Mein erstes Pesto aß ich vor ungefähr 25 Jahren im Café Zentral an der Adlerstraße, das ich a) immer noch sehr vermisse und das b) gar kein Café war, weil es nämlich eine gute Küche und einen guten Koch hatte. Damals ernährte ich mich aus mir heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen vegetarisch, hatte an jenem Abend Lust auf Nudeln und wählte daher die Tagliatelle mit Pesto Genovese. Ich war sofort verliebt und fragte nach dem Hochgenuss den Mann vom Herd – ich glaube, er hieß René – nach dem Rezept.
Okay, Basilikum kannte man damals schon, aber von Pinienkernen als Zutat hatte ich noch nie gehört. Also besorgte ich mir diese Dinger im ebenfalls legendären Nussladen an der Graf-Adolf-Straße gegenüber vom Europa-Kino. Und erschrak über den Preis. Heute, nach gefühltem fünftausendfachem Zubereiten von grünem Pesto, weiß ich: Gute Pinienkerne sind sehr teuer; sind sie nicht teuer, sind sie nicht gut. Die leckere Paste, die aus simplen Nudeln ein Festmahl macht, steht und fällt mit der Qualität der Pinienkerne. Sind ordentliche Nüsschen dieser Sorte nicht zu bekommen, nimmst du besser Walnusskerne als schlechte Pinienkerne – das solltest du dir merken.
Nimm nur europäische Ware!
Das bedeutet im Klartext: Die Zapfen sollten in Europa geerntet worden sein. Weil es so gut wie keine Pinienpflanzungen gibt, stammen über 95 Prozent der Dinger von wilden Pinien aus dem mediterranen Raum, wobei die sehr raren italienischen und französischen die besten sind. Größere Mengen guter Qualität zu etwas günstigeren Preisen stammen aus der Türkei und von der iberischen Halbinsel. Wenn es heißt, sie seien teuer, bedeutet das im Klartext: Unter 40 Euro pro Kilo geht gar nichts. Und dieser Kilopreis ist nur im Versandhandel bei Abnahme von wenigstens 500 Gramm zu haben. Die winzigen Packungen im Supermarkt kosten gern 4, 6 oder 9 Euro, obwohl da nur 50 oder 60 Gramm drin sind – in meinen Augen eine üble Geldschneiderei.
Das Problem beim kiloweisen Kauf ist die Haltbarkeit. Pinienkerne haben einen Fettanteil von um die 50 Prozent, was bedeutet, dass sie rasch ranzig werden. Deshalb die dringende Empfehlungen: Immer im Kühlschrank lagern! Mein Lieferant ist der Online-Händler SnackMe, bei dem es italienische Bio-Ware für 40 bis 45 Euro pro Kilo gibt – bio ist dabei eher ein Witz, weil wild gewachsene Pinienkerne IMMER bio sind. Zweite dringende Empfehlung: Achte beim Kauf von Kilos immer aufs Herkunftsland! Denn unter dem Namen „Pinienkerne“ wird alles Mögliche angeboten, was aus Zapfen geklaubt werden kann.
Immer kühl lagern!
Nachdem einzelne Anbieter jahrelang solche Kerne im Internet zum halben Preis angeboten haben, sind unseriöse Händler dazu übergegangen, mehr zu verlangen, aber die Herkunft zu verschleiern. Richtig billig werden immer noch die Kerne der Korea-Kiefer angeboten, die man schon optisch leicht erkennt: Sie sind größer, eher dreieckig und haben oft eine dunkle Spitze. Kann sein, dass es Gerichte gibt, für die sie taugen – in einem Pesto Genovese hat das minderwertige Zeug nichts zu suchen! Als Herkunftsland stellt sich oft Pakistan heraus, aber auch aus Russland, China und Korea kommen Samen in den Handel, die als Pinienkerne verhökert werden; die habe übrigens einen noch höheren Fettanteil und schmecken nicht nach Pinienhainen…
Die richtigen Pinienkerne sind länglich mit abgerundeten Ecken, riechen direkt aus dem Beutel nur wenig, entfallen beim Anrösten aber ein herrliches, harziges Aroma. Außerdem haben sie dann einen tollen Biss. Das ist für die Verarbeitung im Pesto unwichtig, aber außer in dieser Paste wird man Pinienkerne immer geröstet zum Drüberstreuen oder Untermischen verwenden. Gemischte Salate der mediterranen Art lieben die Kerne als krachendes Zusatzelement. In viele persischen und türkischen Reisgerichten gehören Pinienkerne. Außerdem wird besonders in Italien mit ganzen oder zerstoßenen Pinienkernen gebacken – zum Beispiel die sagenumwobene Torta della Nonna.