Eines der ungewöhnlichsten Denkmäler der Stadt steht am Frankenplatz.
Bericht · Es hat etwas Geheimnisvolles. Am Ende einer kleinen, dreieckigen Wiese an der Westecke des Frankenplatzes steht, im Frühjahr und Sommer fast versteckt unter dem wuchernden Buschwerk, ein Denkmal. Auf einem über zwei Meter hohen Sandsteinsockel ruht die Bronzeplastik eines Soldaten in Tropenuniform mit abgelegtem Gewehr. Es handelt sich um das sogenannte Kolonialkriegerdenkmal des Kölner Bildhauers Peter Bürger. Die ursprüngliche, auf einer Bronzeplatte angegebene Widmung fehlt. Tatsächlich aber sollte das im Mai 1909 errichtete Denkmal an vier namentlich genannte Angehörige des Niederrheinischen Füsilierregiments Nr. 39 erinnern, die während der Befreiungskriege der Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika gefallen waren. [Lesezeit ca. 3 min]
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Errichtet wurde es ursprünglich am Rande des Exerzierplatzes der Ulanen-Kaserne zwischen Roß- und Ulmen- sowie Tannen- und Johannstraße, war also der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Nachdem es mit Gründung des Deutschen Kaiserreichs im Bürgertum angesichts der profitträchtigen Kolonien anderer europäischen Staaten zum dringend Wunsch nach überseeischen Besitzungen gekommen war, eroberten deutsche Truppen in Afrika Gebiete, die England, Frankreich, Belgien, Spanien und Portugal übriggelassen hatten. Man nannte sie „Schutzgebiete“. Diese Kolonien lagen in Südwestafrika, dem heutigen Namibia, in Kamerun und Teilen der heutigen Staaten Tansania und Ruanda und wurden im Sinne deutscher Unternehmen von Polizeitruppen verwaltet, die zunächst dem Reichsmarineamt, später dem eigenes gegründeten Kolonialamt unterstellt waren.
Die Angehörigen dieser „Schutztruppen“ wurden unter den Soldaten der diversen preußischen Regimenter rekrutiert und bestanden durchweg aus Freiwilligen. Sich für den Einsatz in Afrika zu melden, war durchaus verlockend, weil den Soldaten nach Beendigung ihrer Dienstzeit Land in den Kolonien versprochen wurde. Denn das Erste, was diese „Schutztruppen“ unternahmen, war es, alle interessanten Ländereien zu enteignen und unter die Verwaltung von bekannten und neuen Unternehmen zu stellen. Das betraf vor allem die Plantagen für die verschiedenen Rohstoffe – und wer hier eine Firma mit eigenem Land gründen konnte, war ein gemachter Mann.
Allerdings gelang es dem deutschen Militär nie, „Deutsch-Südwestafrika„, „Deutsch-Ostafrika“ und Kamerun vollständig zu befrieden. Die dort lebenden Afrikaner wehrten sich. Und die deutschen Kolonialtruppen schlugen mit äußerster Härte zu; es wurde getötet, gefoltert, vergewaltigt und verschleppt. Gleichzeitig machten deutsche Kolonialunternehmen gewaltige Profite. Legendär der Befreiungskamp der Herero im heutigen Namibia, der beinahe zu völligen Vernichtung dieses Volkes führte und heute als Völkermord deutscher Truppen an einem indigenen Volk gelten.
Der sogenannte „Kolonialkrieg“ begann bereits mit ersten Aufständen in den 1880er-Jahren und ebbte bis etwa 1906 nie wirklich ab. Erst eine massive Terrorherrschaft führte dann für kaum zehn Jahre zu relativer Ruhe. Aber auch die Zahl gefallener „Kolonialkrieger“ ging in die Tausende – sollte das ursprüngliche Denkmal noch die vier genannten Füsilieren erinnern, wurde es nach dem ersten Weltkrieg dann allen „Gefallenen“ des Kolonialkriegs gewidmet.
Tatsächlich hatte Deutschland mit dem Versailler Vertrag alle Kolonien an die Siegermächte verloren, aber ab Mitte der Zwanzigerjahre des 20. Jahrhundert entstand in der Ära der Weimarer Republik eine neue Kolonialbewegung; wie die erste vorangetrieben von Unternehmen und Investoren, die eine scharfe Lobbypolitik betrieben und nach der Machtübernahme durch die NSDAP darauf hofften, wieder indigene Völker in Afrika und woanders ausbeuten zu können. Sichtbares Zeugnis dieser Lobbyarbeit war die Umsetzung des Kolonialkriegerdenkmals auf den Frankenplatz im Jahr 1935.
Das Thema „deutscher Kolonialismus“ und die damit verbundenen Kriegsverbrechen blieben nach dem zweiten Weltkrieg über Jahrzehnte unbeachtet. Erst in den Neunzigerjahren befasste sich auch die mediale Öffentlichkeit damit, und zu Beginn des 21. Jahrhunderts schlug die evangelische Kirche vor, das Denkmal umzuwidmen, sodass es an die Opfer der deutschen Terrorherrschaft über Namibia erinnern solle. Eine entsprechende Informationstafel wurde 2004 angebracht.