Analyse · Mal vorab, damit es da keine Missverständnisse gibt: Die wunderschöne DEG wird in der Saison 21/22 nicht deutscher Meister werden. Das ist aber auch so ziemlich alles, was sich prognostizieren lässt, und eine fürchterlich hohe Quote wird es auf diese Vorhersage wohl auch bei keinem Wettbüro geben. [Lesezeit ca. 3 min]

Ja, das Team hat einige prominente Spieler abgegeben. Ja, diese Spieler wurden nominell nicht gleichwertig ersetzt. Und ja, auch quantitativ ist der Kader auf Kante genäht, vor allem offensiv. Ja, das liegt daran, dass der Etat gesenkt wurde. Das wiederum findet seinen Grund in ein bisschen Corona hier, ein bisschen weniger „Engagement“ – ein hübscher Euphemismus, semantisch treffender wäre „Zuschuss“ – der Gesellschafter da und vielleicht/hoffentlich auch an ein bisschen weniger finanziellem Harakiri als anderswo. Das wird sich zeigen. Zeigen wird sich auch, ob das Team Platz 10 und damit die Qualifikation für die Playoffs erreichen kann, da sind Zweifel durchaus legitim. Zumindest Platz 13 wird es aber schon werden müssen, weil die beiden Letzten der Liga, also die Teams auf den Plätzen 14 und 15 absteigen werden. So ist es jedenfalls angedacht, was im DEL-Kosmos allerdings auch nicht unbedingt etwas heißen muss, wie die Erfahrung zeigt.

Im Tor und in der Abwehr

Im Tor spielt das Team unverändert mit dem jungen Mirko Pantkowski und dem sehr jungen Hendrik Hane. Beide haben das in der letzten Saison ganz ordentlich gemacht, beide haben jetzt ein Jahr Erfahrung gesammelt und sind jung bzw. sehr jung genug, um sich entwickelt zu haben (wieder so ein Euphemismus im Spochtsprech. Gemeint ist: verbessert). Alleine diese Personalien schaffen eine gewisse Grundsympathie für das Team, weil die meisten Teams es anders handhaben, nämlich viel Geld ausgeben, um einen mutmaßlich starken Ausländer zwischen die Pfosten zu stellen. Aufsteiger Bietigheim hat z.B. einen Keeper aus der finnischen Liiga verpflichtet, und es gehört wenig Fantasie zu der Annahme, dass das der teuerste Spieler in deren Kader ist.

In der Abwehr hat sich vergleichsweise wenig getan. Drei Kontingentspieler (wo wir gerade bei Euphemismen sind: Ausländer) haben das Team verlassen, von denen allerdings nur der Abgang von Nicholas B. Jensen, der trotz laufenden Vertrags in Düsseldorf lieber in Berlin, äh, eine neue Sprache lernen wollte, wehtut, das allerdings richtig, denn Jensen war ohne Frage die Führungsfigur in der Defensive und wurde – Stand heute – nicht ersetzt, wenn auch seitens des Vereins angekündigt wurde, noch einen offensivstarken Verteidiger zu verpflichten. Da zudem Marc Zanetti ernsthaft verletzt ist und vermutlich (noch) gar nicht lizensiert wurde, findet sich hinten neben dem routinierten und pucksicheren Kanadier Kyle Cumiskey und den beiden Haudegen Marco Nowak und Ignaz Ebner allerhand junges Gemüse. David Trinkberger wurde aus Nürnberg verpflichtet, Luca Zitterbart vom Brause-Imperium (Filiale München) und Niklas Heinzinger vom Zweitligisten Bad Tölz. Es wird spannend sein zu sehen, ob bzw. wer der Genannten die 37 Punkte, die Jensen 20/21 erzielt hat, jedenfalls ansatzweise auffangen kann. Ebner böte sich theoretisch an, aber das predigt der Schreiberling ja schon seit Jahren, ohne damit übermäßig viel Gehör zu finden …

[edit: Nichts ist so alt wie der Artikel von vor ein paar Stunden. Mittlerweile wurde der angekündigte Verteidiger präsentiert. Groß, schwer und mit der Erfahrung von Hunderten Spielen in AHL, Liiga und KHL kann/soll/muss/wird er dem Team sofort helfen.]

…und Im Sturm

Im Sturm dagegen wurde gezwungenermaßen quasi alles auf links gedreht. Weg sind Maxi Kammerer (Köln – wenn du meinst…), Jerome Flaake (Ingolstadt), Kenny Olimb (Schwenningen … wtf – Schwenningen!?), Charlie Jahnke (Nürnberg), Matt Carey (Frankfurt) und und und … geblieben sind überhaupt nur fünf der 14 Stürmer der letzten Saison. Alles neu macht der September, wie man so schön sagt.

An halbwegs prominenten Verpflichtungen gab es dagegen genau zwei, nämlich Center Brett Olson (Krefeld, früher Ingolstadt) und Winger Jerry D’Amigo (ECHL, früher Ingolstadt). Geiler Name übrigens, klingt wie in einem Mafia-B-Movie, aber das nur nebenbei. Diese beiden ergänzt um Daniel Fischbuch werden den ersten Sturm geben und für Tore zu sorgen haben – auch für diese Prognose wird es keine allzu hohe Quote geben. Ja, andere Teams sind nominell besser aufgestellt, das mag sein. Aber diese anderen Teams sind halt nicht die DEG, um das gleich mal klarzustellen. Der zweite Sturm sollte Ehl – Barta – Eder lauten – also drei Deutsche, darunter ein 21- und ein 23-jähriger! Auch da sind die meisten anderen Teams deutlich kanadischer aufgestellt. Dahinter Victor Svensson mit den beiden Neuen vom Zweitligisten Frankfurt, nämlich Carter Proft und Stephen MacAuley und in der vierten Reihe geht es einmal quer durch den deutschen Nachwuchsgarten: Cedric Schiemenz, Niklas Postel, Jakob Mayenschein und Mike Fischer. Alle sechs Letztgenannten haben die vielleicht einmalige Möglichkeit, sich in der DEL zu beweisen, denn über nennenswerte Erfahrung verfügt keiner von ihnen.

Kein anderes DEL-Team hat nur fünf Ausländerlizenzen vergeben, in keinem anderen Team sind die Hälfte der Spieler U25, und kein anderes Team spielt ausschließlich mit jungen deutschen Keepern. Das ist im Saldo mutig, aber es ist eben auch spannend und vor allem vernünftig, wenn man kein Geld ausgeben möchte, das man nicht hat.

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