Rätsel · Dies könnte die kürzeste Düsselquiz-Frage aller Zeiten sein. Aber ich will dann doch ein bisschen Hintergrund liefern. Irgendwo in Düsseldorf gibt es ein verträumtes Sträßchen, das auf einen exakt dreieckigen Platz zuläuft und Sportstraße heißt. Das würde man in diesem Stadtteil an dieser Stelle nicht vermuten. [Lesezeit ca. 3 min]

Frage: Warum heißt die Sportstraße Sportstraße? Antwort: Wegen der ehemaligen Radrennbahn Lörick

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Alte Düsselquiz-Hasen hatten es leicht, denn die Radrennbahn Lörick war bereits einmal Rätselthema. Und zwar im Düsselquiz 56 vom 7. März 2017. Der Einfachheit halber möchte ich aus der damaligen Lösung zitieren:

Nur alteingesessene Löriker, Ober- und Niederkasseler wissen genau, wo sich zwischen 1907 und 1937 die große Radrennbahn mit einer 400-Meter-Betonbahn und 15.000 Plätzen für Zuschauer genau befand. Denn nur am Fußweg zwischen der Wickrather Straße und Am Kirschbaumwäldchen kann man die Reste eines gebogenen Erdwalls erkennen, der wiederum das Fundament der ehemaligen Nordkurve bildete. Ansonsten hat man beim großen Bebauen in den Sechzigerjahren von dieser historischen Sportstätte nichts übriggelassen. Und eine Hinweistafel gibt es auch nicht… Zum Glück haben sich einige Geschichtsinteressierte erinnert und ein paar – sich teilweise widersprechenden – Informationen ins Internet gelegt. So wird immer wieder behauptet, das Stadion habe „Radrennbahn Oberkassel“ geheißen, und man habe dort auch Motorradrennen veranstaltet. Beides stimmt nicht. Offiziell hieß die Anlage „Radrennbahn Düsseldorf“ – so sieht man es auch auf der Postkarte von ca. 1909, die sich im Bilderbuch Düsseldorf findet.

Bahnradrennen waren in den Nullerjahren des 20. Jahrhunderts in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, aber auch in Deutschland sehr populär. Die bekannten Profis waren Volkshelden, und die großen Rennen oft restlos ausverkauft. Die Bahn in Düsseldorf (in den Zwanzigerjahren kam ein kleineres Velodrom am Ostpark dazu) war deutschlandweit bekannt. Traurige Berühmtheit erlangte sie auch wegen eines tödlichen Unfalls bei einem Steherrennen. Dabei radeln die Fahrer im Windschatten von Motorrädern große Distanzen bei hohem Tempo. Der Altmeister dieser Disziplin, Peter Günther, stürzte beim Kontakt mit einem Kontrahenten so schwer, dass er einen Tag später starb.

Ebenso legendär: Im Wahlkampf hielt Adolf Hitler am 8. April 1932 auf der Rennbahn eine Rede vor rund 20.000 Zuhörern. Das ausgerechnet im roten Lörick. Denn in der ehemaligen „Löricker Flur“ hatte man nach der Ansiedlung der Industriebetriebe zwischen Oberkassel und Büderich vor allem Quartiere für die Arbeiter errichtet. Gemeint ist das Gelände zwischen der heutigen Hansaallee und der Oberlöricker Straße. Und natürlich wurden dort vorwiegend SPD und KPD gewählt. In seinem Buch „Pitter Muggel: ein Leben in Oberkassel“ beschreibt das linksrheinische Original, wie die Nazi-Gegner dicht an dicht an der Amboßstraße standen, um Hitler mit Beschimpfungen und auch Eiern, Pferdeäpfeln, faulem Obst und Gemüse zu empfangen. Andere Augenzeugen geben an, dass auch das Publikum im Radstadion wenig Begeisterung zeigte. Der Muggel leitet daraus ab, dass es Hitler war, der diesen Ort der Schande plätten ließ. Dafür gibt es jedoch keine Belege. Vielmehr war es, dass die Popularität des Bahnradsports schon in den späten Zwanzigerjahren dramatisch nachließe – auch weil ihm die Sechstagerennen mit ihrer Kombination aus Sport und Unterhaltung in Hallen den Rang abgelaufen hatte. Ab 1934 gab es aber wegen der vom Regime verordneten Regeländerungen keine Sechstagerennen mehr in Deutschland. [DQ56 vom 7.3.2017]

Der Wall der Nordkurve der Radrennbahn (Foto: Kürschner via Wikimedia, public domain)

Der Wall der Nordkurve der Radrennbahn (Foto: Kürschner via Wikimedia, public domain)

Die Sportstraße hieß bis 1909 übrigens Stahlstraße, weil Lörick ja ein veritabler Industriestandort war. Nachdem Düsseldorf aber Lörick eingemeindet hatte, gab es plötzlich zwei Stahlstraßen (die andere liegt in Oberbilk). Weil diese Straße aber auf die 1907 eröffnete Radrennbahn führte, nannte man sie eben Sportstraße. Bis weit in die Achtzigerjahre waren wesentlich mehr und deutlichere Reste der Bahn erkennbar; erst die vollständige Überbauung verwischte alle Spuren – bis auf den Wall der ehemaligen Nordkurve.

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