Das Schiffsunglück auf der Donau in Budapest beschäftigt nicht nur Experten, sondern auch die vielen Menschen, die gern eine Tour mit dem Ausflugsbötchen auf dem Rhein unternehmen. Die Frage lautet: Wie sicher sind solche Fahrten bei uns auf dem Rhein. Wir haben mit Michael Küffner, dem Chef der Weissen Flotte Düsseldorf, über das Thema gesprochen:

Frage: War überhaupt schon einmal ein Schiff der Weissen Flotte in eine Kollision mit einem anderen Schiff verwickelt?
Antwort: Es gibt in der Saison immer mal wieder kleinere Blechschäden, die vor allen Dingen beim An- und Ablegen passieren. Meist ist das beim „Ein- und Ausparken“ im Hafen der Fall. Das ist nichts Ungewöhnliches. Eine Kollision auf dem Rhein mit unseren Personenschiffen hat es noch nie gegeben. Und die fahren da schon zig Dekaden. Es gab auch noch keinen einzigen Vorfall mit Personenschäden auf den Fahrgastschiffen der Weissen Flotte.
In den 25 Jahren gab es einen Beinbruch beim Ausrutschen eines älteren Herren auf unserer Steigeranlage und eine Person, die ins Wasser gefallen ist. Diese wurde aber schnell gerettet und hielt sich im nichtöffentlichem Bereich des Schiffes auf.

F: Welches ist die heikelste Situation, in die ein Ausflugsschiff in der Realität geraten kann?
A: Das ist schwierig zu beantworten. Mir fällt ein Terroranschlag ein, die (technische) Explosion eines Motors mit anschließendem Brand und Panik unter den Fahrgästen. Ein Ausfall der Steuerung ist wahrscheinlicher, aber in so einem Fall kann schnell der Anker geworfen werden. Sollten andere Probleme auftreten, die nicht gelöst werden können, kann der Steuermann mit seinem Schiff immer an und auf Land fahren, zum Beispiel die Rheinwiesen. Das ist in Düsseldorf und Umgebung ein Vorteil.
Eines der gefährlichsten Szenarien, das man sich vorstellen kann, wäre, wenn der Schiffsführer im Steuerhaus zusammenbricht und niemand bekommt das mit. Dann würde das Schiff möglicherweise über einen gewissen Zeitraum unkontrolliert fahren – eine höchst riskante Situation.

F: Wie ist das Verhältnis unter den Schiffsführern von Passgier-, Fracht- und Ausflugsschiffen?
A: Kollegial und zuvorkommend. Da gibt es kein großes Konkurrenzdenken, viele kennen sich auch persönlich. Ich denke nicht, dass hier das Motto „Hoppla, jetzt komme ich“ gelebt wird.

F: Welche Vorkehrungen trifft die Weisse Flotte gegen Unfälle wie den in Budapest?
A: Die Situation hier ist ganz anders: viel weniger Ausflugsschiffe, deutlich weniger frequentiert. Mit der ZSUK, dem Feuerwehrboot, der gegenwärtigen Wasserschutzpolizei und den kompetenten Schiffsführern sollte es möglich sein, solche Katastrophen zu verhindern. Aber, es ist nicht auszuschließen, dass mal etwas Schlimmes passiert. Das betrifft aber das ganze Leben in jedem Bereich. Es gibt auch unzählige Vorschriften, die wir einhalten müssen.
Unsere Crew-Mitglieder lernen in der Aus- und Weiterbildung natürlich auch das Verhalten in Notsituationen. Schiffsführer und Steuerleute beherrschen selbstverständlich alle denkbaren Wende- und Anlegemanöver. Und einen Rettungsring werfen können unsere Leute auch. Schließlich ist das gesamte nautische Personal auch in der Lage, die vorhandenen Feuerlöscher effizient zu nutzen.

F: Hätten Rettungswesten den Opfern der Kollision das Leben gerettet?
A: Da ich selbst Pilot bin und mich besonders mit Unfällen in der Fliegerei beschäftige, weiß ich, dass unnötige Vorschriften die Sicherheit sogar kompromittieren können. Wie oft sind denn in den letzten 30 Jahren Rettungswesten auf einem Personenschiff auf dem Rhein zum Einsatz gekommen?
Wenn man es ernst meinen würde, müssten die Passagiere eigentlich über die gesamte Fahrt eine Weste tragen. Das sieht natürlich nicht gut aus und ist bei Tanzfahrten dann eher ungemütlich. Also liegen die zu Hunderten in einem Raum. Wenn ein Unfall passiert, der es erfordert, dass die Fahrgäste sofort mit einer Rettungsweste in den Rhein springen müssten (wie in Budapest), dauert die Ausgabe viel zu lang. Eventuell hätte das Tragen von Rettungswesten den Passagieren auf dem Freideck geholfen. Da aber solche Unfälle äußerst selten sind, muss man halt keine Rettungsweste tragen. Mir fällt jetzt aber kein einziger Vorfall ein, der es (außer in akuter Notsituation wie in Budapest ) erfordern würde, mit einer Rettungsweste in den Rhein zu springen. Eher fährt der Schiffsführer das Schiff auf Grund an den Rheinwiesen und alle steigen dort aus.

F: In welchem Maß erhöhen Pegelstand und Wetter das Risiko?
A: Hoher Pegelstand bedeutet hohe Strömungsgeschwindigkeit, schlechtes Wetter (mit Nebel und Starkregen) meist schlechte Sicht. Schlechte Sicht erhöht die Kollisionsgefahr, allerdings sind fast alle Schiffe mit Radar ausgerüstet. Niedriger Pegelstand erhöht das Risiko auf Grund zu laufen. Außer, dass sich das Schiff dann festsetzt, passiert dabei kaum etwas Dramatisches. Natürlich ist mittlerer Pegelstand bei Sonnenschein das Optimum der Sicherheit, aber das bedeutet nicht, dass alles andere unsicher wäre.

Kommentare sind gesperrt.