Vermutlich wird sich kaum ein*e Besucher*in des ZAKK fragen, was es mit der merkwürdigen Backsteinmauer gleich gegenüber an der Fichtenstraße auf sich hat. Jedenfalls, wenn er*sie jünger als ungefähr 50 Jahre sind. Die Älteren aber wissen: Das sind die Außenmauern des Fabrikgeländes der Hein, Lehmann & Co. AG. Dieses 1878 in Berlin gegründete und 1889 in die boomende Industriestadt Düsseldorf umgezogene Unternehmen teilte sich das riesige Gelände zwischen Oberbilk, Flingern und Lierenfeld mit den Vereinigten Kesselwerken. Berühmt wurde Hein, Lehmann vor allem durch den Brückenbau.
Auf dem Gelände stand deshalb auch die gewaltige Brückenbauhalle, deren Dimensionen eigentlich nur aus der Luft so richtig einzuschätzen waren. Jedenfalls handelte es sich um die flächenmäßig größte Halle in der Industrieschneise zwischen Eller und der Rückseite des Hauptbahnhofs. Begonnen hatten der Kaufmann Max Hein und der Ingenieur Anton Lehmann mit einer Wellblechfabrik in Berlin-Reinickendorf, einem um die Jahrhundertwende hochmodernen Baustoff. Außerdem fertigte man Signalanlagen nach eigenen Patenten für die Eisenbahn. Aus diesem Zweig entstand dann die Stahlbauabteilung, die so enorm erfolgreich und berühmt werden sollte.
Und zwar so sehr, dass man unbedingt in der Nähe des Ruhrgebiets sein wollte und nach Düsseldorf-Oberbilk zog. Und weil in den Neunzigerjahre des 19. Jahrhunderts die Ära der Brückenkonstruktionen aus Stahl begann, warf sich Hein, Lehmann auf dieses Feld. In den zwanzig Jahren zwischen 1893 und 1913 boomte der Laden – die Belegschaft stieg von rund 250 auf über 1.500 Mitarbeiter, die jährlich rund 50.000 Tonnen Stahl verarbeiteten. Stahlbau war neu, modern und galt als Symbol für den Fortschritt – Gustave Eiffel hat mit seinem Turm in Paris einen großen Anteil daran.Unterstützt TD! Dir gefallen unsere Beiträge zur Stadtgeschichte? Und vielleicht auch die Artikel zu anderen Themen? Du möchtest unsere Arbeit unterstützen? Nichts leichter als das! Unterstütze uns durch das Abschließen eines Abos oder durch den Kauf einer Lesebeteiligung – und zeige damit, dass The Düsseldorfer dir etwas wert ist.

Aussenansicht der Ausstellungshalle des Bochumer Vereins auf der Gewerbeausstellung in Düsseldorf 1902, der späteren Jahrhunderthalle in Bochum

Das erste große Brückenprojekt, an dem Hein, Lehmann beteiligt waren: die Hohenzollernbrücke in Köln
Schon 1948 begann die Diversifizierung, teils durch die Übernahme anderer Firmen, teils durch die Nutzung zugekaufter Patente. Die Zahl der Aufträge für Projekte des klassischen Stahlbaus ging ab Beginn der Achtzigerjahren kontinuierlich zurück, die neuen Unternehmenszweige konnten die Verluste nicht auffangen. So entschloss man sich zu Beginn der Neunzigerjahre zu einer großen Umstrukturierung und vor allem zur Aufgabe des historischen Standorts an der Fichtenstraße.
Es ging der Hein, Lehmann & Co. AG nicht viel anderes als der großen Mehrzahl der Unternehmen, die in den Gründerjahren in boomenden Branchen begannen, zu Giganten ihrer Zunft wurden, aber irgendwann nicht mehr in der Lage waren, der Konkurrenz aus den Billiglohnländern zu wiederstehen oder sich auf ganz neue Geschäftsfelder zu werfen. Ja, eine Firma namens HEIN, LEHMANN GmbH gibt es seit 2012 wieder. Sie sitzt in Krefeld und ist die ehemalige Abteilung für Trenn- und Fördertechnik. Alle, die in Düsseldorf bei Hein, Lehmann gearbeitet haben, schwärmen auf die eine oder andere Weise von diesem Unternehmen. Und nicht wenige trauern den goldenen Jahren des Brückenbaus nach.