Lesestück · Wer genau hinschaut, kann ihn noch heute erkennen, den napoleonischen Sicherheitshafen unterhalb der Kunstakademie. Er lag in der Senke zwischen dem damals noch „Neue Akademie“ genannten Bauwerk und dem Hofgarten. Die Rampe der Oberkasseler Brücke steht auf diesem zugeschütteten Hafenbecken, das der Rheinschifffahrt als Schutzhafen diente. Dass es diesen Hafen an dieser Stelle gab, ist Ergebnis einer komplizierten Geschichte, in der – wie so oft – Kaiser Napoleon seinen Anteil hatte, und die mit der ewigen Frage nach einem Düsseldorfer Handelshafen zu tun hat. [Lesezeit ca. 3 min]

Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts gab es am ganzen Rhein so gut wie keine Häfen wie wir sie heute kennen. Die wichtigsten Handelsmetropolen wie Mainz und Köln hatten teilweise die Flussufer mit Mauern befestigt, die so zu Kais wurden, an denen die Lastensegler und Kähne zum Löschen und Beladen festgemacht werden konnten. Auf den Kais selbst gab es Kräne; mit die ersten Hilfsmittel, die mit Dampfkraft betrieben wurden. In Düsseldorf aber gab es keine durchgehenden Kaianlagen, dafür aber einen sogenannten „Sicherheitshafen“, der um die Jahrhundertwende zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert allgemein „Alter Hafen“ genannt wurde, weil er bereits seit dem 16. Jahrhundert existierte. Dieser Hafen lag tatsächlich da, wo heute dieses sinnlose Hafenbecken mit dem vergammelten Schiff besteht.

Ansicht der Einfahrt des Sicherheitshafens am Düsseldorfer Rheinufer, Aquatinta von Johann Ludwig Bleuler, 1843

Ansicht der Einfahrt des Sicherheitshafens am Düsseldorfer Rheinufer, Aquatinta von Johann Ludwig Bleuler, 1843

Das Becken war nicht befestigt; die Schiffe fuhren so nah wie möglich ans Ufer, ankerten, und die Güter mussten von Trägern über Planken an Land gebracht werden. Dieser alte Hafen stand den Verschönerungsplänen, die bereits seit etwa 1750 in Düsseldorf ausgebrütet wurden, im Wege. Nachdem die gesamte Stadtbefestigung im ersten Koalitionskrieg zwischen 1791 und 1798 schwer beschädigt worden war, konnte Düsseldorf die durch Wälle und Bastionen enggesteckten Grenzen überschreiten. Das gefiel auch Napoleon und seinen Statthaltern, die anordneten, den alten Hafen zuzuschütten und stattdessen einen neuen, modernen Handelshafen im Norden – etwa auf Höhe der Golzheimer Insel – anzulegen.

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Bis zu dessen Fertigstellung – die wie wir wissen nie stattfand – sollte ein neues Hafenbecken nördlich der Altstadt zumindest Schutzfunktion im Sinne des damals schon geltenden Seerechts übernehmen. Dieses Recht besagt, dass in (See)Not geratene Schiffe sich auch an nicht dafür vorgesehenen Orten in Sicherheit bringen dürfen. Für den Rhein wurde das so interpretiert, dass die Schiffe auch Wasserflächen außerhalb des Stroms anlaufen dürfen, um sich in Sicherheit zu bringen. Explizite Not- oder Schutzhäfen gab es aber bis dahin nur in Köln; an anderen Orten übernahmen Altrheinarme diese Funktion.

Lage des Sicherheitshafens auf einem Stadtplan von 1878 (Quelle: maps.duesseldorf.de)

Lage des Sicherheitshafens auf einem Stadtplan von 1878 (Quelle: maps.duesseldorf.de)

Tatsächlich war die Binnenschifffahrt vor dem Beginn des Dampfschiffzeitalters häufig durch klimatische Bedingungen gefährdet. Sturm und Hochwasser bedrohten die Lastensegler und Treidelkähne, und bei Eisgang mussten die Schiffe irgendwo ankern, wo sie von den Eismassen nicht zerquetscht werden konnte. Im Jahr 1811 erließ die napoleonische Stadtverwaltung den Erlass zum Bau des Sicherheitshafens, der sich aber mit langen Unterbrechungen bis 1822 hinzog. Die Aushubarbeiten wurden von französischen Sträflingen vorgenommen, Maximilian Weyhe nutzte den Aushub für die landschaftliche Gestaltung des Hofgartens – der Ananasberg ist heute noch sichtbares Zeichen dieser Verwendung.

Und dann wurde das Gewässer nur sehr selten für den Zweck benutzt, für den es vorgesehen war. Stattdessen mieteten sich Reeder und Partikuliere ein, um ihre Flotten zu parken. Im Jahr 1835 wurde eine öffentliche Schwimmanstalt im Sicherheitshafen eröffnet, und 1881 ließ der Düsseldorfer Ruderverein dort ein schwimmendes Bootshaus zu Wasser und nutzte den Hafen für sportliche Aktivitäten. Ab etwa 1850 wurde der Hafen auch dazu genutzt, Wartungsarbeiten an den Dampfschiffen auszuführen. Währenddessen gingen die Diskussionen um einen „richtigen“ Handelshafen weiter. Als dann beschlossen wurde, Hafenbecken auf der Lausward anzulegen, wurde klar, dass der Sicherheitshafen überflüssig geworden war.

Zumal im Zuge der Gründung der Rheinischen Bahngesellschaft und des neuen Wohnviertels Oberkassel eine Brücke in diesem Bereich geplant war. 1897 schüttete man den Sicherheitshafen also wieder zu. Noch während dieser Arbeiten begann man mit dem Bau der Oberkasseler Rheinbrücke, die am 12. November 1898 eröffnet wurde und die erste feste Verbindung zwischen Düsseldorf und dem linken Rheinufer darstellte.

Ein Kommentar

  1. Wieder mal hoch interessante Informationen zur Geschichte meiner Heimat- und Geburtsstadt. Danke.