Das Letzte, an das sich Ihr maximal Ergebener erinnert, war, dass er seine Füße nicht mehr bewegen konnte. Es war der 2. Dezember 2017, es war in Kiel, und es war auf einem Fußballplatz, bei dem der VIP-Bereich aus ein paar Stehtischen vor der Haupttribüne bestand. In einer heißen Partie holte Rouwen Hennings am Ende noch das 2:2 raus – eine Zwischenstation zum Erstligaaufstieg. Inwieweit diese Partie und das Rückspiel die Sichtweise eingefleischter Fortuna-Fans auf den Club, den man früher mit einem Zwinkern gern „Holzbein Kiel“ nannte, ist nicht bekannt, denn die älteren erinnern sich noch an einen F95-Schachtruf aus den Tagen der Regionalliga Nord: Kiel, du Arschloch! Und dieses Mal steht die Begegnung unter ganz anderen Vorzeichen als bisher.

Schließlich hat unsere verehrte Diva gerade zwei Spielzeiten in dem hinter sich, was fantasiearme Spochtrepochter gern „Oberhaus“ nennen, während es Kiel, die 2017/18 immerhin Relegationsopfer war, seitdem nie wieder so weit oben in der Zweitligatabelle stand. Tatsächlich war die erwähnte Saison in vieler Hinsicht eine besondere für das Team mit dem Spitznamen „die Störche“, der sich auf dessen traditionelle Spielkleidung bezieht. Unser Markus Anfang machte den Coach, und gut sieben, acht Kicker spielten damals volle 34 Spiele lang an der Oberkante ihrer Möglichkeiten. Nach der Niederlage gegen VW-Burg in der Ausscheidung, bei der alle Freunde des guten, alten Fußballs den Kielern sämtliche Daumen drückten, begann der Ausverkauf.

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Auch die Fortuna bediente sich bekanntlich durch die Verpflichtung des Torjägers der Störchen: Marvin Ducksch, der eine einzige Enttäuschung war, vielleicht aber einfach nicht zu F95 passte. Oder der eben nicht höher als in Liga 2 spielen sollte. Der ist inzwischen bei Hannover und hat auch schon ein Tor geschossen. Knaller dieser Dimension hat das Holzbein aktuell nicht. Dafür aber eine Riege solider Recken, teils mit großer Erfahrung, unter anderem einen Ex-Fortunen, den Jojo van den Bergh. Soweit sich das nach zwei Spielen sagen lässt, verfügt die Ostseetruppe vor allem über eine stabile Defensive und ein fehlerarmes Mittelfeld. Sonderlich aufregend war das Offensivspiel bislang nicht, sodass die Kieler aus deutlicher Spielkontrolle nur wenig Chancen bastelten.

Der Spielplan und das System

Damit ähnelt deren Problem unserem Problem. Wobei die Fortuna im Oktober 2020 ein Kaderproblem hat, das größer ist als es scheint. Denn nicht nur dass sich nun auch Nana Ampomah von seinem gewissenlosen Berater zum Streik hat bequatschen lassen, enorm wichtige Kollegen sind mehr oder weniger verletzt, und die Wahrscheinlichkeit, dass sie auflaufen werden, liegt zwischen Null und Fuffzich. Rouwen Hennings wird definitiv fehlen, bei Andre Hoffmann ist das letzte Ärztewort noch nicht gefallen. Alfo Morales wird länger fehlen, das gilt auch für Gökhan Gül und bekanntlich für Emma Iyoha mit seinem beschissenen Drüsenfieber. So schrumpft das tendenzielle Sturmwunder ganz schön zusammen, und man kann es gar nicht gut feiern, dass die zwei Uwes Kenan Karaman bequatscht haben zu bleiben.

Aus dem, was Video- und sonstige Analysen über den Gegner ergeben haben, und die beschriebene Personalsituation bedingt, diktiert sich ein Spielplan beinahe von selbst. Das Generalstichwort kann nur lauten: kontrollierte Offensive, gestärkte Defensive. Irgendwelche Sperenzchen mit aggressiv-hohem Pressing oder erzwungener Balleroberung im Mittelfeld kann sich das Team auch abschminken. Und so ergibt sich das Spielsystem der Wahl ebenfalls ohne viel Debatte. Es sollte ein 4-4-2 mit variabler Raute sein; heißt: ein Mittelfeldler aus der Viererkette tendiert stark nach hinten, einer eher nach vorne. Das kann dann im Verlauf der Partie aussehen wie ein 5-3-2 oder gar diese merkwürdige 5-2-3, bei dem jeweils nur auf einer Seite außen gelaufen wird. Schwierig, das…

