Rätsel · Zum Jahresabschluss was Schweres. Also so schwer, dass es von drei stadtkundigen Testrätslern nur eine Person lösen konnte. Immerhin wird dieses Quiz über den:die Jahressieger:in entschieden. Dabei geht es um etwas, was inzwischen so gut wie unsichtbar ist. Genauer: Um etwas Verschwundenes. Wobei ja in einer Großstadt, die sich ständig ändert, immer mal was verschwindet. Meistens waren es Kriege, die für das Verschwinden von Bauwerken sorgten, manche aber gerieten einfach in Vergessenheit und dann in die Mühlen der Stadtentwicklung. Im Fall des 129. Düsselquizzes reden wir über eine sehr, sehr lange Zeit. Kleine Hilfe: Auch Bäche bilden Inseln. [Lesezeit ca. 4 min]
Frage: Worum geht’s: Die verschwundene Burg in Unterrath auf der Kittelbachinsel
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Ja, das Rätsel war schwer. Auch, weil es so viele mögliche Lösungen gab. Nur fünf Rätselnde wagten sich an dieses Quiz, und nur eine Einsendung lieferte die richtige Lösung. Verrückt genug: Diese Lösung brachte dem Vorjahressieger die Titelverteidigung – dazu mehr in einem separaten Beitrag.
Von der verschwundenen Burg bei Unterrath erfuhr ich übrigens von einem Unterrather Eingeborenen älteren Semesters. Und zwar in einem Gespräch darüber, wie dieser merkwürdige Stadtteil sich in den vergangenen siebzig Jahren verändert hat. Und die Veränderungen reichen noch weiter zurück, nämlich bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, also die Frühzeit der Eisenbahn. Recht eigentlich war Unterrath ein Teil von Rath, ein ziemlich großer und bedeutender sogar. Einer, dessen Geschichte weiter zurückreicht als die des Stadtteils, der heute Rath genannt wird. Und besonders stark geprägt durch die enorme Bedeutung, die das Amt Angerland einst für diese Gegend hatte.
Heute liegt Unterrath eingeklemmt zwischen der B8 im Westen und dem nördlichen Zubringer im Osten sowie dem Mercedes-Werk und dem Großmarkt im Süden und dem Flughafen im Norden. Die Trennung vom Rest Raths wird am stärksten markiert durch die Bahnstrecke Richtung Duisburg, die zu den ältesten Gleisstrecken Westdeutschlands gehört. Die massivsten Einschnitte in das alte Unterrath brachte jedoch der Ausbau des Flughafens ab den Fünfzigerjahren mit sich. Manche ältere Mitbürger:innen werden sich noch daran erinnern, dass die Kalkumer Straße einst bis an das alte Abfertigungsgebäude führte und dass linkerhand eine Kaserne der britischen Rhine-Army samt Sportplatz lag, während rechts eine landwirtschaftlich genutzte Fläche sich bis nach Lichtenbroich erstreckte.
Die gehörte zum Kartäuserhof, der wiederum Teil und Rest des großen Klosters Kartause Maria Hain war, das 1964 nach dem Umzug der Mönche aufgegeben und wenig später abgerissen wurde. Grund dafür: Die Gefräßigkeit des Flughafens, dessen Frachtbereich heute ziemlich genau das Geländer einnimmt, auf dem das bedeutende Kartäuserkloster mit seinen Ländereien bestand. Aber die Geschichte reicht noch weiter zurück, denn – wie erwähnt – das Gebiet gehörte über Jahrhunderte zum Amt Angerland mit seinen vielen Gutshöfen und Herrenhäusern, die man gemeinhin als Burgen bezeichnet. Eine der allerältesten dieser Burgen, die Motte Ickt aus dem 12. Jahrhundert, also eine von einem Wassergraben umgebene Turmhügelburg, stand auf diesem Grund – von ihr ist noch ein bisschen vom Hügel erhalten; der befindet sich unmittelbar hinter dem Parkhaus 4 am nicht mehr existierenden Ende der Kartäuserstraße.
Wie man auf einem Stadtplan von 1966 sehen kann, endete die Kalkumer Straße an der Kartäuserstraße, und an der Ecke waren die Reste der Alten Burg zu sehen. Während die Ickter Motte wohl nur knapp dreihundert Jahre lang genutzt wurde, bestand die Alte Burg als Ruine bis ins 20. Jahrhundert hinein – sie lag da, wo sich heute das Vorfeld V East befindet. Diese Motte zählt zu den vier Königsburgen in der Gegend, war die größte und wichtigste. Womit wir bei der dritten Burg in dieser Gegend kommen, die unser Ortsexperte die Große Burg nannte. Sie war von der Größe und der rechtlichen Bedeutung her der Ickter Motte ähnlich, bestand aber vermutlich weniger als zweihundert Jahre. Und zwar auf einer Insel, die der Kittelbach mit zwei Armen bildete. Im Bemühen aus den Gärten und Äckern der Kartause Maria Hain einen Park zu machen, hat man in den Sechzigerjahren einen der Bacharme abgetrennt und zu einem Weiher gemacht; der Burgstall der Alten Burg, also die Stelle, an der das Fundament des Burgfrieds auf dem Hügel stand, war fußläufig zu erreichen.
Als dann aber in den Achtzigerjahren der ganz große Ausbau des Flughafens lief, bei dem nicht nur die heutigen Abfertigungshallen entstanden, wurden dem Autobahnkreuz sowie den Parkflächen und Parkhäusern fast alles geopfert, was einst zur Kartause und später zum Park gehörte. Immerhin renaturierte man den Kittelbach, sodass wieder eine Insel entstand. Trockenen Fußes ist als die Burgstelle nicht mehr zu erreichen. So hat der Ehrgeiz der Stadtmütter und -väter, den Düsseldorfer Flughafen zum bedeutendsten Nordrhein-Westfalens zu machen, nicht nur Unterrath einschneidend verändert, sondern auch uralte, wichtige Spuren der Stadtgeschichte ohne viel Federlesens ausgelöscht.
Übrigens: Wir hätten auch Hinweise auf die Motte Ickt und die Alte Burg als richtige Lösungen akzeptiert; der siegreiche Teilnehmer hat aber nicht nur die richtige Burg genannt, sondern gleich die geografischen Koordinaten mitgeliefert.