Meine Nachbarn ahnen es vermutlich nicht, aber sie haben einen wesentlichen Teil dazu beigetragen, dass die wunderschöne DEG diesen Dreier gegen den bisherigen Spitzenreiter aus Nürnberg eingefahren hat. Eigentlich wollte ich zu dem Spiel nämlich gar nicht hin, eigentlich wollte ich auf der Couch in meinem Buch lesen und dem Tatort entgegenlümmeln. Aber dann sind meine hochgeschätzten Nachbarn auf die glorreiche Idee gekommen, ihre Spindeltreppe abzuschleifen. Und eine Spindeltreppe abzuschleifen ist nicht nur wegen der Stahlpartikel böse ungesund, schätze ich, sondern vor allem infernalisch laut. Das Thema Lesegelümmel hatte sich schlagartig erledigt und das Thema zu Hause-zu-bleiben eigentlich auch. Also kurzentschlossen nun doch zum Hockey und natürlich wieder den Siegesplatz mittig hinter dem Gästetor angesteuert.

Drittel 1 brachte, was so viele Drittel in dieser Saison brachten, nämlich eine mutige und spielfreudige, aber vor dem Tor eben auch arg harmlose DEG. Da die Gäste nach vorne absolut nichts Gefährliches zustande brachten, ging es folgerichtig torlos in die Kabine. Drittel 2 brachte zunächst, was Drittel 1 und so viele Drittel zuvor in dieser Saison brachten, nämlich … ich wiederhole mich.

174 Minuten und 8 Sekunden

Aber nur bis zu einem gewissen Punkt, denn in Spielminute 28 beendete Alex Barta eine sage-und-schreibe 174 Minuten und 8 Sekunden andauernde Torflaute – und das dann auch noch höchst elegant, als er verzögerte und verzögerte und verzögerte, bis der EHC-Verteidiger an ihm vorbeigerutscht war und die Schussbahn frei war. Das war sie allerdings auch nur deshalb, weil Alexej Dmitriev in letzter Sekunde hochsprang und so die Bahn erst wirklich frei machte. Und als war dieses Tor nach 174 Minuten und 8 Sekunden (das sind fast drei komplette Spiele! Beim Eishockey!) nicht schon sensationell genug, fiel es auch noch in Überzahl! Ein Tor in Überzahl, daran können sich überhaupt nur die Älteren erinnern.

Das letzte Drittel gehörte David Steckel, einem NHL-erfahrenen Haudegen im Nürnberger Trikot. Oder dem neuen DEG-Goalie Dan Bakala. Eigentlich beiden. Steckel, ein 100 Kilo-Koloss, wurde schon gegen Ende des zweiten Drittels auffällig, als ihm der Stock abhanden kam und ihn das derart wurmte, dass er einen DEG-Spieler gleich mehrfach weitab vom Spielgeschehen Richtung Bande stieß, was die Schiedsrichter freilich nicht als strafwürdig empfanden. Dieser Steckel hatte jedenfalls die beste EHC-Chance der ganzen Partie, als er quer vor dem Tor verzögerte und verzögerte und verzögerte, bis er an Bakala vorbei und das Tor leer war. Aber eben nur fast leer, denn Bakala bekam in letzter Nanosekunde noch so gerade seine Kufe in die Ecke und wehrte den Schuss ab – ein absoluter Monster-Save, die beste Parade, die ich seit langem gesehen habe, denn eigentlich konnte man den gar nicht halten.

Ohne Keeper

Es blieb also beim 1:0, bis Nürnberg knapp zwei Minuten vor Ultimo den Keeper rausnahm. Folglich Überzahl Nürnberg, und unser aller Freund Steckel war für den Spielaufbau zuständig. Passversuch eins war so schlampig, dass schon im Mitteleis ein DEG-Schläger dazwischen war. Puck zurück zu Steckel, alles noch mal von vorn. Versuch zwei offenbarte dann die ganze eingebildete Klasse eines NHL-Veteranen – einen fast schon rückwärts gespielten No-look-Pass in der Crunchtime, das bringen wirklich nur die ganz Harten. Und Steckel. Kleiner Schönheitsfehler aus EHC-Sicht war allerdings, dass dieser No-look-Pass genau bei DEG-Stürmer Spencer Machacek im Mittelkreis landete. Ein kurzer Blick ins leere Tor, ein schneller Schuss dorthin, 2:0, Ende.

Sieg gegen den Tabellenführer, erster Shutout für den grandios haltenden Dan Bakala, die DEG ist wieder mitten im Getümmel um die Playoff-Plätze, ich selbst bleibe hinter dem Gästetor verlustpunktfrei. Wofür Nachbarn und eine Schleifmaschine alles gut sein können.

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