Bericht · Vor gut fünf Jahren hatte ich das Vergnügen, mit Kalle („Alle nennen mich Kalle“) Petzinka auf einen Kaffee im Café Knülle zusammenzusitzen. Damals ging es vor allem um sein damaliges Lieblingsprojekt, den sogenannten „Leeschenhof„. Dabei handelte es sich um ein Revitalisierungsprojekt des Geländes an der Oberbilker Allee, in dem einst der Baumarkt Toom hauste. Inzwischen ist Kalle zu Recht Rektor der Kunstakademie, einer von erst vier Architekten auf diesem Posten. Wir sprachen damals auch über seine anderen Bauwerke in Düsseldorf, vor allem natürlich das Stadttor. Die Rote Halle und das Gelbe Haus an der Rather Straße streiften wir im Gespräch nur kurz. [Lesezeit ca. 3 min]

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Das gelbe Haus: Jagdszenen auf dem Dachsims (Foto: TD)

Das gelbe Haus: Jagdszenen auf dem Dachsims (Foto: TD)

Tatsächlich kannte ich beiden Bauten nicht, und es dauerte noch drei Jahre, bis ich erstmals dort vorbeischaute – und zwar im Rahmen des Düsselorte-Artikels über die Rather Straße, die sich in den letzten zwanzig Jahre so dramatisch verändert hat wie kaum eine andere in der Stadt. Halle und Haus liegen zurückgesetzt und sind von der Straße aus kaum zu sehen. Während es sich bei der Roten Halle um ein revitalisiertes Werksgebäude der Rheinmetall handelt, ist das Gelbe Haus ein Neubau – fertiggestellt im Jahr 2006. Danach sieht es nicht aus, denn wer baute damals noch Backsteinhäuser mit spitzem Giebeldach? Und zwar aus gelben und umbrafarbenen Ziegeln, das Dach gedeckt mit gelben Schindeln? Nun, der Kalle hat’s gemacht – denn die gesamte Außengestaltung ist auf seinem Beet gewachsen.

Das Gelbe Haus sieht man erst, wenn man davor steht (Foto: TD)

Das Gelbe Haus sieht man erst, wenn man davor steht (Foto: TD)

Er habe mal etwas Verrücktes machen wollen, sagte er mir, und weil damals seine eigene Firma Bauherr war, konnte ihm dabei kein Auftraggeber in die Quere kommen. Auffällig sollte der Bau sein und vor allem Kreative anziehen. Zwischenzeitlich saßen auch ausschließlich Firmen im Gelben Haus, die geschäftlich mit Mode und anderen kreativen Dingen zu tun haben; die Idee mit den Elchschaufeln und den Jagdszenen auf dem Dachsims hatte marketingtechnisch gut funktioniert. Vor allem die 52 künstlichen „Geweihe“ sorgten für öffentliches Interesse. Dabei gerieten einige andere Details ins Hintertreffen. Da sind zum einen die speziell fürs Gelbe Haus produzierten Wasserstrichklinker, die tatsächlich für das Mauerwerk verwendet wurden, nicht nur als Verblendung.

Das Gelbe Haus: Elchschaufeln in Reih und Glied (Foto: TD)

Das Gelbe Haus: Elchschaufeln in Reih und Glied (Foto: TD)

Und dann sind da zum anderen noch die neun identischen Skulpturen einer pseudoantiken Hirtin, die einen Ziegenbock mit sich führt – wie er darauf gekommen ist, darüber hat Kalle Petzinka öffentlich nie Auskunft gegeben. Ebenfalls verhaltensauffällig die Sprossenfenster mit dem güldenen Rahmenwerk; davon gibt es auf vier Etagen je dreizehn Stück und weitere acht in den Dachgauben. Unterhalb der Fenster in den vier Etagen ist jeweils eine ebenfalls vergoldete Elchschaufel angebracht. Die Form für die Kunststoffteile hat eine Tierpräparatorin nach einer echten Elchschaufel modelliert. Angeblich sei er, so der Kalle, in der Biografie eines skandinavischen Großwildjägers auf diese Schaufeln gestoßen…

Damit der Effekt maximal wird, werden die Elchschaufeln bei Dunkelheit angestrahlt. Viel schöner aber ist das Schattenspiel der Schmuckelemente bei Sonnenschein, besonders wenn die kosmische Feuerkugel auf halber Höhe im Südwesten steht. Spätestens dann leuchtet jedem Betrachter ein, dass die „Geweihe“ mehr sind als ein optischer Gag, sondern das veritable und sinnvolle Gestaltungselement eines in jeder Hinsicht ungewöhnlichen Bauwerks.