore kassiert, eher zwei als nur eins. Weil Hennings aber auf jeden Fall einlocht, riecht es nach einem 2:2. Wenn da nicht noch ein Elfer für Rotweiß in der Nachspielzeit passiert…

3 Kommentare

  1. Klarer wäre schön, aber jede Wette, dass er auf der Bank sitz und Danso spielt.

    St. Pauli ist nicht nur eine Kloppertruppe, sondern auch brilliant im Schauspiel. Ich erinner an ein, zwei 2. Ligaspielen vor ein paar Jahren, wo die schon bei 50cm Nähe Schrein zu Boden fielen und die Krankenhäuser die OP’s anschmissen. Da bei den Spielen auch dämliche Schiris beteiligt waren, hatte diese Straßenstrich-Konzept Erfolg. Ob die in dieser Saison auch so aufgetreten sind, weiss ich aber nicht. Werden wir ja gleich sehen.

    Ich gehe leider von einer Niederlage aus, schätze mal 1:3, vielleicht 1:2. Für unsere Truppe sind schnelle Mannschaften nichts. Und wir in vielen Szenen auf dem Platz und im Kopf zu langsam. Konnte man auch in Osnabrück erkennen.

    Freue mich schon auf Deinen Spielbericht für das heutige Spiel.

  2. schreiend zu Boden fielen … Manchmal kotzt mich die Autokorrektur an.

  3. Oh je lieber Uwe 1:2 oder noch schlimmer..1:3, es ist nicht nur die Autokorrektur die sich wieder irrt und jetzt hat diese Fortuna tatsächlich die leidige Aufstiegsdebatte wieder angeheizt. Böse, böse und die Trainerfrage?
    Welchen Trainer wollen wir den haben? Und die vielleicht bessere Frage: Glauben wir denn wirklich das ein anderer Trainer mehr rausgeholt hätte ? Ich jedenfalls nicht aber ich hab auch keine Ahnung.