Die Aufstellung

Eigentlich wird es wohl nur um die Auswechselbank spannend, also, wer dort sitzen darf. Luka Krajnc (Wie spricht den Namen eigentlich aus? André Scheidt, bitte kommen…) wird wohl nicht in die Startelf kommen, dürfte aber als Option draußen zuschauen, was seine Neukollegen so treiben. Eddie Prib könnte fit genug für einen 10-, 15-Minuten-Einsatz sein. Jean Zimmer spielt entweder ab Minute 0 oder wird später eingewechselt. Ähnliches gilt für unseren Jamil Siebert, für den ein Startelfauftritt vielleicht ein bisschen früh käme. Die Anwesenheit von Toni Pledl und Kuba Piotrowski auf der Tauschbank ist alternativlos, und Raffa Wolf muss ja eh dabei sein.

Trotz der Personalnot bieten sich doch einige Varianten für die Aufstellung. Am wahrscheinlichsten ist sowieso eine Viererkette aus (von rechts nach links) Matthias Zimmermann, Kevin Danso, Adam Bodzek und Fabian Hartherz. Die Raute bilden dann außen Kelvin Ofori auf der ihm weniger angenehmen rechten Seite und – trotz allem – Brandon Borrello auf links. Den defensive Part der Raute übernimmt Cello Sobottka und den Lenker auf 6 macht Shinta Appelkamp, der Bursche, dem die Coaches vertrauen. Und vorne müssen Kenan Karaman und Dawid Kownacki, der vermutlich immer noch brennt wie eine Lötlampe, für mindestens ein Tor sorgen.

Ihr Ergebener hat sich – nach einem hitzigen Gespräch mit einem Experten – deshalb für folgenden Vorschlag entschieden. Man beachte die Positionen der Kicker relativ zueinander, die ist beim vorgeschlagenen System enorm wichtig:

So könnte das 4-4-2 in Kiel aussehen

Ausnahmsweise ein Tipp…

Manchmal kann man ein Ergebnis oder wenigstens eine Tendenz praktisch riechen, wenn einem die Randbedingungen eines Fußballspiels klar sind. Manchmal ist es auch bloß der Vollmond, der einem den Endstand einflüstert. Und in ganz seltenen Fällen erscheint einem die Glücksgöttin im rot-weißen Gewand persönlich und verrät einem wie’s ausgeht. Dass sich Ihr unheimlich ergebener F95-Analyst dieses Mal zu einem Tipp durchgerungen hat, liegt an einer Mischung aus den genannten Elementen. Also, der TSV Fortuna Düsseldorf schlägt Holzbein Kiel durch ein spätes Tor mit 1:0.

5 Kommentare

  1. Den Düsseldorfer TSV Fortuna 1895 kenn ich 🙂
    den o.g. nicht 😉

  2. Thomas Apfel am

    Auch dieses Spiel haben wir hochverdient verloren. Die erste Halbzeit war bis auf 1 Situation eine Zumutung. Dann stellt sich der Trainer nach dem Spiel hin und meint, das könne er sich nicht erklären. Dafür ist er aber da. Auch in der 2. HZ viele Fehlpässe. Was hat Appelkamp gespielt? Was erlaubt sich Danso? Ofori braucht einen eigenen Ball und bringt die Bälle seltenst zu einem Mitspieler. Bitte um Korrektur, wenn ich etwas falsch bewertet habe. Mir liegen die Statistik Zahlen nicht vor, aber ich fand unsere Mannschaft bis auf 15 Minuten in H Z 2 sehr schlecht. Lieber Herr Bartels, bitte um ihre fundierte Meinung.
    P.S.: Ich sehe den Trainer hilflos agierend
    LG

    • Thomas Apfel am

      Sorry, natürlich Herr Bartel – war gerade in Gedanken noch beim überragend (weil wir ihn lassen) agierenden Herrn Bartels.

  3. Düsseldorfer an der Elbe am

    Düsseldorfer an der Elbe
    endlich habe ich Fortuna wieder Live gesehen. Der hochgeschätzte Chefredakteur wird in epischer Breite eine perfekte Spielanalyse erstellen. Die erste Hälfte war zum vergessen, die zweite war besser, bis zu der fahrlässigen Elfmeterszene. Fortun ist noch nicht in Liga Zwei angekommen. Wie gehts weiter? Ich weiß es nicht. Ich befürchte aber, das wir bald einen neuen Trainer haben…