Die von älteren Düsseldorf liebevoll so genannte „Münster-Pfütze“ wurde am 10. April 120 Jahre alt.
Bericht · In den Sechzigerjahren hatte das Hallenbad an der Münsterstraße, hinter der Feuerwache III gelegen, noch den Charme einer Badeanstalt. Heute heißt die Institution „Münster-Therme“ und macht seinem Namen alle Ehre. Wo man vor 50 Jahren noch für ein paar Groschen einen Wannen- oder Duschbad nehmen und ein paar Bahnen im großen Becken ziehen konnte, ist der Bau aus den Gründerzeitjahren heute voll und ganz auf Wellness ausgerichtet. Zusammen mit der Feuerwache ist das Münsterbad aber auf jeden Fall ein lebendiges Zeugnis der Düsseldorfer Stadtentwicklung. [Lesezeit ca. 4 min]
Um 1900 herum hatte unsere schöne Stadt bereits gut 30 Jahren explosionsartigen Wachstums hinter sich. Die Eröffnung der ersten Eisenbahn von Elberfeld nach Düsseldorf im Jahr 1835 und die Ansiedlung der modernen Schwerindustrie ab etwa 1860 hatten aus dem beschaulichen Residenzstädtchen, das nicht zuletzt von der Anwesenheit des preußischen Militärs lebte, eine wahre Boomtown gemacht. Die Bevölkerung war (ohne nennenswerte Eingemeindungen, übrigens; die kamen erst ab 1906) von rund 95.000 bei der Volkszählung von 1880 auf fast 225.000 im Jahr 1902 angewachsen. Düsseldorf hatte sich innerhalb von nur rund 25 Jahren zu einer quirligen, hochmodernen Industriestadt gemausert.
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Das rasante Wachstum der Industrie spülte ordentlich Steuern in die Stadtkasse, und die wohlhabenden Bürger hatten den dringenden Wunsch, Düsseldorf noch schöner zu machen, zu modernisieren und dachten dabei auch ein bisschen an das arme Proletariat. Mehrere Reformbewegungen trafen um die Jahrhundertwende aufeinander, eine davon drehte sich um Hygiene und Gesundheit. Von den Mängeln auf diesem Gebiet waren vor allem die Arbeiter in den engen Mietskasernen, in denen nicht selten zehnköpfige Familien drei Zimmer mit insgesamt kaum 50 Quadratmetern bewohnten. Während sich die Reichen und Schönen ein tägliches Bad gönnten, konnten sich die Armen nicht mehr Körperpflege leisten als Waschungen am Wasserhahn im Treppenhaus oder im Hof.
Hauptmotiv dafür, eine Badenanstalt zu bauen, war daher nicht irgendetwas mit Sport, sondern allen Teilen der Bevölkerung ein wöchentliches Wannenbad zu erlauben. Also nahmen eim Bau des Münsterbads die Kabinen mit den Badewannen und die Gemeinschaftsduschen den größten Raum ein. Die Menschen, die in Rath, Derendorf und Pempelfort lebten, waren begeistert. Endlich konnten sie sich – und das für ein paar Pfennige Gebühr – nach dem Motto „Ein Bad pro Woche für jeden Deutschen“ in der Münsterstraße gemütlich in eine Wanne legen und den Arbeitsdreck der Woche abwaschen. Dass das Münsterbad ab 1902 auf Anhieb so beliebt war, lag auch daran, dass es für die angepeilte Klientel zu Fuß, auf dem Rad oder mit der Straßenbahn prima zu erreichen war.
Das galt übrigens auch für das andere „alte“ Hallenbad an der Kettwiger Straße, das besonders für die Arbeiter aus Flingern, Oberbilk und Bilk gedacht war; es musste in den Siebzigerjahren dem Spaßband namens „Düsselstrand“ weichen. Auch die anderen öffentlichen Bäder, die in dieser Zeit entstanden, verfügten über Schwimmbecken, die aber vor allem von den Zöglingen der höheren Schulen im Rahmen des damals eingeführten Sportunterrichts genutzt wurden. Normalbürger:innen pflegten lieber im Rhein zu planschen…Der Verfasser dieses Artikels besuchte von 1962 bis 1971 das Leibniz-Gymnasium an der Scharnhorststraße und kennt die „Münster-Pfütze“ daher noch bestens im Zustand jener Jahre. Der war ausgesprochen wenig komfortabel. Für Schulklassen gab es enge Gemeinschaftsumkleiden und – duschen, „normale“ Besucher:innen konnten die Umkleidekabinen direkt am Beckenrand benutzen. Bademeister sorgten für strafe Disziplin, und manchmal sah man ältere Damen und Herren auf dem Weg in die immer noch vorhandenen Wannenkabinen.
Nach grundlegenden Sanierungs-, Renovierungs- und Ausbauarbeiten entstand in den Neunziger die heutige Münster-Therme im denkmalgeschützten Bauwerk von 1902. Neben dem großen Schwimmbecken gibt es Sole-Außenbecken, einen Saunabereich, die Salzgrotte sowie ein Fitnessstudio und eine Krankengymnastikpraxis. Aber immer noch ist es ein besonderes Erlebnis in der hohen Gründerzeithalle seine Bahnen zu ziehen.
Ein Kommentar
Da werden Erinnerungen wach. Schulschwimmen im Kettwiger Bad, wo ich meine Schwimmabzeichen erschwommen habe. Auch Wannenbäder haben meine Eltern für uns alle dort gebucht, bevor dann bei uns zu Hause dann endlich der Balkon in ein Mini-Bad umgewandelt wurde. Was für ein Luxus.