Man kann es nicht oft genug betonen: Der Rhein ist zwar immer noch ein Fluss, aber eben auch seit gut 150 Jahren eine Wasserstraße. Das heißt, dass seine Hauptfunktion darin besteht, Binnenschiffen einen Verkehrsweg zu bieten – von Rotterdam bis nach Basel. Und deshalb ist unser mächtiger Strom auch Objekt der Arbeit vieler Wissenschaftler und Ingenieure, deren Aufgabe es ist, die Sicherheit und Schiffbarkeit kurz-, mittel- und langfristig zu gewährleisten. Dabei dreht sich Vieles um die Fahrrinne und den Zustand der Rheinsohle.
Ziel der Übungen ist es, die Fahrrinne als möglichst gleichmäßigen Trog zu erhalten, also mit definierter Tiefe und Breite. Wobei sowohl Tiefe, als auch Breite von den örtlichen Gegebenheiten abhängen. Ohne Wasserbaumaßnahmen ist das nicht möglich, denn sowohl die wechselnden Fließgeschwindigkeiten des Flusses selbst, als auch die Wirkung von zuströmenden Nebenflüssen würden – so wie vor der Rheinbegradigung und den diversen Uferschutzbauten – aus der Sohle eine Unterwasserhügellandschaft machen. Das liegt daran, dass der Grund des Rheins aus Materialschichten aufgebaut ist, die in verschiedenem Maße durch Wasserströme verschoben werden.
Man kennt das vom Meer bei Ebbe und Flut, die den Strand durch die Kraft des Wassers verformen, Rippen bilden und Priele. In Fließgewässern kommen Strudel hinzu, die Kolke im Untergrund auswaschen. Unreguliert wirken die Kräfte der Erosion und der Ablagerung, und zwar auf den Kies unterschiedlicher Körnung und den Sand. Findlinge, verlorene Gegenstände und Bauwerke verändern die Wirkung auf oft nicht vorhersehbare Weise. Das bedeutet letztlich, dass die Rheinsohle ständig kontrolliert, vermessen und reguliert werden muss.Dafür werden in unserer Region die verschiedenen Peilboote und das Tauchglockenschiff (TGS) Carl Straat eingesetzt. Am Ausleger ist eine Tauchglocke befestigt, aus der durch Überdruck das Wasser gedrückt werden kann. Ist die Glocke auf den Grund abgesenkt, kann man trockenen Fußes über die Rheinsohle gehen und ihren Zustand untersuchen. Die modernen Peilboote sind in der Lage zentimetergenaue Profile der Fahrrinne per Echolot zu erstellen und gefährliche Gegenstände zu orten, nicht aber darzustellen, wie es auf dem Grund des Rheins aussieht. Das geht nur per Tauchglocke. Ist die auf den Grund abgesenkt, zeigt sich, dass die Sohle mit Kieseln der mittleren Größe bedeckt ist. Darunter befindet sich in der Regel eine Schicht aus Kieseln vermischt mit Sand.
Was aber, wenn die Sohle nicht so eben ist wie gewünscht? Kolke, durch die eine Erosion des Grundes beschleunigt wird, werden mit geeigneten Materialien verfüllt – in der Regel mit grobem Kies, der anderswo im Rhein ausgebaggert wurde. Um die Sohle einigermaßen gleichmäßig zu halten, kommt die sogenannte „Geschiebebewirtschaftung“ zum Einsatz. Dabei macht man sich die Strömungskraft des Rheins selbst zunutze. An vorher berechneten Stellen wird Kies von einem Leichter direkt in den Fluss verklappt. Die Strömung sorgt dann für die gewünschte Verteilung. Ob das wie gewünscht funktioniert hat, ermitteln die Wasserbauingenieure dann durch ein Tracing, bei dem Kiesel bestimmter Farbe, Größe und Form mit verklappt werden, um ihre Verbreitung anschließend über Kontrollen mit der Tauchglocke zu beobachten.