Es soll Menschen geben, die halten den blassgelben Schleim, den der Imbissbudenmann aus einem Eimer auf die Fritten spritzt, für Majonäse. Man berichtet mir, die Mehrzahl der deutschen Esser betrachte den Mist, den die einschlägigen Vergiftungsmittelhersteller in Tuben und Gläsern auf den Markt werfen und „Mayonaise“ nenne, tatsächlich als die Sosse mit dem Namen, von dem keiner sicher weiß, woher er stammt. Dabei ist es für Inhaber von Pürierstäben ein Kinderspiel, eine richtig echte und megaleckere Majonäse selbst herzustellen.

Majonäse ist eine Emulsion

Physikalisch-chemisch betrachtet ist die Majonäse eine Emulsion, denn so nennt man eine glatte Vermischung von fettigen und wässrigen Komponenten. Normalerweise – das weiß jedes Kind – mischen sich Öl und Wasser nicht. Gibt man ein wenig Öl in ein Glas Wasser, setzte es sich wegen des geringeren spezifischen Gewichts, oben ab. Nun kann man das Gemisch schnell und stark durchquirlen. Dabei wird das Öl zu winzigen Tropfen zerschlagen, zwischen denen sich das Wasser halten kann – für ein paar Augenblicke, denn dann trennen sich die Bestandteile wieder. Eine natürliche Emulsion stellt die Milch dar. Hier finden sich winzigste Fettröpfchen gleichmäßig verteilt in Wasser. Das geht dank eines Emulgators. Dabei handelt es sich um Substanzen (chemisch betrachtet meist Tenside), die helfen, Fett und Wasser zu vermischen und diese Mischung zu stabilisieren. In der Milch (egalvon welchem Säugetier) tut dies dort ein Lecithin, das sich übrigens auch im Eigelb findet.

Und das bringt uns auf die Spur, denn in einer Majonäse sind auf jeden Fall Eidotter drin, die als Emulgatoren wirken. Ebenfalls emulgatorische Wirkung hat Senf, jedenfalls die feinen, nicht körnigen Pasten. Die Idee dieser Allzwecksoße ist es, Öl (fettig) und Zitronensaft oder Essig (wässrig) mit Eigelb und Senf zu emulgieren, damit diese gelbe, geschmeidige Matsche entsteht, die wir (fast) alle so lieben. Damit so ein Gemisch emulgiert, muss das Öl eigentlich ganz, ganz langsam in die Mischung aus Zitronensaft/Essig und Emulgatoren gerührt werden, denn natürlich muss das Öl in kleinste Tröpfchen zerschlagen werden. Und da kommt der Pürierstab zum Zug. Denn dessen Klingen rotieren schnell und tun genau das: feinste Tropfen erzeugen. Und deshalb geht Majonäse mit dem auch Zauberstab genannten Ding so einfach.

Auch mit ABB Mostert als Basis

Nun ist die Frage, ob man die Majonäse so säuerlich mag wie sie ursprünglich gedacht war. Falls nein, reicht der Essiganteil im Senf plus ein paar Tropfen Zitronensaft als Würze. Also brauchst du Senf – empfehlenswert sind Dijon-Senf und natürlich Original Düsseldorfer Mostert (vorzugsweise der Marke ABB). Und Eigelbe von möglichst frischen Eiern. Ganz, ganz wichtig: Alle Bestandteile müssen Zimmertemperatur haben und in etwa gleich warm sein. Das bedeutet, dass die Eier gut eine halbe Stunde vor der Verrührung aus dem Kühlschrank geholt werden müssen, und der Senf auch! Meine Standardmenge beruht auf drei Dottern aus großen Eiern. Da reicht ein Teelöffel Senf. Gib zuerst den Senf in das hohe schmale Gefäß, das üblicherweise zum Pürierdings gehört, dann die mit möglichst wenig Eiweiß verunreinigten Eigelbe. Würze mit einigen Tropfen Zitronensaft, einer Prise Salz und feingemahlenem schwarzen Pfeffer. Rühr das vorsichtig mit dem Teelöffel zusammen. Dann brauchst du ein gute, aber neutrales Öl. Natives Olivenöl eignet sich eher nicht, die Majonäse wird bitter. Am besten schmeckt’s mit Raps- oder Sonnenblumenöl. Davon gießt du jetzt vorsichtig dieselbe Menge in den Becher, den das Ei-Senf-Gemisch ausmacht. Das kannst du am besten abpassen, indem du den Becher beim Zugießen gegen das Licht hältst.

