Man sollte Jojo Maes, den Gründer und Chef von „Düsselrad“, der Fahrradinstitution an der Konkordiastraße, für irgendeinen Preis vorschlagen. Es könnte – wenn man seine wunderbaren Texte auf der Düsselrad-Website liest – auch der Literaturnobelpreis sein. Oder ein noch zu erfindender Award für Menschen, die alles lieben, was Räder hat. Oder für denjenigen, der die verrücktesten Velo-Ideen in praktisch nutzbare Fahrräder umsetzt. Vielleicht sollte dieser Jojo aber auch auf Tournee gehen und den Menschen einen vom Rad erzählen, denn das kann er. Nur wird er vermutlich einschlägige Angebote ablehnen, weil er viel lieber in seinem Velo-Schloss im Hinterhof an der Konkordiastraße Räder baut, repariert und Menschen, die ein Rad brauchen, berät.

Ja, das ist ein Schloss, ein verwunschenes sogar. Denn die Räder und das ganze Zubehör verteilen sich auf ein kuscheliges Büro, einen lichten Ausstellungsraum, eine Garage und diverse Keller, die durch geheimnisvolle Gänge miteinander verbunden sind. Eine persönliche Führung durch den Schlossherrn ist ein Erlebnis – besonders für Leute, die wie er alles mögen, was Räder hat. Denn außer den Velos gehört Jojos Liebe den motorisierten Zweirädern alter Schule, von denen er mehr besitzt als er eigentlich sollte. Da schwitzt eine Uralt-Enfield im Hof, während eine herrlich mit Gebrauchsspuren versehene BMW-Gummikuh vor sich hin döst. Und dann noch das selbstgebaute Ding, das ein ehemaliger Stationärmotor antreiben soll…

Schöne Räder in Hülle und Fülle

Aber das sind alles Nebensachen im Vergleich zu den Dutzenden (oder sind es sogar mehr als hundert?) Fahrrädern. Ein Großteil davon ist antik und befindet sich im Originalzustand; drei davon hängen im Büro an den Wänden. Dann ist das Original-Düsselrad, das inzwischen so etwas wie Kult bei coolen Düsseldorfern ist. Der Rahmen wird in Bielefeld gefertigt, die Ausstattung kommt an der Konkordiastraße dran. Apropos: Das Rad kann man in einer von sage-und-schreibe 200 Farben haben, auf Wunsch auch handliniert. Die Möglichkeiten, das Velo durch Dinge wie Felgen, Reifen, Lampe, Sattel, Gepäckträger und und und zu individualisieren, sind so groß, dass eine Entscheidung nur im Gespräch mit dem Schlossherrn wirklich sinnvoll zu finden ist.

Das wunderbare Rad mit dem milden Nostalgiehauch ist übrigens auch mit E-Motor im Vorderrad zu haben – und das zu einem Preis, für den man sonst nur Baumarktschrott kriegt. Überhaupt ist die Hausmarke eine preiswerte Angelegenheit, gemessen an der Qualität. Was im Schloss nicht Düsselrad ist, ist entweder von einer handverlesenen Marke oder Ergebnis des Ideenpools des gesamten Düsselrad-Teams. Denn gerade bei der Frage, was man nun aus diesem wunderschönen Uralt-Rahmen zaubern kann, sind alle gefragt. Oft entstehen so Bikes ohne Auftrag, die dann aber in aller Regel einen Liebhaber finden, dem die Düsselradler ihr Werk gern gegen einen angemessenen Unkostenbeitrag, nun ja, verkaufen.

mapAber noch schöner für alle Beteiligten wird es, wenn jemand kommt, der sagt, er habe eine ungefähre Vorstellung und hätte gern das dazu passende Fahrrad kreiert. Bei solchen Prozessen entstehen Dinger, die die Welt noch nicht gesehen hat. Angebaut werden dann nicht nur feine Komponenten, sondern auch Stücke aus der mehr als reichhaltigen Sammlung an Teilen, die in den unterirdischen Gewölben sicher lagern. So bauen die Velo-Künstler bisweilen antike Lampen durch die Implantation modernster LED-Technik zu leistungsfähigen Leuchtschönheiten um. Und der lederne Weinflaschenhalter ist mittlerweile eine Legende.

Die alltagspraktische Seite

Natürlich ist Düsselrad auch eine Reparaturwerkstatt. Das Angebot beginnt beim Frühjahrsputz für 49 Euro, bei dem der Drahtesel auf Herz und Nieren geprüft und fit für die nicht ganz so kalte Jahreszeit gemacht wird. Aber auch größere Operationen kann man hier vornehmen lassen. Vor allem, wenn man zu schätzen weiß, dass die Parole von Chef und Team lautet: „Reparieren statt Neukaufen!“ Kommt die mittelalte Dame aus der Nachbarschaft mit ihrem ollen Velo-Möhrchen, weil die Bremsen nicht mehr tun, werden eben moderne, sichere Bremsen angebaut. Hat sich am herzgeliebten Hollandrad das Tretlager selbst aufgegessen, wird eben ein neues eingebaut – meistens dann eins, das besser ist als das Original.

Dünkel gegenüber gewissen Fabrikaten hat man hier nicht – es sei denn, das Radl ist aus Aluminium. Das lehnt Jojo Maes ab, weil er der klaren Meinung ist, Alu sei ein Material für den Flugzeugbau. Kommt jemand mit einem wirklich üblen Billigrad aus dem Bau- oder sonst einem Massenmarkt, wird schon mal gerümpft und dem Besitzer dringend anempfohlen, doch bald mal die Anschaffung eines ordentlichen Fahrrads in Erwägung zu ziehen. Besonders innige Beratung erfahren aber Kunden, die ihr Bike verbessern wollen – zum Beispiel durch neue Reifen oder einen besseren Sattel. Denn in Sachen Komponenten findet sich bei Düsselrad die geballte Fachkompetenz, die nicht vom Prospektmaterial der Hersteller gesteuert ist, sondern auf höchstpersönlicher Erfahrung beruht.

Und weil Jojo und seine Spießgesellen Ästheten sind, werden sie niemandem einen rehbraunen Sattel auf ein Rad pflanzen, zu dessen Farbe das partout nicht passt. Und so ist das ganze Schloss letztlich voller schöner Dinge, die eben nicht Mainstream sind, sondern deren Schönheit man manchmal entdecken muss – nennen wir sie die Ästhetik der Mechanik. Denn darum geht es – Ausnahme sind die E-Motoren – eigentlich immer bei Jojo, seinen Mitstreitern und Düsselrad. Und darum lohnt sich jeder Besuch auf der Konkordiastraße.

Ein Herz für alte Räder

Ein Herz für alte Räder

2 Kommentare

  1. Das Maskottchen am

    Netter Werbebeitrag, nur warum sollten Elektromotoren nicht ihre, ganz eigene, Ästhetik haben?
    Leider zu weit entfernt für mich.

    • Rainer Bartel am

      Wie der Titel schon sagt: Es ist eine persönliche Empfehlung, kein Werbebeitrag. Wäre es ein Werbebeitrag, für den Geld fließen würden, stünde dick und fett an mehreren Stellen das Wort ANZEIGE.
      In dieser Serie stellen wir ausschließlich Läden, Gastronomien und Dienstleister vor, die vom jeweiligen Autor ganz persönlich und auf Basis eigener, meist langjähriger Erfahrung empfohlen wurden.

      Das „außer E-Motoren“ bezieht sich auf den Punkt Mechanik, nicht Ästethik.