Jan Wellem (1658 – 1716), oder korrekt ausgedrückt, der Wittelsbacher Johann Wilhelm II., Herzog von Jülich und Berg, Pfalzgraf von Neuburg an der Donau und Kurfürst von der Pfalz, hat sich mit einer der schönsten Reiterstatuen nördlich der Alpen, auf dem Düsseldorfer Marktplatz, vor dem Rathaus, noch zu Lebzeiten, selbst ein Denkmal gesetzt. Er war bereits während seiner 26-jährigen Regentschaft ein beliebter und volksnaher Landesfürst und ist heute – zumindest in Düsseldorf – immer noch sehr populär und wird nur ganz kurz und knapp Jan Wellem genannt. Über ihn gibt es viele Geschichten und Anekdoten zu erzählen, aber hier soll von seinem Lieblingsgericht der „Ähzezupp“ (Erbsensuppe) die Rede sein. Nach der Erzählung von Vinzenz Jakob von Zuccalmaglio (1806 – 1876), besser bekannt unter dem Namen Montanus, soll sich die Geschichte um die „Ähzezupp“ wie folgt zugetragen haben:[Lesezeit ca. 4 min]

Jan Wellem soll sich während einer Jagd im Königsforst verirrt und nach mehreren Stunden, völlig ausgehungert, einen einsamen Bauernhof gefunden haben. Die Bäuerin erkannte den prominenten Jäger natürlich nicht. Sie hielt ihn nur für einen bedauernswerten Jägersmann, der sich verirrt hatte und sehr hungrig war. Aus Mitleid gab sie ihm von ihrer Erbsensuppe mit Speck zu essen. Die muss wohl so gut gewesen sein, dass er sie nach seiner Rückkehr im Düsseldorfer Residenzschloss von seinem Koch nachkochen ließ. Diese Suppe schmeckte dem Barockfürsten aber überhaupt nicht! Also ließ er die Bäuerin holen und sie sollte noch einmal diese leckere Erbsensuppe für ihn kochen. Aber? Die schmeckte auch nicht so super toll wie die, die er sich einst völlig ausgehungert auf dem Bauernhof einverleibt hatte. Fazit: Hunger ist der beste Koch! Das sollte wohl die pädagogische Quintessenz dieser Geschichte sein, die weiland in den Schulbüchern abgedruckt war und die jedes Kind kannte.

Wenn auch heute ganz andere Geschichten in den Schulbüchern stehen, hat die „Ähzezupp“ nichts von ihrer Beliebtheit eingebüßt und wird in Düsseldorf immer gerne in einem Atemzug mit Jan Wellem genannt. Man isst sie hier mit Flöns, also Blutwurst und wer die nicht mag, isst sie eben mit „anerm Jedöns“, zum Beispiel mit Würstchen. Nur: Speck ist immer drin! Natürlich kommen auch Gemüse und Kartoffeln dazu, wobei die „Zupp“ dann aber eher den Charakter eines Eintopfes hat.

Leider können wir Jan Wellems „Sterneköchin“ nicht mehr befragen und was von mündlicher Überlieferung über die Jahrhunderte zu halten ist, ist eh klar. Da kommt mal dies oder jenes dazu, oder auch mal weg, und schon hat man verschiedene Varianten, die sich verbreitet haben und so wohl auch die regionalen Unterschiede ausmachen. Und das ist auch gut so. Wir jedenfalls halten uns an das folgende Rezept und können nach dem rheinischen Grundgesetz, Artikel 3; sagen: „Et hät noch emmer joot jejange“ und auch sehr gut geschmeckt.

Die Zutaten:

500 g grüne Schälerbsen (die müssen vor dem Kochen nicht eingeweicht werden, da sie ohne Schalen getrocknet wurden)
2 fingerdicke (mageren) Scheiben Speck
1 Zwiebel
2 l Gemüse- oder Fleischbrühe (am besten aus eigener Herstellung)
1 Lorbeerblatt, Majoran, Salz, Pfeffer (Kümmel)
1 TL Natron (dadurch werden die Erbsen weicher und bekömmlicher)
2 Möhren, 1 Stück Sellerie, 1 Stange Lauch
4 – 5 Kartoffeln
Wiener Würstchen

Die Zubereitung:

Den Speck in feine Würfel schneiden und in einem großen Topf auslassen. (Wenn nötig noch etwas Fett dazu geben) und die Zwiebeln glasig dünsten.
Die Erbsen in einem Sieb kurz abbrausen und in den Topf geben, dann mit einem Teil der Brühe ablöschen. Jetzt kommen nur Majoran, das Lorbeerblatt und etwas Natron in den Topf, dann einmal ganz kurz aufkochen lassen (noch nicht salzen und noch nicht würzen, das kommt erst viel später). Und keine Sorge: Der weiße Schaum, der sich jetzt gebildet hat, verschwindet auch gleich wieder. Während das Ganze auf Niedrigtemperatur gebracht wird, Deckel (leicht angehoben) aufsetzen und die Erbsen dann eine Stunde lang vor sich hin köcheln lassen. Aber Vorsicht! Nicht weglaufen! Es muss immer mal umgerührt werden, denn die Erbsen machen es sich gerne am Topfboden gemütlich und das kann auf Dauer natürlich nicht gut gehen. Die restliche Brühe angießen.

In der Zwischenzeit die Gemüse vorbereiten, d.h. schälen, waschen, putzen und in feine, ganz kleine Stücke schneiden. Mit dem Lauch habe ich mich immer etwas schwergetan und ihn umständlich zuerst geputzt, in kleine Ringe geschnitten, dann gewaschen und in einem Sieb abtropfen lassen. Von Herrn Siebeck kann man aber lernen, dass das auch viel einfacher geht: „Von den Lauchstangen Wurzel und dunkelgrünen Teil abschneiden, von der grünen Seite zweimal bis zur Mitte des weißen Teils einschneiden, so dass sie wie ein Besen mit Stiel aussehen. So lassen sie sich am besten waschen…“. Für diesen Tipp werde ich ihm wohl ewig dankbar sein…

Möhren, Sellerie, Lauch und die kleinen Kartoffelstückchen dürfen sich jetzt etwa 40 Minuten lang zu den Erbsen gesellen. Auch, und gerade in den letzten 40 Minuten muss ich davor warnen, den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen und sich vom Ort des Geschehens zu entfernen. Die Erbsen verstehen, selbst bei der niedrigen Temperatur, keinen Spaß und tendieren wieder stark in Richtung Topfboden. Also immer wieder umrühren und die Temperatur dabei niedrig halten. Erst kurz vor Ende der Garzeit mit Salz und Pfeffer würzen. Das Lorbeerblatt entfernen, dann den Eintopf abschmecken. (Wer mag, kann auch noch ein bisschen Kümmel dazugeben.)

An die Würstchen haben Sie doch bestimmt rechtzeitig gedacht und haben sie auf „Betriebstemperatur“ gebracht? Bei den Zutaten habe ich den Senf zwar nicht explizit erwähnt, weil ich davon ausgegangen bin, dass man immer ein Pöttchen ABB-Senf im Haus hat. Bei uns ist das so und gehört hier auf jeden Fall dazu. Ob Jan Wellem das wohl geschmeckt hätte? Ich gehe mal davon aus…

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