Jetzt setzt du den Pürierstab senkrecht in den Becher und drückst ihn bis auf den Boden. Dann legst du los, lass ihn ein, zwei, drei Sekunden unten und zieh ihn dann langsam (weitere vier, fünf, sechs Sekunden) nach oben aus der Mischung heraus. Du kannst zugucken, wie sich unten die Majonäse bildet und das oben aufschwimmende Öl sukzessive mit hineinpüriert wird. Das war’s dann schon. Und wenn’s das nicht war? Wenn die Chose zu flüssig ist oder sich Ei und Öl trennen? Zu flüssig bedeutet: zuviel Öl. Dann fühlst du die flüssige Soße in eine Schüssel und schlägst einfach von Hand und mit dem Schneebesen weitere Eidotter (Zimmertemperatur!) hinein. Klappt fast immer. Trennt sich die Emulsion, liegt es an den Temperaturunterschieden. In diesem Fall kannst du die Majonäse retten, indem du von Hand per Besen langsam lauwarmes Wasser (einen Esslöffel oder so) hineinrührst. Oder aber ein ganz klein wenig Dosenmilch – die hat ebenfalls eine stark emulgierende Wirkung. Eine so produzierte Majonäse schmeckt natürlich am besten frisch. Die Idee, eine größere Menge vorzuproduzieren, ist nicht so gut, weil das Zeug schon nach einem Tag im Kühlschrank nicht so gut schmeckt. Und weil mit frischem Ei gearbeitet wird, sollte man die Soße – wie immer in solchen Fällen – frisch zubereiten und frisch verzehren.

Die Schwestern der Majonäse

Während die selbstgemachte Majonäse Basis für allerlei Varianten ist, die dadurch entstehen, dass man sie mit anderen Komponenten vermixt, muss man bei Buttersoßen die Variation schon beim Erzeugen des Würzsuds berücksichtigen. Also nimmst du deine Majonäse und rührst je nach angestrebtem Geschmack was hinein:

1. Remoulade: Hack Cornichons, Kapern, Schalotten, Schnittlauch und Petersilie fein und rühr sie hinein.
2. Cocktail-Soße: Hinein kommen (auf die oben angegebene Menge) 2 TL Meerettich aus dem Glas, 1 EL Tomatenketchup, 1 Schuss Cognac sowie etwas frisch geriebener Ingwer und schmeck mit Salz ab.
3. Curry-Soße: 2 TL mildes Currypulver und 1 EL Mango-Chutney einrühren.
4. Falsche Ajoli: (Nein, Ajoli ist keine Knoblauch-Majonäse – dazu demnächst mehr) 4 bis 6 ganze Knoblauchzehen hineinpressen, verrühren und mit Zucker und Salz abschmecken.
5. Englische Soße: 2 TL sehr scharfer Senf und vier, fünf Spritzer Worcester-Sauce einrühren.
6. Sauce Andalouse: je 1 EL fein gehacktes Tomaten- und Fleisch von roten (enthäuteten) Paprika hineinmischen, mit Salz abschmecken

Übrigens: Alle Majonäsen werden standardmäßig NICHT mit Salz gewürzt, kannst du aber nach Geschmack tun. Auf keinen Fall kommt gemahlener Pfeffer hinein. Gewürze in Pulverform, die in kleinen Mengen immer gehen sind Paprika, Cayenne, Chili und Kumin.

Und in der nächsten Folge geht es um die Hollandäse und andere Butteraoßen…

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